Standpunkt: Reform der Erbschaftsteuer, aber richtig

16.12.2022
Daniel Mittler

Daniel Mittler ist seit April 2021 Geschäftsführer der Bürgerbewegung Finanzwende e.V. Zuvor war er elf Jahre lang der Politische Direktor von Greenpeace International.

Wer höhere Freibeträge bei der Erbschaftsteuer will, muss gleichzeitig zumindest die verfassungswidrigen Privilegien für Superreiche abschaffen.

Wenn schon Reform, dann richtig! Der Weg für eine Reform der Erbschaftsteuer ist frei – zumindest was die Erhöhung der Freibeträge angeht. Das verkündete jüngst Bundesfinanzminister Christian Lindner und legte den Ländern den Ball „auf den Elfmeterpunkt“. Die Länder müssen die Reform-Gelegenheit nutzen und parallel für mehr Steuergerechtigkeit und den Schutz unserer Verfassung sorgen. Das ist in ihrem eigenen Interesse. Denn es winken Mehreinnahmen von mindestens fünf Milliarden Euro pro Jahr.

Denn es winken Mehreinnahmen von mindestens fünf Milliarden Euro pro Jahr.

Zum Hintergrund: Im Bewertungsverfahren von Immobilienerbschaften wird es zum Jahreswechsel Änderungen geben. Expert*innen gehen zwar davon aus, dass in den allermeisten Fällen keine höheren Steuern anfallen werden. Doch im Zuge der Anpassung wurde die Forderung nach höheren Freibeträgen laut. 

Die Fraktionsvorsitzenden der Ampelparteien haben klargemacht, dass die Bundesregierung die Verantwortung trägt, „mit einer verfassungskonformen Besteuerung von Erbschaften für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Das umzusetzen bedeutet aber, jetzt endlich Ausnahmen für Superreiche bei der Erbschaftsteuer zu beenden. Denn faktisch ist das geltende Erbschaftsteuerrecht ungerecht – und wurde schon mehrfach von obersten Gerichten für verfassungswidrig erklärt. 

Nur 30 Prozent der Bevölkerung erbt nennenswert, 70 Prozent erhalten nichts oder so gut wie nichts. Erben ist also Glückssache.

Nur 30 Prozent der Bevölkerung erbt nennenswert, 70 Prozent erhalten nichts oder so gut wie nichts. Erben ist also Glückssache. Verfassungswidrige Ausnahmen gibt es momentan ausgerechnet bei den reichsten Menschen, die große Betriebsvermögen erben. Menschen mit einem Erbe oder einer Schenkung von 20 Millionen Euro (und mehr) zahlen im Schnitt nur 2,2 Prozent auf das Vermögen. Das ist deutlich weniger, als Menschen auf ein nicht sonderlich hohes Arbeitseinkommen von 2.500 Euro im Monat zahlen. Es geht aber noch ungerechter: Wer 300 Wohnungen erbt, zahlt gar keine Erbschaftssteuer, wer drei Wohnungen erbt hingegen schon – daran würden auch höhere Freibeträge nichts ändern.  

Die gegenwärtigen Regelungen widersprechen damit nicht nur der Verfassung, sondern auch dem Leistungsprinzip. 

Um Fairness und Verfassungskonformität umzusetzen, müssen die Privilegien für Superreiche gekippt werden. Die Länder sollten den Ball von Christian Lindner annehmen und eine Reform der Erbschaftsteuer auf den Weg bringen. Jetzt ist die Zeit für eine Bundesratsinitiative zugunsten eines verfassungskonformen und gerechten Erbschaftsteuerrechts. Das wäre ein Treffer für unsere Verfassung und für Gerechtigkeit.