Klimaschutz-Selbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors: Umdenken oder Greenwashing?

07.07.2020
Gerhard Schick

Gerhard ist promovierter Volkswirt, ehemaliges Mitglied des Bundestages, Mit-Initiator des Vereins und dessen geschäftsführender Vorstand. Er hat sein Bundestagsmandat für die Arbeit in der Nichtregierungsorganisation zum 31.12.2018 niedergelegt. Hier finden Sie seinen Lebenslauf, ein Pressefoto und ein alternatives Pressefoto.

Eine Bank im Kohletagbau breitet die Arme zu einer kaputten Fliese aus, auf der steht "Unsere Selbstverpflichtung für eine nachhaltige Zukunft"
  • 16 Akteure des deutschen Finanzsektors haben eine Selbstverpflichtung zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens unterzeichnet
  • Der Vorstoß ist begrüßenswert, Zweifel bleiben jedoch angebracht
  • Teile der freiwilligen Selbstverpflichtung gehen kaum über anstehende gesetzliche Regelungen hinaus
  • Unter den Erstunterzeichnern befindet sich mit der LBBW nur ein öffentliches Institut – dabei sollten gerade diese in Sachen Sustainable Finance eine Vorreiterrolle einnehmen 

Worum geht es in der Selbstverpflichtung?

Die 16 Unterzeichner verpflichten sich ihr Kredit- bzw. Investmentportfolien im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens auszurichten. Die Selbstverpflichtung beinhaltet ein eher unverbindlich gehaltenes Bekenntnis, den notwendigen Transformationsprozess der Wirtschaft zu unterstützen. Außerdem wird von dem Aufbau einer Zusammenarbeit sowohl innerhalb des Finanzsektors als auch branchenübergreifend gesprochen. Hierfür sollen entsprechende Methoden zur Messung der Klimaauswirkungen der Kredit- und Investmentportfolien entwickelt werden. Aufbauend auf diesen Methoden sollen bis 2022 branchenspezifische Klimaziele für die jeweiligen Portfolien formuliert und entsprechend gesteuert werden. Erste Maßnahmen sollen innerhalb des nächsten Jahres umgesetzt und über die Fortschritte regelmäßig berichtet werden.

Zweifel an der Ambition sind angebracht

So begrüßenswert diese Ankündigung auch ist, so sind doch Zweifel angebracht, ob dies tatsächlich ein bewusstes Umdenken der Branche ist. Schon im Vorwort der Erklärung wird darauf hingewiesen, dass sich das Vorgehen im Einklang mit der sich entwickelnden, spezifischen Regulierung befinden muss. Das wirft die Frage auf, inwieweit es sich bei den Zielen und Maßnahmen der Selbstverpflichtung nicht eher um Schritte handelt, die die Kreditinstitute ohnehin ergreifen müssten.

So hat die EU-Kommission zum Beispiel schon 2018 ihren Aktionsplan für nachhaltige Finanzwirtschaft veröffentlicht. Der Aktionsplan beinhaltet zwei Zielrichtungen: Zum einen geht es darum Nachhaltigkeitsrisiken transparent zu machen. Zum anderen zielt er darauf ab, die Kapitalströme auf nachhaltige Investitionen auszurichten, um ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen.  Auf Grund dieser Überlegungen wurde das Berichtswesen zu nichtfinanziellen Aspekten des Unternehmens um eine Berichterstattung über mögliche Klimarisiken in der Finanzberichterstattung erweitert.

Die BaFin hat die seitens der europäischen Aufsicht formulierten Fragestellungen und Vorschläge aufgegriffen und im Januar dieses Jahres ein Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlicht. In ihm werden die beaufsichtigten Unternehmen aufgefordert, im Hinblick auf den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken entweder eine eigenständige Strategie zu entwickeln oder die bestehenden Strategien entsprechend anzupassen.

Das heißt: Bereits durch die verabschiedeten gesetzlichen Regularien, ist der Finanzsektor verpflichtet, entsprechende Methoden zur Bewertung der Klimarisiken zu entwickeln. Zudem sind Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern gesetzlich verpflichtet, einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen.  

Die öffentlichen Banken hinken hinterher

Es ist erstaunlich, dass bis auf die LBBW keine weitere öffentliche Bank (Landesbanken, Sparkassen) zu den Erstunterzeichnern gehört, obwohl diese gemäß ihrer Satzung dem Gemeinwohl verpflichtet sind.

Die öffentliche Hand sollte eigentlich eine Vorbildfunktion in der nachhaltigen Transformation des Finanzsystems einnehmen. Hierzu gehört aus unserer Sicht, dass sie als Eigentümerin der öffentlichen Banken diese zu Nachhaltigkeit drängt und dies auch mit entsprechenden Leitlinien für die Investitionstätigkeit und die Kreditvergabe einfordert. Dies ist bisher nicht gegeben. Bei der Fragestellung, warum bisher nicht mehr in nachhaltige Anlagen seitens der Landesbanken und Sparkassen investiert wurde, wurde in einer wissenschaftlichen Studie die fehlende Unterstützung der Anstaltsträger genannt!

Den Worten Taten folgen lassen

Mit dieser Selbstverpflichtung werden sowohl aus inhaltlicher als auch aus zeitlicher Sicht kaum mehr als nur die seitens der EU gestellten Anforderungen erfüllt. Bisher sind die deutschen Kreditinstitute keine Gestalter eines nachhaltigen Finanzmarktes. Umso wichtiger ist es, dass die Banken durch konkrete Fortschritte in ihren Geschäftsberichten zeigen, dass sie es ernst meinen mit ihrer Unterstützung zum Erreichen des Klimazieles und es sich bei der Unterzeichnung der Selbstverpflichtung nicht nur um ein „Greenwashing“ ihres Geschäftsmodells handelt!

 

Die „Klimaschutz-Selbstverpflichtung des Finanzsektors“ finden Sie hier
 

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