Schufa: Schlechte Bewertung, schlechte Chancen

Die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) will Verbraucher*innen künftig ermutigen, ihr Kontoeinblick zu gewähren. Wir fordern, die Auskunftei sollte selbst transparenter werden.

08.06.2023
Schufa: Finger weg von meinem Konto!
  • Die Schufa ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das auch die Kreditwürdigkeit von Privatleuten bewertet. Damit greift es in viele Alltagsgeschäfte der Menschen ein. 
  • Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei ist mächtig, zu intransparent und zu schlecht kontrolliert. Das Unternehmen will die Menschen bald noch intensiver durchleuchten und greift nach Kontodaten.
  • Die Schufa sollte die Finger von unseren Bankkonten lassen und stattdessen echte Transparenz bei ihrem Bewertungsverfahren schaffen.

Die Schufa löschte kürzlich Insolvenzdaten von 250.000 Menschen. Damit beugte sie sich dem Druck laufender Gerichtsverfahren. Nach der Datenlöschung konnten Betroffene aufatmen. Für sie wurden Alltagsgeschäfte wie die Wohnungssuche wieder leichter.

Das Beispiel zeigt, wie sehr die Schufa mit ihrer Arbeit in das Leben von Menschen eingreift. Sie spielt eine herausragende Rolle dafür, inwiefern jede*r Einzelne am wirtschaftlichen Leben teilnehmen kann – oder aber nicht.  Das macht die Auskunftei mächtig. Noch dazu ist sie intransparent und nun auf dem Weg, Einblick in Kontodaten von Verbraucher*innen zu nehmen.

Bonitätsbewertung als Gütesiegel

Bewertungen von Wirtschaftsauskunfteien wie der Schufa sind eine Art Gütesiegel für den Geschäftsverkehr: Auskunfteien prüfen für Banken und Unternehmen, ob deren potenzielle Vertragspartner*innen kreditwürdig sind – also vermutlich verlässlich bezahlen werden. Geprüft werden sowohl Privatpersonen wie Unternehmen. Eine gute Bewertung ist so etwas wie ein Gütesiegel. Dadurch soll der Geschäftsalltag sicherer werden.

Die Auskunfteien berechnen die Zahlungswahrscheinlichkeit auf Grundlage vieler Daten. Bei Verbraucher*innen sind das vor allem persönliche Daten wie Name, Alter und Adresse sowie Zahlungsdaten wie existierende Bankkonten, laufende Kredite oder unbezahlte Rechnungen. Die Daten erhalten die Auskunfteien aus öffentlichen Registern wie Insolvenzverzeichnissen oder von ihren Vertragspartnern, etwa Banken oder Handelsunternehmen. 

Auskunfteien gibt es in Deutschland einige. Zu den wichtigsten gehören Crif, Creditreform Boniversum oder Arvato Infoscore. Kaum jemand kennt diese Namen. Einer ist bekannter und lässt die meisten aufhorchen: Schufa. Mit dieser Auskunftei hatten die allermeisten schon zu tun, sie ist präsent im Alltag vieler Menschen.

Schlechte Bewertung, schlechte Chancen

Die Schufa ist die größte Auskunftei hierzulande – und herrscht über jede Menge Daten. Sie hat eine Milliarde Einzeldaten zu rund 68 Millionen natürlichen Personen sowie sechs Millionen Unternehmen in Deutschland gespeichert und beantwortet täglich rund 300.000 Bonitätsanfragen. Das Unternehmen wird privatwirtschaftlich geführt, ist börsennotiert und gehört vor allem Genossenschaftsbanken, Sparkassen sowie weiteren Kreditinstituten. 

Die Auskunftei greift mit ihren Bewertungen in das Leben vieler Menschen ein. Beispiel Wohnungssuche: Ohne gute Schufa-Bewertung geht auf dem Mietmarkt meist nichts. Auch bei Mobilfunkverträgen, der Kreditvergabe oder dem Rechnungskauf wird oft bei der Schufa nachgefragt, ob die Kund*innen kreditwürdig sind.  

Selbst günstiges Bahnfahren wird schwieriger, wenn die Zahlungsfähigkeit nicht nachgewiesen ist. So sollte im Frühjahr 2023 das Deutschlandticket starten. Endlich bezahlbarer öffentlicher Nahverkehr für alle. Doch plötzlich sah es so aus, als könnten manche Menschen von dem Angebot ausgeschlossen werden. Der Grund: eine schlechte Schufa-Bewertung. Die Entlastung im Nahverkehr drohte an denen vorbeizugehen, die sie besonders dringend brauchten.

Letztlich kam es anders. Das Deutschlandticket gibt es bei manchen Verkehrsbetrieben auch ohne Schufa-Abfrage. Dort bekommen auch Menschen mit schlechter Schufa-Bewertung ein Ticket. Die Meldung allerdings verdeutlicht: Eine schlechte Schufa-Bewertung erschwert das Leben der Betroffenen in vielen Bereichen.


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Vertrauen durch Kontrolle? Nur für die anderen

Sie schaffe Vertrauen, verspricht die Schufa und kontrolliert dafür das Zahlungsverhalten von anderen – frei nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle macht‘s besser. Allerdings versteht sie dieses Prinzip offenbar als Einbahnstraße. Die Auskunftei selbst lässt sich nur bedingt in die Karten schauen.

Das Schufa-Verfahren wird vom hessischen Datenschutzbeauftragten kontrolliert, aber eben nur auf datenschutzrechtliche Aspekte. Außerdem lässt sich die Schufa die Rechenmethodik ihres Verfahrens von universitären Gutachten absegnen. Ob das so reicht, bezweifeln jedoch manche Datenschützer*innen.

Ihr Bewertungsverfahren hält die Auskunftei gegenüber externen Fachleuten und der Öffentlichkeit geheim. Forderungen aus Politik und Zivilgesellschaft nach mehr Transparenz beim Bewertungsverfahren änderten daran bisher wenig. Rechtlich darf die Schufa das auch, ihr Verfahren gilt als Geschäftsgeheimnis.

Fachleuten zufolge wäre Transparenz aber wichtig für eine gesellschaftliche Debatte über das sogenannte Scoring. Die Debatte brauche es, weil in einem Bewertungsverfahren auch Annahmen stecken, die erhebliche sozialen Folgen mit sich bringen können, argumentieren Wissenschaftler*innen.

Klar ist: Eine angemessene Kontrolle der Schufa, etwa mit Blick auf die sozialen Folgen ihres Bewertungsverfahrens, fehlt.

Video: Schufa – Datensammlerin auf Mission | Finanzschell #17

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Finanzschelle 17 Schufa: Datensammlerin auf Mission

Schufa: Finger weg von unseren Kontodaten

Aktuell plant die Schufa, Einblick in Kontoinformationen von Verbraucher*innen zu gewinnen. Das Unternehmen kann mit diesen Daten Menschen noch besser durchleuchten. Ab nächstem Jahr sollen Verbraucher*innen Kontoinformationen an die Auskunftei weitergeben können – freiwillig, wie die Schufa betont.

Wir meinen: Die Schufa sollte die Finger von unseren Bankkonten lassen!

Zum einen ist es fraglich, ob Verbraucher*innen bei der Datenweitergabe wirklich die freie Wahl haben. Wer seine Chancen auf eine Wohnung verbessern will, könnte sich letztlich gezwungen sehen, der Schufa den Einblick in Kontodaten zu gewähren – weil das die einzige Hoffnung auf eine bessere Schufa-Bewertung und damit eine Wohnung wäre. Damit gerieten de facto vor allem sehr verletzliche Personengruppen unter Druck, ihre Daten freizugeben.

Außerdem verraten Kontodaten sehr viel. Aus Sicht von Finanzwende geht es hier um sensible Informationen, nämlich die ganze Bandbreite vom Kontostand über Einnahmen bis hin zu Ausgaben der Kontoinhaber*innen, inklusive persönlicher Konsumgewohnheiten und Vorlieben. Manche Zahlungsdaten sind sogar hochsensibel. Mitgliedsbeiträge etwa ermöglichen recht leicht Rückschlüsse auf die politische Überzeugung oder Gewerkschaftszugehörigkeit der Kontoinhaber*in. Bislang scheint es unklar, ob und wie die Schufa diese hochsensiblen Informationen nutzen will.

Die Schufa bewirbt das Vorhaben als Transparenzoffensive. Aus unserer Sicht sind die Pläne ein trojanisches Pferd. Mit dem Einblick in Kontodaten wäre die Schufa als Datensammlerin mächtiger als bisher und würde noch stärker in die gesellschaftliche Teilhabe vieler Menschen eingreifen.

Die Schufa sollte die Aktion Kontoeinblick endgültig stoppen und stattdessen echte Transparenz für ihr Bewertungsverfahren schaffen! Schon einmal hat der öffentliche Druck gewirkt und die Schufa hat ähnliche Pläne verworfen. Dies gilt es nun zu wiederholen, macht deshalb mit uns gemeinsam Druck!