Stellungnahme zum Sanktionsdurchsetzungsgesetz II

von Finanzwende Fellow Michael Findeisen

08.11.2022
  • Als Reaktion auf die Probleme bei der Sanktionsdurchsetzung will die Bundesregierung weitreichende Reformen im Bereich der Finanzsanktionen und der Geldwäschebekämpfung auf den Weg bringen.
  • Der Regierungsentwurf zum Sanktionsdurchsetzungsgesetz II vom 26. Oktober 2022 (SDG II) bleibt allerdings hinter den Erwartungen zurück.
  • In seiner Stellungnahme zum Gesetz erklärt Finanzwende-Fellow Michael Findeisen, wie der Entwurf zum Sanktionsdurchsetzungsgesetz II jetzt noch im Bundestag verbessert werden sollte.

Forderung 1: Mehr Transparenz über Vermögenswerte durch ein Vermögensregister herstellen.

Das derzeitige Transparenzregister für Gesellschaften und Firmen reicht nicht aus, um verdächtige Vermögensstrukturen zu enttarnen. Der vom Kabinett beschlossene Entwurf zum SDG II unternimmt nur zaghafte Schritte für mehr Transparenz über Vermögenswerte und zur Schaffung eines Vermögensregisters.

Der Regierungsentwurf geht in die richtige Richtung, wenn er den Kauf von Immobilien mit Bargeld, Krypto-Werten oder Rohstoffen verbietet. Das ist ein wichtiger Schritt, den Finanzwende schon lange gefordert hat. Ebenso richtig ist es, dass zukünftig Grundbuchdaten mit dem Transparenzregister verknüpft werden sollen. Dies ist in Fällen von Umfirmierungen, Verschmelzungen und anderen gesellschaftlichen Veränderungen sinnvoll, da solche Veränderungen über die Grundbücher derzeit nicht nachvollziehbar sind. Außerdem erweitert der Entwurf die bereits im Geldwäschegesetz geregelte Mitteilungspflicht für den Neuerwerb von Immobilien durch Vereinigungen mit Sitz im Ausland, die diese in Deutschland halten: Es ist sinnvoll, dass diese Pflicht künftig auch für Bestandsfälle gelten soll.

Allerdings reichen diese Reformschritte nicht aus. Wir brauchen mehr Maßnahmen und mehr Datenbanken in den unterschiedlichen wirtschaftlichen Sektoren zur besseren Feststellung wirtschaftlich Berechtigter und von bewusst undurchsichtig gehaltenen Konstruktionen – im Immobiliensektor und bei der Investition in Finanzprodukte. Wenn die notwendigen Informationen über Vermögenswerte und Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten auch weiterhin fehlen, können Daten nicht wirksam miteinander verknüpft werden. Dadurch laufen Finanzermittlungen weitgehend ins Leere. Ohne den erweiterten Zugriff auf Daten und deren Verknüpfung in einem Vermögensregister werden Finanzermittlungen auch in Zukunft eher eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen sein. Dies gilt nicht nur bei der Durchsetzung von Finanzsanktionen gegen Oligarch*innen, sondern auch beim Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung.

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Für mehr Transparenz müssen alle wirtschaftlich Berechtigten beim Grundstückseigentum – und nicht nur die von Gesellschaften mit Sitz im Ausland – erfasst und in einem reformierten, digitalisierten Grundbuch eingetragen werden. Nur so können undurchsichtige Strukturen im Immobilienbereich zurückgedrängt werden.

Die Umsetzung dieser Reformschritte braucht allerdings Zeit. Als Interimslösung ist die Schaffung einer Auskunftspflicht in diesem Gesetz nötig: Alle im Grundbuch eingetragenen juristischen Grundstückseigentümer*innen müssen Auskunft über die wirtschaftlich Berechtigten geben. Tut dies jemand nicht, sollte das Geldwäschegesetz die Möglichkeit einer administrativen Beschlagnahmung eines Grundstücks und, unter bestimmten Voraussetzungen, auch dessen Einziehung vorsehen.

Forderung 2: Den automatisierten Abruf von Institutsinformationen auf Versicherungsverträge erweitern.

Versicherungen in Deutschland verwalten ein Vermögen von etwa 18 Billionen Euro. Oft investieren Versicherungsunternehmen Vermögenswerte ihrer Kundschaft nach einer von dieser vorgegebenen Anlagestrategie. Solche Versicherungsverträge mit hoher Versicherungssumme sind auch für Finanzkriminelle attraktiv. Das gilt besonders, weil Versicherungen, anders als Einlagekredit- und Zahlungsinstitute oder Kapitalanlagegesellschaften, in einem automatisierten Abrufsystem keine Daten über die Geschäftsbeziehung bereithalten müssen.

Es gibt nach Sinn und Zweck der Finanzsanktionen keinen triftigen Grund, Versicherungsunternehmen in dieser Form zu privilegieren. Ohne großen technischen und organisatorischen Aufwand ließe sich ein Abrufsystem nach dem Modell des § 24c Kreditwesengesetz auch für den Verpflichtetenkreis der Versicherungsunternehmen schaffen.

Standardisierte Versicherungsprodukte mit geringer Versicherungssumme im Privatkundengeschäft, einfache Lebensversicherungsverträge zum Beispiel, wären davon ausgenommen.


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Forderung 3: Eine administrative Einziehung von Vermögenswerten im deutschen Recht – so wie in Italien – verankern.

Seit Jahren bewegt sich die Summe des bei der Bargeldkontrolle an den deutschen Außengrenzen sichergestellten Bargelds auf einem niedrigen Niveau von durchschnittlich acht Millionen Euro pro Jahr. Die Erfolglosigkeit der EU-rechtlich geforderten Instrumente des Zolls bei der Bargeldkontrolle wird noch deutlicher bei der endgültigen Einziehung von Barmitteln nach Durchlaufen eines Clearingverfahrens. Die Zahl solcher Einziehungen pro Jahr liegt im unteren einstelligen Bereich. In den Jahren 2013 bis 2016 fand überhaupt keine Einziehung statt, im Jahr 2022 gab es bisher nur einen Fall. Grund dafür sind unter anderem die hohen Hürden im deutschen Recht, die weder EU-rechtlich noch verfassungsrechtlich gefordert sind.

In Fällen der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung sollte eine Ermächtigungsgrundlage für die administrative Einziehung im Zollverwaltungsgesetz geschaffen werden. Die Verankerung der administrativen Einziehung in diesem Gesetz könnte ein Modell für andere Rechtsbereiche werden.