Selbstverpflichtung der deutschen Sparkassen für klimafreundliches und nachhaltiges Wirtschaften

08.12.2020
Magdalena Senn / Joachim Wardenga
  • Die Sparkassen präsentieren eine eigene Selbstverpflichtung für klimafreundliches und nachhaltiges Wirtschaften.
  • Gerade weil die Sparkassen sich nach ihrem eigenen Selbstverständnis dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen, ist die Erwartung an sie hinsichtlich Nachhaltigkeit besonders hoch.
  • Trotz der Selbstverpflichtung bleibt offen, wie das aktive Engagement der Sparkassen für den Klimaschutz aussehen wird., da öffentliche, messbare Kriterien fehlen.

Mitte des Jahres wurde die Klimaselbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors veröffentlicht, um sich im Hinblick auf eine nachhaltige Finanzwirtschaft neu zu positionieren. Diese Verpflichtung wurde lediglich von 14 Unternehmen unterschrieben, darunter als einzige öffentliche Bank die LBBW. Die Sparkassen waren nicht dabei.

Nun präsentieren die Sparkassen eine eigene Selbstverpflichtung für klimafreundliches und nachhaltiges Wirtschaften: Auch sie wollen sich aktiv für das Erreichen der Pariser Klimaziele einsetzen … Die Frage aber ist, ob sie mit ihrer Ankündigung über den Aktionsplan „Financing Sustainable Growth“ der EU-Kommission[1] aus dem Jahre 2018 hinausgehen oder nur versuchen, als Nachzügler die auf europäischer Ebene angekündigten gesetzlichen Neuerungen zum Erreichen der Ziele des Planes zu erfüllen. 

Schauen wir einmal genauer auf einzelne Abschnitte der Selbstverpflichtung:

  • Führungskräfte und Mitarbeitende zum Klimaschutz befähigen: Umweltfreundliche Mobilität der Mitarbeiter zu fördern ist eine Sache, wichtiger ist allerdings, Nachhaltigkeit in den Arbeitsprozessen und Köpfen der Mitarbeiterinnen zu verankern. Hierfür soll bis 2025 an der sparkasseneigenen Hochschule für Finanzwirtschaft eine Forschungsstelle für Nachhaltigkeit eingerichtet werden. Konkrete Schulungsziele für die Mitarbeiterinnen oder einen Zeitplan für flächendeckende Weiterbildungen sieht der Plan nicht vor. Wenn man bedenkt, dass die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung auch für die nachhaltige Finanzwirtschaft ein entscheidender inhaltlicher und terminlicher Maßstab ist, scheinen sich die Sparkassen eher in der Rolle der „Follower“ denn der „Leader“ einrichten zu wollen.
  • Finanzierungen und Eigenanlagen auf Klimaziele ausrichten: Statt Vorschlägen für Transparenz über die Nachhaltigkeit der Finanzierungen und Eigenanlagen und einen Fahrplan für eine Ausrichtung am 1,5°C-Ziel, enthält die Selbstverpflichtung hier nicht viel mehr als warme Worte. Finanzwende hatte Anträge auf Informationsfreiheit bei einzelnen Sparkassen gestellt und nach dem Anteil „brauner“ Anlagen gefragt. Hierzu gibt es bisher kaum zufriedenstellende Antworten, obwohl rechtlich ein Anspruch auf Auskunft gegenüber der Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts besteht. Gerade die Angebote der Verbundpartner wie der DeKa oder der Landesbanken sind genauer auf die Nachhaltigkeitsaspekte zu überprüfen, da auch hier durchaus „braune“ Anlagemöglichkeiten verborgen sind.[2] Bereits Anfang 2019 hatte ein Forschungsbericht ergeben, dass sich nachhaltige Geldanlagestrategien für Sparkassen im Depot-A-Geschäft durchaus lohnen.[3] Insofern ist es bemerkenswert, dass diese wenn überhaupt nur sehr zögerlich umgesetzt werden.
  • Bewusstsein der Kunden für nachhaltige Wertpapierinvestments fördern: Die Anlageangebote der Sparkassen sind bisher nur bedingt auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Alleine Angebote wie eine Anleihe von Heidelberg Zement oder der Deka-Fond „Deka-Dividenden RheinEdition“ mit seinen „braunen“ Bestandteilen, die noch im Frühjahre 2020 auf den Internetseiten einzelner Sparkassen zu finden waren, lassen an der „neuen“ Nachhaltigkeit der Sparkassen zweifeln.

Ein flächendeckendes Angebot an wirklich nachhaltigen Finanzprodukten sucht man in den meisten Sparkassen vergebens.

Umfragen zeigen seit Jahren, dass viel mehr Bürgerinnen und Bürger nachhaltige Geldanlagen suchen als ihnen angeboten werden.  Der Fokus liegt hier falsch: Es ist nicht notwendig das Bewusstsein der Kunden zu fördern, sondern es bedarf entsprechender Angebote, gerade auch der Sparkassen!

Es bleibt offen, wie das aktive Engagement der Sparkassen für den Klimaschutz aussehen wird. Wenn es sich um „konkrete Vereinbarungen“ handeln soll, dann müssen diese auch messbar sein, d.h. jede Sparkasse sollte offenlegen

  • Wo steht sie bei den einzelnen Vereinbarungen jetzt (Anteil nachhaltiger Kredite, Anlagen im Depot-A-Geschäft, geschulte Mitarbeiter, Nachhaltigkeitspräferenzen in der Kundenberatung etc.)
  • Welches sind die konkreten Ziele und Kennzahlen (z.B. prozentualer Anteil „grüner“ Eigeneinlagen und Finanzierungen im Einklang mit 1,5°C-Ziel, nachhaltiges Produktportfolio)
  • Welcher Impact soll erzielt werden (z.B. wie viel weniger CO2-Ausstoß durch Firmen im Kreditportfolio, Depot-A-Geschäft)
  • Was ist der weitere Zeitplan für die konkrete Umsetzung und wie wird der Fortschritt gemessen?

Nur so hätten Öffentlichkeit und Kundinnen der Sparkassen eine Chance zu überprüfen, wo sich die jeweilige Sparkasse auf ihrem Weg für nachhaltiges Wirtschaften befindet. Und erst dann handelt es sich auch um konkrete Vereinbarungen. 

Ein solches Bekenntnis ist nur sinnvoll, wenn es auch zu entsprechenden Verhaltensänderungen führt. Noch im Mai 2019 titelte das Handelsblatt „Sparkassen sind in Sachen Nachhaltigkeit das Schlusslicht in der Bankenwelt“. Und DSGV-Präsident Helmut Schleweis verkündete im selben Jahr auf dem Sparkassentag in Hamburg, das die Sparkassen für Nachhaltigkeit werben, wobei er jedoch gleichzeitig bekannte „…ganz offen: Ökologisch nachhaltig, das müssen wir erst noch werden".

Und so bleibt die Frage: Weshalb erst jetzt das Bekenntnis zur Nachhaltigkeit, wo doch bereits 2015 nach dem Pariser Klimaabkommen eine Umlenkung der Kapitalströme hin zu mehr Nachhaltigkeit gefordert wurde. Diese Frage gilt auch für die Verbundpartner der Sparkassen wie die DeKa oder die Landesbanken, wenn sie diese Selbstverpflichtung übernehmen.

Im europäischen Rechtsrahmen finden Nachhaltigkeitsrisiken zunehmend mehr Berücksichtigung und die EZB drängt verstärkt auf die Beachtung des Klimawandels bei den Kreditinstituten.[4] Auch wenn nicht alle Sparkassen der europäischen Aufsicht unterliegen, sollte es für alle Sparkassen auf Grund ihrer besonderen öffentlichen Verantwortung eine Selbstverständlichkeit sein ESG[5]-Risiken in ihrem Geschäftsmodell zu minimieren und dies am besten, bevor es aufsichtsrechtlich gefordert wird.  

Bei dem im März dieses Jahres durchgeführten Bankenratings des WWF erreichte keine deutsche Bank den Status eines Vorreiters oder gar Visionärs als nachhaltige Bank, dies gilt auch für die öffentlichen Banken wie Landesbanken und Sparkassen.

Gerade weil die Sparkassen sich nach ihrem eigenen Selbstverständnis dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen, ist die Erwartung an sie hinsichtlich Nachhaltigkeit besonders hoch.

Als wichtiger Finanzierer mittelständischer Unternehmen vor Ort haben Sparkassen einen starken Hebel, die nachhaltige Transformation voranzubringen.

Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Ja, wir begrüßen das Bekenntnis der Sparkassen zu mehr Nachhaltigkeit! Aber die Erfahrungen der letzten Jahre lassen uns solche Erklärungen kritisch betrachten: nicht immer folgen den schönen Worten auch die nötigen Taten. Umso wichtiger ist es, dass die Sparkassen ihre Ziele definieren und konkrete Fortschritte offenlegen. Nur so zeigen sie glaubwürdig, dass sie es ernst meinen mit ihrer Unterstützung zum Erreichen des Klimazieles und es sich bei der Selbstverpflichtung nicht um ein „Greenwashing“ ihres Geschäftsmodells handelt!

Über die Autoren:

Joachim Wardenga ist freier Unternehmensberater für Banken mit den Themen Risikomanagement, Aufsichtsrecht und Reporting. Er beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit den Auswirkungen neuer gesetzlicher Vorgaben auf die Prozesse und den Datenhaushalt bei Banken. Aktueller Schwerpunkt ist neben der Implementierung von CRD V / CRR II die Erweiterung der Offenlegungsanforderungen um Klimarisiken.

Magdalena Senn ist Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei Finanzwende. Sie hat in Tübingen, Berlin und Paris Volkswirtschaft und politische Ökonomie studiert. Danach hat sie im Europaparlament die Arbeit von Sven Giegold im Wirtschafts- und Währungsausschuss begleitet. Bei Finanzwende bearbeitet sie das Themenfeld Sustainable Finance und Transformative Responses.


[1] EU Kommission, eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/. [Online] 8. März 2018.

[2] Fair Finance verweist bei der Sparkasse Köln hauptsächlich auf den Fond „Deka-Dividenden RheinEdition“ (DE000DK0EF98). In diesem Fond sind gemäß letztem Jahresbericht vom 30.9.2019 u.a. Aktien von BHP Milton, BP, HeidelbergCement enthalten.

[3] Vgl. M.Sc. Manuel Renz, “Nachhaltige Geldanlage-Strategien im Eigengeschäft (Depot-AGeschäft) der Sparkassen und Landesbanken“, Universität Stuttgart Forschungsbericht Nr. 01/2019 ISSN 1864-0125

[4] Vgl. Boerse.Ard.de am 18.11.2020

[5] ESG steht für Environment, Social und Governance, übersetzt mit Umwelt, Soziales und Aufsichtsstrukturen gemäß Gabler