Finanztransaktionssteuer

In Deutschland fallen auf die meisten Käufe Steuern an. Bei Finanzprodukten ist das prinzipiell nicht der Fall.

01.07.2019
Digitale Börsenanzeige mit Zahlen.
  • Seit vielen Jahren wird über die Finanztransaktionssteuer diskutiert. Sie war eine Kernforderung aus der Zivilgesellschaft als Reaktion auf die Finanzkrise.
  • Befürworter*innen sehen in der Steuer ein Mittel, die Banken an den Krisenkosten zu beteiligen und unnötigen Wertpapierhandel einzudämmen.
  • Gegner*innen befürchten dagegen eine Belastung für Anlegerinnen und zweifeln an der Wirkung der Steuer, weil Expert*innen sie umgehen könnten oder abwandern

Zunächst einmal gibt es nicht die eine Finanztransaktionssteuer. Je nach Ausgestaltung können unterschiedliche Finanzinstrumente und Transaktionen betroffen sein - mit extrem unterschiedlichen Auswirkungen. Dementsprechend werden im Folgenden nur zentrale Argumente für und gegen die vielfach diskutierte Steuer aufgeführt, die je nach Ausgestaltung dieser von unterschiedlicher Relevanz sind.

Das primäre Anliegen

Als ein primäres Ziel einer Finanztransaktionssteuer wird in der Regel die Eindämmung des Hochfrequenzhandels gesehen. Hierbei werden innerhalb von Millisekunden (0,001 Sekunden) riesige Summen bewegt, um Preisschwankungen und Preisunterschiede zu provozieren und auszunutzen. Aufgrund des extrem unausgeglichenen Verhältnis von Umsatz (hoch) und Gewinn (gering), würde mutmaßlich schon eine Steuer von unter 0,1 Prozent dazu führen, den Hochfrequenzhandel unattraktiv zu machen. Dieser vollautomatisierte Handel wird als problematisch angesehen, weil er normale Investor*innen systematisch benachteiligt und zu einer künstlichen Instabilität an den Finanzmärkten führt, aus der teilweise massive Kurseinbrüche resultieren (sogenannte "Flashcrash").

Eine Steuer gegen Kleinanleger*innen?

Konträr dazu argumentieren Kritiker*innen einer Finanztransaktionssteuer, dass diese insbesondere Kleinanleger*innen treffen würde und die betroffenen Finanzinstitute die Kosten an die Endverbraucher*innen weiterreichten. Eine Finanztransaktionssteuer, die ausschließlich private Kleinanleger*innen belasten würde, hätte in der Tat ihr primäres Ziel verfehlt. Befürworter*innen weisen aber darauf hin, dass bei einer Finanztransaktionssteuer von 0,1 Prozent auf Aktienkäufe bei einem Investment von 1.000 Euro gerade einmal 1 Euro an zusätzlichen Steuern anfallen würde.

Welche Einnahmen wären zu erwarten?

Gerade bei der Frage, wie viele Einnahmen eine Finanztransaktionssteuer bringen würde, kommt es stark auf die letztliche Ausgestaltung an. Die EU-Kommission veröffentlichte 2011 einen vergleichsweise umfassenden Vorschlag, der eine Finanztransaktionssteuer für die damaligen 27 Mitgliedsstaaten prüfte. Die Schätzungen der jährlichen Einnahmen beliefen sich auf eine Höhe von 57 Milliarden Euro, wenn Transaktionen von Aktien mit 0,1 Prozent und von Derivaten mit 0.01 Prozent besteuert würden. Allein für Deutschland als einen der zentralen Finanzplätze wurden Einnahmen von fast 12 Milliarden Euro geschätzt.

Bei der momentan diskutierten Ausgestaltung unter Federführung von Olaf Scholz werden nunmehr lediglich 1,4 Milliarden Mehreinnahmen für den deutschen Staat erwartet. Über 90 Prozent der Finanztransaktionen würden in diesem Modell nicht besteuert werden.

Im Zuge der Diskussion um die Finanztransaktionssteuer werfen einige der Kritiker*innen dem Staat vor, mit der Steuer sein schlechtes Wirtschaften verheimlichen zu wollen. Befürworter*innen halten dagegen, dass Milliarden an Steuergeldern aufgewendet wurden, um die Finanzinstitute in der von ihnen verursachten Krise zu retten. Eine Finanztransaktionssteuer wäre also demnach eine Möglichkeit, den Finanzsektor für die verursachten Schäden in Haftung zu nehmen.

Alle oder keiner?

Zudem befürchten Kritiker*innen, dass eine Finanztransaktionssteuer dazu führen würde, dass Finanzinstitute ihre Geschäfte einfach an anderen Orten betreiben. So würden sie die Steuer umgehen, während der bisherige Standort von Arbeitsplatzverlusten etc. betroffen wäre. Anhänger*innen der Steuer machen sich deshalb dafür stark, dass möglichst viele Länder die Steuer umsetzen und wollen eine Residenzpflicht einführen. Dadurch könnten Akteur*innen nicht einfach in ein anderes Land abwandern und dennoch ihren Geschäften in den Ländern nachgehen, welche die Steuer eingeführt haben.