Dispozins runter! Zehn Prozent sind zu viel. 01.11.2020 Untersuchung von über 3.400 Kontenmodellen bei 1.240 Banken zeigt, dass Banken und Sparkassen im Durchschnitt fast zehn Prozent für einen Dispokredit verlangen. Hohe Dispozinsen können in der Corona-Krise unverschuldet zu einer finanziellen Überlastung von Menschen beitragen und in die Überschuldung führen. Dispozinsen von zehn Prozent und mehr sind nicht zu rechtfertigen. Finanzwende fordert Banken und Sparkassen auf, diese Praxis einzustellen. Trotz eines historisch niedrigen Zinsniveaus verlangen Banken und Sparkassen in Deutschland immer noch Dispozinsen von durchschnittlich fast zehn Prozent. Dies hat eine Untersuchung von über 3.400 privaten Girokontenmodellen bei 1.240 Kreditinstituten für Finanzwende ergeben. Die Spanne der erhobenen Dispozinsen reichte dabei von 0 bis 13,75 Prozent. Mehr als die Hälfte der von untersuchten Banken bietet mindestens ein Konto an, bei dem zweistellige Zinssätze verlangt werden, ergab eine Auswertung der FMH-Finanzberatung. Damit ist der Durchschnittszinssatz im Vergleich zur ersten von uns beauftragten Studie vom April 2020 leider nur minimal zurückgegangen. Die Bundesregierung sprach bereits im Januar 2019 von übertrieben hohen Dispozinsen, die nicht selten zu Überschuldung führen.[1] Finanzwende fordert, Dispozinsen von zehn Prozent und mehr sollte es während der Corona-Krise nicht geben. Wir haben deshalb im Mai einen offenen Brief an die zentralen Bankenverbände geschrieben. Darin werden die Verbände aufgefordert, ihren Mitgliedsinstituten zu empfehlen, keine überhöhten Dispozinsen mehr zu verlangen. Auch die besonders teuren Banken und eine Sparkasse haben wir angeschrieben und zu einer Senkung der Dispozinsen aufgefordert. Die Reaktionen der Verbände und Banken waren insgesamt betrachtet enttäuschend, auch wenn wir einzelne Erfolge erzielen konnten. Grundsätzlich ist unsere Forderung absolut umsetzbar. Dies haben einige Banken und Sparkassen unter Beweis gestellt. Sie haben aufgrund der Corona-Krise zumindest für Bestandskunden die Dispozinsen zwischenzeitlich deutlich gesenkt. Leider offenbarte sich dieses Agieren bei den meisten Banken jedoch als Marketingmaßnahme, da die Zinssätze schon wieder auf Vorkrisenniveau sind - als sei die Krise vorbei. Gleichzeitig machen einige Banken, darunter auch Regionalinstitute, bereits seit Jahren vor, dass sie auch mit Dispozinssätzen von deutlich unter zehn Prozent wirtschaften können. Überhöhte Dispozinsen betreffen viele Millionen Menschen Die hohen Dispozinsen treffen viele: Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage vom November 2019 gingen über zehn Millionen Menschen davon aus, dass sie in der Weihnachtszeit auf den Dispokredit zurückgreifen müssen. Und wegen der Corona-Krise werden wahrscheinlich viele Bankkundinnen zumindest kurzfristig auf einen Dispokredit zurückgreifen müssen. In diese Richtung deutet eine weitere repräsentative Umfrage vom September: Zu diesem Zeitpunkt nutzten 15 Prozent der Deutschen ihren Dispokredit.[2] Millionen Menschen sind immer noch in Kurzarbeit. Im September 2020 lag die Arbeitslosenzahl um mehr als 600.000 Menschen über den Daten aus 2019.[3] Dies geht mit entsprechenden Einnahmenausfällen einher und trifft Personen mit geringem Vermögen bzw. Einkommen besonders hart, unverschuldet und überraschend. Hinzu kommt: Schon vor der Corona-Krise konnte rund jeder zehnte Erwachsene vermutlich seine Rechnungen über längere Zeit nicht mehr komplett bezahlen. Niedrige Zinsen für Banken kommen nicht bei Verbrauchern an Immer wieder beschweren sich Banken über die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank und fordern Entlastungen. Eine Folge der niedrigen Zinsen ist, dass viele Menschen keine Zinsen mehr auf ihr Guthaben bekommen und sich Banken untereinander sogar zu Minuszinsen Geld leihen. Bei den Dispozinsen, welche die Kunden zahlen müssen, ist diese Entwicklung oftmals aber nicht wirklich angekommen. Und das genau bei dem Teil der Kundschaft, der eh sehr knapp bei Kasse ist und aufgrund der Corona-Krise den Gürtel oft nochmal enger schnallen muss. Dabei sind die öffentlich bekannten Ausfallraten bei Dispokrediten niedrig - wohl auch, weil der Disporahmen sich bereits an der Kreditwürdigkeit der Kundschaft orientiert. Ein Unterschied von zehn Prozent zwischen Einlagenzinsen und Dispozinsen ist in solchen Krisenzeiten nicht gerechtfertigt, zumal der Staat den Banken aktuell unter die Arme greift. Wenn der Staat milliardenschwere Programme zur Rettung von Unternehmen auflegt und diese dadurch in Zukunft ihre Kredite zurückzahlen können, dann hilft das den Banken. Wenn der Staat für Kredite die volle Haftung übernimmt und die Hausbanken aus dem Risiko nimmt, dann hilft das Banken und Sparkassen. Wenn die Kapitalanforderungen an Banken gelockert werden, dann hilft das den Banken. Wir fordern, dass Banken ihren Anteil zur Lösung der Krise leisten Es ist an der Zeit, dass Banken und Sparkassen im Gegenzug verschuldete Verbraucherinnen nicht über Gebühr belasten. Es ist an der Zeit, dass die Banken für faire Kreditzinsen sorgen, damit Menschen nicht (tiefer) in die Überschuldung geraten. Der Dispozins muss runter! Zehn Prozent sind zu viel. Die Banken sind gefordert, ihren Teil zur Lösung der Krise beizutragen. Der Chef der Deutschen Bank, Christian Sewing, hat sinngemäß vor einiger Zeit verlauten lassen: In der Finanzkrise waren Banken der Auslöser, in dieser Krise könnten sie einen Beitrag zur Lösung der Krise leisten. Es ist an der Zeit, dass Banken und Sparkassen dies nun endlich unter Beweis stellen. [1] www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/geld-ausgeben/hohe-dispozinsen-das-ende-der-krisenzinsen-16898822.html [2] www.faz.net/aktuell/finanzen/fast-10-prozent-zinsen-fuer-einen-dispo-kredit-16966023.html [3] www.arbeitsagentur.de/news/arbeitsmarkt-2020