Greenwashing-Champion DWS

Wie die vermeintlich grünen Fonds der Deutsche-Bank-Tochter im Krisenjahr 2022 beim fossilen Boom mitmischten

03.03.2023
  • Vermeintlich grüne DWS-Fonds haben im Krisenjahr 2022 Aktien fossiler Unternehmen im Wert von über 850 Millionen US-Dollar zugekauft.
  • Die DWS ist mit ihren grünen Fonds, die in Europa erhältlich sind, Spitzenreiterin bei den fossilen Aktieninvestments. Es ist nicht das erste Mal, dass die DWS in Sachen Greenwashing auffällt.
  • In ihrer Werbung suggeriert die DWS, dass man mit Investments in diese Fonds Gutes für Umwelt und Gesellschaft tun kann.

Mit den nachhaltigen Investments der DWS die Welt verbessern – dieses Bild zeichnet die Fondsgesellschaft gerne, wenn es um ihre angeblich grünen Fonds geht. Mal geht es in den Werbebotschaften darum, Gutes für Umwelt und Gesellschaft zu tun, mal können Idealist*innen angeblich ihre nachhaltigen Werte in der Geldanlage umsetzen. Und das Tolle daran ist: Neben den ganzen Wohltaten soll man von den vermeintlich grünen Fonds natürlich auch finanziell profitieren können.

Nachhaltige Geldanlage - Gutes für die Umwelt und die Gesellschaft tun und daran mitverdienen: Wer sein Geld nachhaltig investiert, kann in mehrfacher Hinsicht profitieren.
DWS-Website für nachhaltige Geldanlage, Stand 23.02.2023

Doch schon in der Vergangenheit bekam das Bild der DWS als Förderin der Nachhaltigkeit Risse. 2021 erschütterte der bisher größte Greenwashing-Skandal die Welt der grünen Geldanlagen, ausgelöst durch die Enthüllungen der Whistleblowerin Desiree Fixler. Nach einer groß angelegten Durchsuchung des DWS-Hauptsitzes in Frankfurt am Main durch 50 Beamt*innen von Staatsanwaltschaft, Polizei und Finanzaufsicht BaFin musste 2022 sogar der damalige CEO den Hut nehmen. Bisher sind die Untersuchungen nicht abgeschlossen. Der neue Chef, Stefan Hoops, erklärte im Juni 2022, Priorität habe nun, „das Vertrauen in die DWS-Plattform wieder herzustellen“. Doch das Verhalten der grünen DWS-Fonds kann kaum als vertrauensbildend bewertet werden.


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DWS: Spitzenreiterin in Sachen Greenwashing

Dies unterstreicht ein Blick in das Aktienportfolio der vermeintlich grünen Fonds der DWS. Über das Jahr 2022 hinweg hat das Management dieser DWS-Fonds Aktien fossiler Unternehmen im Wert von über 850 Millionen US-Dollar (preisbereinigt) zugekauft. Damit ist die DWS Spitzenreiterin bei den fossilen Zukäufen im Krisenjahr 2022 bei Betrachtung aller in Europa erhältlichen grünen Fonds. Am meisten zusätzliches Geld floss in Aktien der Firmen Enbridge und Shell. Aktien von Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien wurden dagegen sogar verkauft – im Wert von fast 10 Millionen US-Dollar.
 

Ende 2022 enthielten die „grünen“ Fonds der DWS damit fossile Aktien im Wert von über 5 Milliarden US-Dollar, was sich neben den Zukäufen auch durch die starken Wertsteigerungen von Energiekonzernen im Kontext der Energiekrise erklären lässt. Mit den gesamten fossilen Aktieninvestments ihrer vermeintlich grünen Fonds nimmt die DWS damit ebenfalls den unrühmlichen Platz an der Spitze der untersuchten Fondshäuser ein. Die Konzerne Total, Shell und Enbridge führen die Liste der fossilen Unternehmen, in die die DWS investiert hat, an. Da die großen Energiekonzerne im Bereich Öl und Gas sogar noch expandieren, lässt sich auch nicht argumentieren, dass die Konzerne durch die zusätzlichen Aktieninvestments bei ihrem grünen Umbau unterstützt würden.

Aktien von Firmen aus dem Sektor der erneuerbaren Energien hielten die angeblich grünen Fonds der DWS Ende 2022 dagegen nur im Wert von 194 Millionen US-Dollar. In Ölunternehmen und Co. steckt also 20-mal mehr Geld als in Solar-, Wind- und ähnlichen Firmen. Manche werden nun sagen, dass wir im Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft noch neue Öl- und Gasprojekte brauchen werden. Aus unserer Sicht sollte aber klar sein, dass sie in keiner Weise nachhaltig sind und nicht ausgerechnet grüne Fonds Geld in Öl- und Gasfirmen stecken sollten.

Insgesamt machten Ende 2022 die Aktien fossiler Konzerne 5,7 Prozent am Aktienportfolio der angeblich grünen DWS-Fonds aus (Ende 2021 lag dieser Anteil noch bei 3,2 Prozent). Dies zeigt: Auch relativ betrachtet spielen diese Investments eine relevante Rolle.[1]  Der Anteil von Firmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien beträgt nur 0,2 Prozent. Durch die zusätzlichen Investments in klimaschädliche Unternehmen stieg die CO2-Intensität der vermeintlich grünen Fonds damit zwischen Ende 2021 und Ende 2022 von 164 auf 176 Tonnen CO2 pro einer Million US-Dollar Umsatz.[2]  

Die Zahlen zeigen: Die DWS wollte 2022 vom schmutzigen Boom der fossilen Energien profitieren. Und das, obwohl sie ihren Anleger*innen nachhaltige Finanzprodukte versprochen hatte. Fossile Investments sind sicher nicht das, was viele Anlegende unter nachhaltigen Geldanlagen verstehen. Hat die DWS nichts aus dem größten Greenwashing-Skandal der Geschichte gelernt?

Was sich ändern muss

Wir fordern: Mit dem Greenwashing der DWS muss endlich Schluss sein. Grüne Fonds müssen fossile Investitionen ausschließen. Die DWS sollte alle Investitionen in Firmen mit Expansionsplänen im fossilen Bereich beenden. Nötig ist eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie, die die DWS insgesamt auf einen Pfad bringt, der mit dem Pariser Klimaabkommen und den nachhaltigen Entwicklungszielen vereinbar ist. 

Zusätzlich braucht es für den Markt für nachhaltige Geldanlagen strenge Regeln, die Greenwashing den Riegel vorschieben. Auch eine aufmerksame Finanzaufsicht BaFin, die genau hinschaut und bei Verstößen aktiv wird, ist unerlässlich.
 

Methoden und Daten

Dieser Auswertung liegen Daten zum Aktienbesitz von 2.434 aktiv gemanagten und in Europa erhältlichen Fonds aus der Datenbank Morningstar Direct zugrunde, die nach Artikel 8 oder Artikel 9 der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) als nachhaltig eingestuft sind.[3]  Wir beschränken uns bei der Auswertung auf aktiv gemanagte Fonds, da wir die Entscheidungen des Fondsmanagements zum Kauf- oder Verkauf von Aktien fossiler und erneuerbarer Unternehmen erfassen wollen, nicht aber mechanische Effekte, die gegebenenfalls durch marktbedingte Änderungen der Gewichtung bestimmter Aktien entstehen. Fonds, die keine Aktieninvestments haben, schließen wir aus der Analyse aus, da uns für Anleihen oder andere Anlagemöglichkeiten keine Informationen zu Branche und CO2-Intensität vorliegen. Ende 2022 betrug der Wert der ausgewerteten Aktienportfolios 2 Billionen US-Dollar.

Wir erfassen die Branche anhand der Industrieklassifizierung „Industry Classification Benchmark” (ICB) von FTSE. [4]  Fossile Energie ist unter dem Sektor „Non-renewable Energy“ (Nicht-erneuerbare Energie) zusammengefasst und enthält alle mit Kohle, Öl und Gas in Verbindung stehenden Aktivitäten. Erneuerbare Energien sind als Branche „Alternative Energy“ (Alternative Energien) zusammengefasst. 

Für die Zu- und Verkäufe berechnen wir die Differenz aus der Zahl der Aktien zwischen 31.12.2022 und 31.12.2021 und multiplizieren sie zur Preisbereinigung mit den Preisen vom 31.12.2021. Damit erfassen wir nur tatsächliche Zu- und Verkäufe und rechnen den Effekt heraus, der sich mechanisch durch die Kursänderung verschiedener Aktien ergibt. Diese Bereinigung führt aufgrund der Preissteigerungen fossiler Unternehmen seit Ende 2021 dazu, dass die Zuflüsse eher unter- als überschätzt werden. Die Bestandswerte der Aktienportfolios zu einem bestimmten Zeitpunkt sowie relative Anteile daraus erfassen wir jeweils zum aktuellen Kurs. 

Auch am Gesamtmarkt: Mehr Neuinvestments in fossile Firmen

Eine Studie von Finanzwende Recherche von Februar 2023 zeigt, dass das Greenwashing angeblich nachhaltiger Fonds auch am Gesamtmarkt zugenommen hat. „Grüne“ Fonds investierten zwischen Ende 2021 und März 2022 zusätzlich 940 Millionen US-Dollar in fossile Energien.[5]  Nur ein Bruchteil dieses Betrags wurde von den untersuchten Fonds in dieser Zeit in Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien investiert: 138 Millionen US-Dollar. 


Fußnoten

[1] Die DWS ist mit 88,3 Milliarden US-Dollar verwaltetem Aktienvermögen in Artikel 8 und 9 Fonds laut Morningstar Direct (Stand 31.12.2022) mit großem Abstand hinter JPMorgan (verwaltetes Aktienvermögen von 102,6 Milliarden US-Dollar) die zweitgrößte Vermögensverwalterin von Aktien in grünen Fonds in Europa. Hinter der DWS folgen BNP Paribas mit 79 Milliarden US-Dollar und Fidelity International mit 72,1 Milliarden US-Dollar. Insofern fällt die DWS auch gegenüber den großen anderen Anbieter*innen bezüglich der Aktieninvestments in fossile Unternehmen auf. So hat die DWS doppelt so viele fossile Aktieninvestments wie JPMorgan, obwohl die DWS deutlich weniger verwaltetes Aktienvermögen in 8 und 9 Fonds hält.

[2] Die CO2-Intensität ist definiert als die Menge an Emissionen (in Tonnen), die ein Unternehmen für einen Umsatz von einer Million US-Dollar ausstößt.

[3] Aufgrund eines Fehlers in der Datenbank sind keine Artikel 8 und 9 Deka Investmentfonds in der Auswertung enthalten. Allerdings steckten Ende 2021 in allen Deka Investmentfonds gerade einmal 1,2 Milliarden US-Dollar in Aktien fossiler Unternehmen. 

[4] FTSE Russell, 2019, Industry Classification Benchmark (ICB).

[5] Diese Zahl wirkt neben den zusätzlichen fossilen Investments der DWS relativ klein. Das liegt daran, dass grüne Fonds anderer Fondsgesellschaften innerhalb des betrachteten Zeitraums auch Aktien fossiler Unternehmen verkauft haben.