Eine neue Behörde gegen Finanzkriminalität?

Stellungnahme von unserem Vorstand Dr. Gerhard Schick: Keine substanzielle Verbesserung erkennbar

21.09.2023
2 Bankentürme zwischen denen an einer Leine Geld zum Trocknen aufgehängt ist.
  • Eine neue Bundesoberbehörde soll dafür sorgen, dass Finanzkriminalität in Deutschland endlich effektiv bekämpft wird.
  • Doch der aktuelle Gesetzesentwurf bleibt deutlich hinter den versprochenen Reformen von Christian Lindner zurück – und auch hinter dem ersten Entwurf aus Juli 2023.
  • Deutschland wird somit ein Paradies für Geldwäsche und ein sicherer Hafen für schmutziges Geld bleiben.

 „Voller Einsatz gegen Finanzkriminalität“, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium: Im Sommer 2022 kündigte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine neue Bundesoberbehörde an, die Finanzkriminalität endlich effektiv bekämpfen soll. Der Name: die Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität, kurz BBF. Der Entwurf des Finanzministeriums liegt seit dem 13. September 2023 vor. Unser Vorstand Dr. Gerhard Schick kritisiert den Entwurf – in dieser Form wird es beim Kampf gegen Finanzkriminalität nicht zu einer substanziellen Verbesserung kommen.

Dabei stimmt die Grundidee des Gesetzes: Eine schlagkräftige Behörde auf Bundesebene, bei der Kompetenzen gebündelt werden, könnte die aktuellen Probleme bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität reduzieren. Diese Chance wird hier allerdings klar vertan.


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Die Bundesoberbehörde für die Bekämpfung von Finanzkriminalität verdient diesen Namen nicht, denn sie fokussiert sich auf bestimmte Fälle der Geldwäsche und der Sanktionsumsetzung. Dabei sind vor allem die folgenden Punkte verheerend:

  1. Finanzkriminalität ist sehr viel mehr als nur Geldwäsche mit einer internationalen Dimension. Doch die Arbeit der Behörde wird sich fast ausschließlich darauf fokussieren. CumEx, CumCum, Wirecard, P&R? Das waren alles Fälle der Finanzkriminalität, die die neue Behörde nicht antasten würde.
  2. Das schärfste Schwert der Geldwäschebekämpfung ist die administrative Vermögensabschöpfung nach italienischem Vorbild. Lindner hatte angekündigt, die Täter*innen da treffen zu wollen, wo es ihnen weh tut: Beim Geld. Schon im ersten Gesetzesentwurf wurde diese Idee nur unzureichend umgesetzt, im aktuellen Entwurf ist die Vermögensabschöpfung ganz verschwunden. Möchte die Regierung die Täter*innen vielleicht nicht mehr dort treffen, wo es weh tut?
  3. Eine echte Kompetenzbündelung bei der Geldwäschebekämpfung wird auch das kommende Ermittlungszentrum Geldwäsche des BBF nicht erhalten. Denn es bleibt eine zusätzliche Stelle neben den bisher bereits existierenden wie dem BKA. Es erhält, anders als angekündigt, keine Kernkompetenzen und wird noch nicht mal der erste Ansprechpartner für internationale Behörden wie Interpol, obwohl der Fokus auf internationalen Fällen liegen soll.
  4. Seit Jahren ist klar: Deutschland benötigt einen Neustart der Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor. Im Sommer 2022 hatte die internationale Anti-Geldwäsche-Organisation FATF unter anderem kritisiert, dass es der Geldwäschebekämpfung in Deutschland an Zentralisierung fehlt. Die neue Bundesoberbehörde wird an dem Flickenteppich aus 300 Aufsichtsstellen jedoch nichts ändern. Denn die Bundesoberbehörde wird diesen Flickenteppich nur koordinieren, nicht aber Kompetenzen auf Bundesebene bündeln.

Das Finanzkriminalitätsgesetz: Richtiger Ansatz - viel zu lasche Umsetzung

Deutschland bleibt somit nicht nur ein Geldwäscheparadies, sondern auch ein sicherer Hafen für schmutziges Geld. Wenn das Gesetz so durch den Bundestag geht, wäre es kein guter Tag für die Bekämpfung von Finanzkriminalität in Deutschland. Die Abgeordneten sind deshalb jetzt aufgefordert, ihrer Rolle als Gesetzgeber gerecht zu werden – und Lindners Versprechen endlich Taten folgen zu lassen.

Lesen Sie hier die Stellungnahme unseres Fellows Michael Findeisen zum ersten Gesetzesentwurf aus dem Juli 2023.