Finanzwende-Studie: Lufthansa verschiebt sehr wahrscheinlich Gewinne in Schattenfinanzzentren

27.05.2020

Seit Montag ist es offiziell und konkret: Der Staat will die Lufthansa mit einem Milliardenpaket retten. Darauf einigten sich Fluggesellschaft und Bundesregierung. Insgesamt 9 Milliarden Euro soll das Rettungspaket umfassen. Die Bürgerbewegung Finanzwende hat heute eine Studie veröffentlicht, die aufzeigt, dass der Konzern sehr wahrscheinlich Gewinne in Schattenfinanzzentren (umgangssprachlich Steueroasen) verlagert.

Über die vergangenen zehn Jahre zahlte die Lufthansa mit einer Steuerquote von durchschnittlich nicht einmal zwanzig Prozent auffällig wenig Unternehmenssteuern. Der Konzern hat 92 Tochtergesellschaften in Schattenfinanzzentren. Auf Malta machte ein Tochterunternehmen mit nur zwei Angestellten fast 200 Millionen Euro Gewinn.

„Es ist gegenüber den Steuerzahlern absolut unverantwortlich, dass die Bundesregierung die Lufthansa ohne umfassende Steuertransparenz retten will. Dabei gibt unsere Studie einen klaren Hinweis, dass das Unternehmen Gewinnverschiebung betreiben könnte. Unternehmen sollten nur Corona-Hilfen bekommen, wenn sie öffentlich nachweisen, dass sie keine Gewinne in Schattenfinanzzentren verlagern“, erklärte Konrad Duffy, Experte für Finanzkriminalität bei Finanzwende.

Die Bundesregierung hat zwar zur Bedingung gemacht, dass kein Staatsgeld in Steueroasen fließt. Finanzwende bemängelt jedoch, dass sich die Überprüfung nur auf die unvollständige „EU-Liste der unkooperativen Staaten“ bezieht. Die Liste steht für nur 7 Prozent aller Finanzaktivitäten in Schattenfinanzzentren. Beispielsweise europäische Schattenfinanzzentren bleiben so komplett außen vor. Die Lufthansa ist unter anderem in den nicht erfassten Ländern Malta, Irland und der Schweiz aktiv. Konrad Duffy dazu: „Ohne Offenlegung der Gewinne und Steuerzahlungen an den einzelnen Standorten kann die Bundesregierung nicht überprüfen, ob ihre Zusage ‚kein Geld in Steueroasen‘ eingehalten wird.“ Finanzwende kritisiert weiter, dass die Lufthansa ihre Verbindungen zu den Schattenfinanzzentren nach EU-Definition nicht veröffentlichen, sondern nur dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds vorlegen muss.

Um den Deal abzuschließen sind laut Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier noch einige offene Fragen mit der EU-Kommission zu klären. Noch am 7. Mai bekräftigte Bundesfinanzminister Olaf Scholz, dass Unternehmen nur dann Gelder erhalten sollen, wenn sie keine Gewinne in Schattenfinanzzentren verlagern.

Ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus Bürgerbewegung Finanzwende, Campact und dem Umweltinstitut München appelliert an die Bundesregierung, keine Corona-Hilfen an Unternehmen auszuzahlen, die Gelder in Schattenfinanzzentren verlagern könnten oder keinen Klimaschutzplan vorlegen. Einem Online-Appell haben sich bereits rund 280.000 Bürgerinnen und Bürger angeschlossen.

Die Fallstudie Lufthansa finden Sie hier.
 

Hintergrund:

Schattenfinanzzentren sind Staaten oder Gebiete mit niedrigen Steuern. Ihr Steuerrecht macht sie für Steuervermeider oder -hinterzieher attraktiv. Sie werden häufig genutzt, um die Identität von Firmen oder Personen oder Eigentumsverhältnisse anderweitig zu verschleiern. So spielen Schattenfinanzzentren oft eine Rolle, wenn Unternehmen die eigentlichen Eigentümer geheim halten wollen – oder Firmen beziehungsweise Privatpersonen ihr Vermögen oder Kapital vor dem Fiskus verstecken wollen. Jährlich verschieben internationale Unternehmen schätzungsweise 600 Milliarden Euro in Schattenfinanzzentren, was circa 40 Prozent ihrer Gewinne entspricht.

Terminhinweis:

Am heutigen Mittwoch, den 27.05.2020 um 9.30 Uhr hat das zivilgesellschaftliche Bündnis zu einer Protest-Aktion: „Lufthansa-Rettung – keine Steuertricks mit Steuergeldern zulassen“ vor dem Kanzleramt eingeladen.