Eine neue Behörde gegen Finanzkriminalität?

Keine Verbesserung erkennbar - Abgeordnete müssen jetzt für ein besseres Gesetz kämpfen

06.05.2024
Video: Null Einsatz gegen Geldwäsche? Wie Christian Lindner seine Chance verspielt

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  • Ein neues Bundesamt soll dafür sorgen, dass Finanzkriminalität in Deutschland endlich effektiv bekämpft wird. Doch das im Oktober vom Kabinett beschlossene Gesetz bleibt deutlich hinter den versprochenen Reformen von Christian Lindner zurück – und auch hinter dem ersten Entwurf aus Juli 2023.
  • Daran ändert leider auch der im Mai 2024 ausgesendete Referentenentwurf für die wichtige administrative Vermögensabschöpfung nichts. Denn auch dieser Gesetzesentwurf ist enttäuschend.
  • Deutschland wird somit ein Paradies für Geldwäsche und ein sicherer Hafen für schmutziges Geld bleiben.

 „Voller Einsatz gegen Finanzkriminalität“, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium: Im Sommer 2022 kündigte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine neue Bundesoberbehörde an, die Finanzkriminalität endlich effektiv bekämpfen soll. Der Name: das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität, kurz BBF. Der Entwurf des Finanzministeriums liegt seit dem 13. September 2023 vor, am 11. Oktober wurde das sogenannte Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG) vom Bundeskabinett beschlossen. Unser Vorstand Dr. Gerhard Schick kritisiert den Entwurf – in dieser Form wird es beim Kampf gegen Finanzkriminalität nicht zu einer substanziellen Verbesserung kommen.


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Dabei stimmt die Grundidee des Gesetzes: Eine schlagkräftige Behörde auf Bundesebene, bei der Kompetenzen gebündelt werden, könnte die aktuellen Probleme bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität reduzieren. Diese Chance wird hier allerdings klar vertan.

Deshalb haben wir am 11. Oktober 2023 auch gegen das Gesetz protestiert - mit Geldscheinen und einer Wäscheleine, weil Deutschland auch mit dem neuen Gesetz noch immer ein Paradies für Geldwäsche ist. Jetzt sind die Abgeordneten im Deutschen Bundestag gefragt: Sie müssen dafür sorgen, dass der Minister seine vollmundigen Versprechen einhält!

Das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität verdient diesen Namen nicht, denn es fokussiert sich lediglich auf bestimmte Fälle der Geldwäsche und der Sanktionsumsetzung. Dabei sind vor allem die folgenden Punkte verheerend:

  1. Finanzkriminalität ist sehr viel mehr als nur Geldwäsche mit einer internationalen Dimension. Doch die Arbeit der Behörde wird sich fast ausschließlich darauf fokussieren. CumEx, CumCum, Wirecard, P&R? Das waren alles Fälle der Finanzkriminalität, die die neue Behörde nicht antasten würde.
  2. Das schärfste Schwert der Geldwäschebekämpfung ist die administrative Vermögensabschöpfung nach italienischem Vorbild. Lindner hatte angekündigt, die Täter*innen da treffen zu wollen, wo es ihnen weh tut: Beim Geld. Schon im ersten Gesetzesentwurf wurde diese Idee nur unzureichend umgesetzt, dann verschwand sie komplett und wurde nun im Mai 2024 nachgereicht. Doch der Gesetzentwurf zeigt: Wo administrative Vermögensabschöpfung draufsteht, muss keine drin sein.
  3. Eine echte Kompetenzbündelung bei der Geldwäschebekämpfung wird auch das kommende Ermittlungszentrum Geldwäsche des BBF nicht erhalten. Denn es bleibt eine zusätzliche Stelle neben den bisher bereits existierenden wie dem BKA. Es erhält, anders als angekündigt, keine Kernkompetenzen und wird noch nicht mal der erste Ansprechpartner für internationale Behörden wie Interpol, obwohl der Fokus auf internationalen Fällen liegen soll.
  4. Seit Jahren ist klar: Deutschland benötigt einen Neustart der Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor. Im Sommer 2022 hatte die internationale Anti-Geldwäsche-Organisation FATF unter anderem kritisiert, dass es der Geldwäschebekämpfung in Deutschland an Zentralisierung fehlt. Die neue Bundesoberbehörde wird an dem Flickenteppich aus 300 Aufsichtsstellen jedoch nichts ändern. Denn die Bundesoberbehörde wird diesen Flickenteppich nur koordinieren, nicht aber Kompetenzen auf Bundesebene bündeln.
Das Finanzkriminalitätsgesetz: Richtiger Ansatz - viel zu lasche Umsetzung

Administrative Vermögensabschöpfung

Wie vom Bundesfinanzministerium angekündigt, wurde Ende April 2024 der Referentenentwurf für das Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz rausgeschickt. Der Entwurf zeigt deutlich: das BMF meint es nicht ernst.

Anstatt dem BBF wirkliche Kompetenzen für eine umfassende Vermögensermittlung und wo nötig Vermögensabschöpfung zu geben, bleibt das Ermittlungszentrum Vermögensverschleierung eine Hilfs- und Zuarbeitsstelle für Staatsanwaltschaften.

Die derzeitigen strafrechtlichen Mittel zur Vermögensabschöpfung haben nicht zum Ziel geführt. Die hohen Hürden der Beweislast im Strafrecht erschweren es, Vermögen abzuschöpfen. Daran hat auch die Reform im Jahr 2017 nichts geändert. Deswegen sollte nach italienischem Vorbild zusätzlich zum strafrechtlichen Weg ein administrativer Weg etabliert werden.

Doch der Gesetzentwurf vermischt Befugnisse des Verwaltungsrechts und des Strafrechts. So wird zum Beispiel ein Schwellenwert geschaffen, ab dem Vermögen eine relevante Größenordnung für das neue Ermittlungszentrum erlangt haben. Doch im Verwaltungsrecht benötigt es keiner Schwelle, da das Opportunitätsprinzip gilt, das die Verwaltungsbehörde nicht zwingt jedem auffälligen Sachverhalt nachzugehen. Im Strafrecht gilt aber das Legalitätsprinzip, dass zuständige Behörden zwingt, jedem verdächtigen Sachverhalt nachzugehen.

Was es benötigt, ist eine wirkliche administrative Vermögensabschöpfung außerhalb des Strafrechts. Nur dann könnte das Ermittlungszentrum selbst agieren und illegal erlangte Vermögen effektiv sicherstellen. Der derzeitige Gesetzesentwurf wird nicht zum scharfen Schwert führen. Deutschland bleibt ein sicherer Hafen für schmutziges Geld.

Lesen Sie hier die Stellungnahme zum Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz vom 06. Mai 2024.

Wenn das BBF-Gesetz so durch den Bundestag geht, wäre es kein guter Tag für die Bekämpfung von Finanzkriminalität in Deutschland. Die Abgeordneten sind deshalb jetzt aufgefordert, ihrer Rolle als Gesetzgeber gerecht zu werden – und Lindners Versprechen endlich Taten folgen zu lassen.

Lesen Sie hier die Stellungnahme zum Entwurf des Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz aus September 2023.

Lesen Sie hier die Stellungnahme zum ersten Gesetzesentwurf des Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz aus dem Juli 2023.