Standpunkt: CumEx-Prozess Berger – Keine Zeit zum Durchatmen

04.04.2022
Konrad Duffy

Konrad Duffy ist bei Finanzwende für das Thema Finanzkriminalität zuständig. Er hat einen Master in Korruption und Governance gemacht. Neben Stationen bei der Europäischen Kommission und der GIZ arbeitete er in der Abteilung für Geldwäschebekämpfung bei einer Großbank.

Zwischen Freude und Frust

Endlich! Wenn heute Hanno Berger erstmals vor ein deutsches Gericht wegen CumEx kommt, ist das ein Erfolg für unseren Rechtsstaat. Denn Hanno Berger hat CumEx-Geschäfte erst für private Investor*innen großgemacht. Seine Arbeit hat uns alle sehr viel Geld gekostet. Die Anklage wirft ihm vor, dass durch sein Tun ein Schaden in Höhe von 278 Millionen Euro entstanden ist.

Seit nun fast zehn Jahren hielt er sich in der Schweiz auf und wehrte sich vehement gegen seine Auslieferung. Nach all den eklatanten Fehlern bei CumEx zeigt sein Prozess, dass es auch anders geht. Der Dank dafür gebührt insbesondere der Staatsanwaltschaft Köln für ihre tatkräftigen Ermittlungen. Auch wenn Hanno Berger inzwischen der fünfte Angeklagte vor dem Landgericht Bonn ist, ist er die erste zentrale und bekannte Person. Damit beginnt eine neue Zeit in Sachen CumEx-Aufklärung.

Hanno Berger ist der fünfte Angeklagte von über 1.300 CumEx-Beschuldigten.

Doch eins darf angesichts dieser positiven Entwicklung nicht in Vergessenheit geraten: Zehn Jahre nachdem die Geschäfte gesetzlich beendet wurden, ist Hanno Berger erst der fünfte Angeklagte von über 1.300 CumEx-Beschuldigten. 

Und während bei der CumEx-Aufklärung zumindest Fortschritte erzielt werden, sieht es bei  CumCum noch viel düsterer aus – bei einem Schaden für die Staatskasse von geschätzt 28,5 Milliarden Euro. CumEx-ähnliche Geschäfte sind sogar heute noch möglich, da Politiker*innen nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen haben.


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Und so bleibt an diesem Tag, der Anlass zur Freude gibt, auch viel Frust. Wieso ermitteln nicht verschiedene Staatsanwaltschaften umfassend zu CumCum-Geschäften? Wieso weisen die Landesfinanzminister*innen ihre Finanzverwaltungen nicht an, möglichst umgehend alle Gelder aus dem größten Steuerraub der deutschen Geschichte zurückzufordern? Kurzum: Wieso gibt es noch immer keine proaktive Energie, hier gründlich aufzuräumen? Und wieso tut der Staat nicht alles gegen CumEx-ähnliche Geschäfte? Ist er noch nicht genug ausgenommen worden?

Heute zeigt sich in Bonn, dass unser Rechtsstaat wehrhaft sein kann und jemand wie Hanno Berger nicht über dem Gesetz steht.

Über Jahre entstand bei CumEx der Eindruck, dass vermögende Menschen in Nadelstreifen anders behandelt werden als der Rest der Gesellschaft. Die Treffen von Olaf Scholz mit dem CumEx-Beschuldigten Christian Olearius sind da nur die prominentesten Beispiele. Man ließ sich ein Gesetz von der Finanzlobby vorschreiben, unterband die Geschäfte lange nicht, behinderte an vielen Stellen die Aufklärung und Verfolgung… Heute zeigt sich in Bonn, dass unser Rechtsstaat wehrhaft sein kann und jemand wie Hanno Berger nicht über dem Gesetz steht. Es wird Zeit, dass sich dieses Bild bei CumEx und Co. verfestigt und durchsetzt.