Fragen und Antworten zur Kampagne

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Kampagne „Schufa: Finger weg von meinem Konto!“

04.06.2023
Schufa: Finger weg von meinem Konto! Fragen und Antworten

Das Kürzel Schufa steht für „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“. Das Unternehmen wird privatwirtschaftlich geführt, ist börsennotiert und gehört vor allem Genossenschaftsbanken, Sparkassen sowie weiteren Kreditinstituten. Die Schufa verdient Geld, indem sie Informationen über die Kreditwürdigkeit von Dritten an Firmen und Verbraucher*innen verkauft. So berechnet sie beispielsweise für Banken, Online-Shops oder Energieunternehmen die Kreditwürdigkeit von potenziellen Kund*innen. Laut Schufa-Chefin Tanja Birkholz beantwortet die Auskunftei täglich rund 300.000 Bonitätsanfragen.

Neben Daten zur Identifizierung von Personen wie Name oder Adresse speichert die Schufa zahlreiche persönliche Daten. Dazu gehören sogenannte positive Informationen, etwa über Kreditkarten, Handyverträge, Kredite oder Rechnungskäufe. Gleichzeitig speichert sie aber auch sogenannte Negativeinträge, etwa zu unbezahlten oder angemahnten Rechnungen, zu Inkassoverfahren oder zu Verbraucherinsolvenzen. Insgesamt hat die Schufa Daten von rund 68 Millionen Menschen in Deutschland gesammelt.

Ihre Informationen bezieht die Schufa über rund 10.000 Vertragspartner*innen, die ihr etwa Informationen über Kredite oder andere Verträge melden. Seit 2018 braucht es dafür in der Regel keine Einwilligung der Betroffenen mehr, solange ein „berechtigtes Interesse“ an der Datenverarbeitung vorliegt. Außerdem erhält die Schufa ihre Daten aus öffentlichen Quellen wie Insolvenzbekanntmachungen.

Der sogenannte Schufa-Score ist ein prozentualer Zahlenwert, der die Kreditwürdigkeit von Verbraucher*innen abbildet. Er soll angeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Person ihre Rechnungen bezahlt. Die Schufa berechnet diesen Score für jede Person allgemein in einem sogenannten Basisscore. Die Vertragspartner*innen der Schufa erhalten spezielle Branchenscores, die vom Basisscore abweichen können – also Banken etwa einen speziellen Score für die Vergabe von Krediten oder Mobilfunkfirmen für Handyverträge.

Wie der Schufa-Score genau berechnet wird, hält die Schufa geheim. Bekannt ist immerhin, dass sich beispielsweise pünktliche Zahlungen bei Krediten oder einem Girokonto positiv auf den Score auswirken. Negativ wirken hingegen Mahnungen, Inkassoverfahren oder Verbraucherinsolvenzen auf den Score. Unklar ist unter anderem, auf welchen Faktoren die Score-Berechnung insgesamt beruht und wie diese Informationen den Score genau beeinflussen.

Das Unternehmen möchte gerne zusätzlich Einblick in Kontoinformationen von Verbraucher*innen gewinnen. Die Schufa kann mit diesen Daten Menschen besser durchleuchten. Helfen soll ihr dabei die App Bonify, die die Schufa jüngst gekauft hat. Bisher können Nutzende über die App unter anderem kostenlos Informationen zu ihrer Kreditwürdigkeit abfragen.

Ab nächstem Jahr sollen Verbraucher*innen via Bonify-App aber auch prüfen können, ob sich ihr Schufa-Score verbessern würde, wenn sie der Schufa mehr Daten über sich schicken. Insbesondere sollen Verbraucher*innen auch Kontoinformationen weitergeben können – freiwillig, wie die Schufa betont.

Dazu sollen die Nutzer*innen zuerst in der Bonify-App simulieren, wie sich die Datenweitergabe auf ihren Schufa-Score auswirken würde. Dazu würden sie ihre Kontodaten vorerst nur an Bonify weiterreichen. Wollen die Nutzer*innen danach, dass ihre Extradaten tatsächlich in den Schufa-Score einfließen, müssten sie einwilligen, die Daten an die Schufa zu schicken. Ansonsten hätte die Schufa nach eigenen Angaben weiterhin keine Einsicht in die Daten.

Zum einen ist die Frage, ob Kund*innen bei der Datenweitergabe wirklich – wie die Schufa meint – die freie Wahl haben: Wer seine Chancen auf eine Wohnung verbessern will, könnte sich letztlich gezwungen sehen, der Schufa den Einblick in Kontodaten zu gewähren – weil das die einzige Hoffnung auf eine bessere Schufa-Bewertung und damit eine Wohnung wäre. Damit gerieten de facto vor allem sehr verletzliche Personengruppen unter Druck, weitere Daten freizugeben.

Zum anderen geht es um Daten, die viel über die Verbraucher*innen verraten. Aus Sicht von Finanzwende geht es bei Kontodaten um sensible Informationen. Manche Zahlungsdaten sind sogar hochsensibel. Mitgliedsbeiträge etwa ermöglichen recht leicht Rückschlüsse auf die politische Überzeugung oder Gewerkschaftszugehörigkeit der Kontoinhaber*in. Bislang scheint es unklar, ob und wie die Schufa selbst diese hochsensiblen Informationen nutzen will.

Ob Gehalt oder Kontostand – solche Kontoinformationen sind sensibel und gehen die Schufa aus Sicht von Finanzwende nichts an. Hochsensible Informationen wie Therapie-Rechnungen oder Beiträge für Parteien oder Gewerkschaften sollten ohnehin Privatsache bleiben. Stand heute ist nicht ausgeschlossen, dass die Menschen der Schufa auch solche hochsensiblen Daten freigeben sollen. Wenn die Schufa Kontoinformationen durchleuchtet, kann sie damit Persönlichkeitsprofile erstellen und auswerten.

Mit dem Einblick in Kontodaten wäre die Schufa als Datensammlerin mächtiger als bisher und würde noch stärker in die gesellschaftliche Teilhabe vieler Menschen eingreifen. Dadurch unterscheidet sich die Schufa auch von anderen Unternehmen, die teils bereits in die Konten der Menschen blicken. Mit einer schlechten Schufa-Bewertung ist es schon heute schwer, einen neuen Mietvertrag oder auch nur ein Handyvertrag zu bekommen. Die Informations- und Wissenskonzentration bei der Schufa – einem privaten Unternehmen – wäre künftig noch umfassender.

Ja. Einer europäischen Richtlinie zufolge dürfen Unternehmen in private Bankkonten schauen, wenn die Kund*innen zustimmen. Expert*innen zufolge ist allerdings unzureichend geregelt, auf welche Kontodaten die Unternehmen jeweils zugreifen dürfen und wie sie diese Daten anschließend weiterverarbeiten. Einem Gutachten des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) zufolge können Firmen wie bonify in der Praxis üblicherweise auf alle Kontodaten zugreifen. Was mit den Daten danach geschieht, bleibt häufig im Dunkeln.

Ein trojanisches Pferd sieht von außen wie ein Geschenk aus, im Innern lauern aber Gefahren – aus unserer Sicht ist das eine gute Beschreibung für die Strategie der Schufa. Sie ruft zwar eine Transparenzoffensive aus und verspricht eine Reihe von Verbesserungen: So sollen Verbraucher*innen ihre Daten künftig digital und kostenlos abrufen können. Außerdem sollen sie ihre Schufa-Bewertung verbessern können, wenn sie unbedenkliche Daten wie längst abgezahlte Kredite an die Schufa weiterreichen. Das ist aus Verbrauchersicht positiv.

Wenn jedoch die Schufa künftig von Verbraucher*innen Einblick in deren Kontodaten erhält, könnte das Unternehmen noch mehr Macht und Einfluss auf den Alltag von Verbraucher*innen gewinnen.

Ja. Die Schufa hat im Jahr 2020 mit dem Projekt CheckNow schon einmal versucht, an Kontodaten von Verbraucher*innen zu gelangen. Wer damals beim Mobilfunkanbieter Telefónica/O2 wegen schlechter Bonität keinen Vertrag bekam, konnte der Schufa freiwillig Einblick in sein Konto gewähren – in der Hoffnung, danach doch noch den gewünschten Vertrag zu erhalten.

Verbraucher*innen sollten damals unter anderem bestätigen, dass die Schufa diese zur Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen nutzen durfte. Die Auskunftei verfolgte also knallhart ihre Geschäftsinteressen auf dem Rücken verletzlicher Verbraucher*innen.

Beim Projekt CheckNow gab es damals einen Aufschrei gegen das Schufa-Vorhaben. Mit Erfolg: Die Auskunftei beugte sich dem öffentlichen Druck und legte die Pläne auf Eis – bis jetzt.

Dass die Schufa die Aktion Kontoeinblick stoppt! Was schon mal funktioniert hat, kann auch dieses Mal glücken: Wenn es uns gemeinsam gelingt, der Schufa und ihren Plänen zum Einblick in Kontodaten die Stirn zu bieten, nimmt die Schufa ihr Vorhaben – wie beim Projekt CheckNow – womöglich zurück. Aus diesem Grund ist jetzt die Zeit, um Druck zu machen und den Schufa-Plänen von vornherein entschlossen entgegenzutreten. Je mehr Menschen mitmachen und unterschreiben, umso besser. Hier geht es zur Petition.

Das sagt zumindest die Schufa. Allerdings bleibt sie vage dabei, was sie unter „kreditrelevante Informationen“ versteht. Insbesondere fehlen bisher Angaben dazu, welche Daten aus Sicht der Schufa nicht kreditrelevant sind. Klar ist: Für eine Kreditauskunftei sind im Zweifel die allermeisten Informationen kreditrelevant. Welche Daten die Schufa letztlich nutzt, kann ohnehin wohl niemand überprüfen. Laut Schufa soll ein Datenschutzfilter relevante von irrelevanten Informationen trennen. Nur: Diesen Filter hat die Schufa offenbar selbst entwickelt. Ob er tatsächlich hält, was die Schufa verspricht, ist unklar.

Hier geht es zu unserer Petition