EU-Taxonomie: Einstufung von Atom und Gas sorgt für Standard ohne Glaubwürdigkeit

01.01.2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

kurz vor Mitternacht am Silvesterabend hat die EU-Kommission ihre Vorschläge zur Einstufung von Atomkraft und fossilem Gas im Rahmen der europäischen Nachhaltigkeitsklassifizierung (Taxonomie) an die EU-Mitgliedstaaten verschickt. Demnach könnten als nachhaltig benannte Geldanlagen übergangsweise und unter bestimmten Bedingungen in fossiles Gas investieren. Atomkraft soll sogar längerfristig als nachhaltige Investition gelten. Dies kommentiert Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende:

„Die EU-Kommission betreibt mit diesen Vorschlägen Greenwashing. Mit ihrem Einknicken vor nationalen Interessen erweist die Kommission nachhaltigen Finanzmärkten in Europa einen Bärendienst. Die Versendung zu diesem Zeitpunkt zeigt, dass die EU-Kommission ihre eigene Politik nicht rechtfertigen kann und vor der Öffentlichkeit versteckt. Das ist kein gutes Zeichen, weder für den Inhalt der Vorschläge, noch für die Demokratie.

Mit der Einstufung von Atomkraft und Gas untergräbt die Kommission letztlich ihre eigenen Ziele, nämlich Kapital in nachhaltige Investitionen zu lenken und Greenwashing einzudämmen. Die Entscheidung der Kommission beschädigt die Glaubwürdigkeit der Taxonomie erheblich. Da Anlegerinnen und Anleger in vielen europäischen Ländern weder Atomkraft noch fossiles Gas als nachhaltig bewerten, wird das Wirrwarr verschiedener Standards auf absehbare Zeit bleiben und Greenwashing begünstigen.“

Hintergrund:
Der Vorschlag der Kommission wird nun bis Mitte Januar mit den Mitgliedstaaten konsultiert, bevor er formal durch die Kommission als delegierter Rechtsakt angenommen wird. Dieser kann nur durch eine qualifizierte Mehrheit im EU-Parlament oder im Rat abgelehnt werden. Dies gilt aber als unwahrscheinlich.

Die Einstufung von Atom als „nachhaltig“ schadet der Glaubwürdigkeit der Taxonomie in Deutschland enorm. Schließlich sagen laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von Finanzwende Recherche 82 Prozent der Bevölkerung, dass Atomkraft für sie in keine nachhaltige Geldanlage gehört. https://www.finanzwende-recherche.de/unsere-themen/nachhaltige-finanzmaerkte/mehrheit-haelt-geldanlagen-in-atomkraft-fuer-nicht-nachhaltig/ 

Bildmaterial von einer kürzlich vor der SPD-Parteizentrale durchgeführten Aktion verschiedener Organisationen steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung: https://cloud.ausgestrahlt.de/index.php/s/YHFmjMmLkbfbxfW (Bildrechte: Jörg Farys) 

Über die Bürgerbewegung Finanzwende:

Finanzwende ist ein überparteilicher Verein mit über 6.000 Mitgliedern. Zehntausende beziehen den Newsletter. Die Organisation wurde im Jahr 2018 anlässlich des zehnten Jahrestages der Lehman Brothers Pleite gegründet. Sie versteht sich als eine unabhängige Interessenvertretung von und für Bürgerinnen und Bürger. Durch Kampagnen und kritische Recherchen kämpft sie für ein gemeinsames Ziel: die Finanzwende – damit die Finanzwirtschaft den Menschen dient. Hier finden Sie unsere Ziele: https://www.finanzwende.de/ueber-uns/unsere-ziele/ 

Für Fragen und Interviews können Sie gerne auf mich zukommen.

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