Warum die Riester-Rente in den Ruhestand geschickt werden sollte

22.11.2022
Riester-Rente
  • Riester-Renten sind oft zu renditeschwach, zu ineffizient oder zu teuer: Vor zwei Jahren zeigte eine Analyse von Finanzwende, dass durchschnittlich nahezu jeder vierte Euro in die Kosten floss.
  • Finanzwende plädiert mit anderen Verbraucherschützer*innen für einen echten Systemwechsel und fordert: Stoppt die Riester-Rente! 19.000 Menschen haben die Petition unterschrieben.
  • Auch in Sachen Fairplay sind die Vorsorgeprodukte mitunter umstritten. Finanzwende unterstützt die Klage eines Verbrauchers gegen eine große Versicherungsgesellschaft.

Was ist die Riester-Rente?

Die Riester-Rente ist eine zusätzliche private Altersvorsorge, die vom Staat mit Zuschüssen und Steuererleichterungen gefördert wird. So soll zum privaten Sparen angeregt werden. Um die wachsende Rentenlücke auszugleichen, gibt der Staat seit 2002 zu privaten Riester-Renten-Verträgen staatliches Geld dazu. Sinnvoll ist Riester als Vorsorgemodell dennoch häufig nicht. Wir brauchen schleunigst einen Neustart in der privaten Altersvorsorge!

Vom anfänglichen Versprechen auf eine goldene Zukunft mit Zusatzrente ist in der Realität wenig geblieben. Mehr als 20 Jahre nach dem Start der Riester-Rente sind etliche Reformen verabschiedet worden und zig Milliarden Euro Steuergeld in Zulagen geflossen.

Unterm Strich wird klar: Die Riester-Rente lohnt sich oft genug nicht. Zwar können sich Riester-Sparverträge individuell für Kund*innen mit hohen staatlichen Zulagen – etwa Geringverdiener*innen oder Familien mit Kindern – rentieren. Gesellschaftlich betrachtet sind viele Angebote jedoch zu ineffizient.

Der Verkauf lahmt denn auch, immer mehr Menschen kündigen ihre Verträge bei Versicherern und Fondsgesellschaften auf. Insgesamt zählen die Anbieter*innen derzeit noch knapp 16,1 Millionen Riester-Verträge, schätzungsweise jeder fünfte wird allerdings gar nicht mehr bespart. 

Riester: Viel Gebühren, wenig Rente

Ein Grund für die wachsende Zurückhaltung der Kund*innen dürften die hohen Kosten sein. Darüber reden die Anbieter*innen natürlich nicht gerne. Finanzwende hat deshalb Ende 2020 die offiziellen Muster-Produktinformationsblätter von 65 Riester-Rentenversicherungen untersucht. Das Ergebnis: Bei einem durchschnittlichen Vertrag floss nahezu jeder vierte eingezahlte Euro in die Kosten. In der Spitze gingen sogar 38 von 100 eingezahlten Euro für Kosten drauf. Für die Altersvorsorge steht dieses Geld nicht mehr zur Verfügung.

Solche Kosten sind für Sparer*innen abschreckend. Die Vertragsbestände sinken kontinuierlich. Die Antwort der Verbände? Eine Reform der Riester-Rente habe „erhebliches Potenzial, um Kosten zu senken“. Die Wirtschaftslobby plädiert also dafür, den Reformmarathon um eine weitere Etappe zu verlängern. Auch der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger, sprang damals für die Riester-Rente in die Bresche. Wir haben seine Argumente einem Faktencheck unterzogen und festgestellt: Mit den Fakten ist das so eine Sache…

Die Riester-Rente lässt sich nicht reformieren

Für uns ist klar: Das Kostenproblem wird sich nicht wegreformieren lassen. Die Versicherer hatten schon bisher mehr als 20 Jahre Zeit, um ihre Kosten zu senken. Passiert ist so gut wie nichts. Das eigentliche Ziel – die Rentenlücke effizient zu schließen – wird vielfach verfehlt. 

Zudem stammt die staatliche Förderung aus Steuergeldern, für die alle Bürger*innen aufkommen müssen. Seit dem Start der Riester-Rente bis Ende 2020 kamen so mehr als 50 Milliarden Euro zusammen. Es muss sich dringend etwas ändern, damit dieses Geld in wirksame Vorsorgemodelle für alle fließt und auch wirklich beim den Sparenden ankommt.

Es braucht einen Neustart der Altersvorsorge

Was muss also geschehen? Finanzwende plädiert für einen echten Systemwechsel – genauer, für ein staatlich organisiertes Vorsorgeprodukt für alle Bürger*innen, das sich an dem schwedischen Vorsorgefonds orientiert. Er kommt erwiesenermaßen mit einem Bruchteil der Kosten von Riester-Rentenversicherungen aus. Deshalb forderten wir gemeinsam mit dem Bund der Versicherten und dem Verbraucherzentrale Bundesverband vor der Bundestagswahl 2021: Stoppt die Riester-Rente! 

19.000 Bürger*innen haben sich unserem Appell angeschlossen und die Ampel-Koalition kündigte an, das System der privaten Altersvorsorge grundlegend zu reformieren. Bislang ist aber kein Neustart in Sicht. Wir bleiben dran, denn klar ist: Erledigen durch Liegenlassen funktioniert nicht.

Versicherer kürzen Renten im Nachhinein

Bitter ist das Zögern der Bundesregierung für viele Sparer*innen, die angesichts ihrer Jahresmitteilungen nur noch den Kopf schütteln können. Hier wird deutlich: Oft geht die staatliche Zulage komplett für die Kosten drauf. 

Die hohen Kosten sind beim Riestern allerdings nicht die einzige böse Überraschung, die Kund*innen erleben können. Einzelne Versicherungsgesellschaften kürzen auch die künftige Rente nachträglich zusammen. Ein Versicherter bei der Zurich soll statt der ursprünglich ausgewiesenen 37 Euro plötzlich nur noch 28 Euro je 10.000 Sparkapital für seine fondsgebundene Riester-Rente erhalten. Das ist ein Minus von rund 25 Prozent!

Finanzwende unterstützt die Klage eines Verbrauchers

Wenn Versicherer die künftige Rentenzahlung tatsächlich einseitig kürzen dürfen, ist die Vorsorgeplanung wie im Fall dieses Kunden dahin. Er entschied deshalb, gerichtlich gegen seinen Versicherer vorzugehen.

Finanzwende hält die Klauseln für unfair und unwirksam. Deshalb unterstützen wir den Verbraucher bei seiner Klage. Das Urteil könnte Signalwirkung für tausende Riester-Sparer*innen haben. Allein bei der Marktführerin Allianz sollen Medienberichten zufolge insgesamt rund 700.000 Verträge von nachträglichen Kürzungen betroffen sein. 

Riester: Rentenkürzung

Riester-Rente: Kürzung per Klausel gekippt

Das Landgericht Köln hat im Fall eines Kölner Angestellten die einseitige Kürzung einer Riester-Rente für unwirksam erklärt. Das Urteil stärkt die Position von zahlreichen Versicherten und könnte bundesweit zehntausende Menschen betreffen.
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