Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder

Die besondere Verantwortung des öffentlichen Sektors

16.05.2024
Der deutsche Wappenadler pickt in die Erdkugel. Darunter der Slogan "Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder for Future?"

Um die vereinbarten Klimaschutzziele überhaupt noch erreichen zu können, ist es entscheidend, dass jetzt etwas passiert. In aller Munde ist die Transformation der Wirtschaft, der Ausstieg aus der Kohleindustrie oder die Abkehr vom Verbrennungsmotor. Immer stärker rückt auch die Rolle der Finanzmärkte in den Fokus.

Tatsächlich sind Pensionsfonds riesige Kapitalsammelstellen. Ob diese ihre Gelder in Kohle, Gas und Öl oder in regenerative Energieträger und nachhaltige Mobilität investieren, ist entscheidend für die Frage, ob die Umstellung der Wirtschaft tatsächlich gelingt. Eine der bedeutendsten Akteurinnen im Markt ist dabei die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), die die betriebliche Altersvorsorge von mehr als fünf Millionen Angestellten des Öffentlichen Dienstes verwaltet. Dadurch kommt ihr besondere Verantwortung zu.


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Die Alibi-Nachhaltigkeitsstrategie der VBL

Die VBL verfügt über Kapitalanlagen in Höhe von circa 50 Milliarden Euro. Doch worin die VBL die ihr anvertrauten Gelder investiert, das hütet sie wie ein Staatsgeheimnis. Ein Blick in den Geschäftsbericht der VBL gibt zwar Auskunft darüber, dass Gelder zu einem geringen Anteil in Aktien-, Immobilien- und Rentenfonds investiert werden. Doch der Großteil – fast 90 Prozent des Investitionsvermögens – wird in sogenannten Mischfonds angelegt. In welche Branchen und Unternehmen aber genau investiert wird und woraus sich die Anlagestrategie der Mischfonds zusammensetzt, wird im Einzelnen nicht ausgewiesen. 

Anfang 2022 hat die VBL neue Anlagekriterien veröffentlicht. Darin erklärt sie, bis 2025 aus Unternehmen auszusteigen, die mehr als 40 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle machen. Das ist auch ein erster Erfolg unserer Kampagne. Kurz darauf hat die VBL angekündigt, diesen Grenzwert auf 25 Prozent abzusenken und die entsprechenden Kohleinvestments bis Ende 2022 zu beenden. Damit bewegt sich die VBL in die richtige Richtung und der Fall zeigt, dass unsere Arbeit zu realen Veränderungen beiträgt.

Allerdings ist die Grenze bei 25 Prozent immer noch deutlich zu hoch angesetzt. Denn damit kann die VBL an den Investments in deutsche Energieversorgungsunternehmen festhalten. RWE – größter CO2 Emittent Europas – liegt mit 23 Prozent kohlebasiertem Umsatz zum Beispiel knapp unter der neuen Grenze. Womöglich muss die VBL mit diesem Schwellenwert also gar nicht so viel an ihrem Portfolio ändern. Auch andere Investitionen in fossile Unternehmen bleiben weiter möglich. Die Erklärungen der Anlagestrategie zur Integration von ESG-Faktoren und weiteren Aspekten bleiben zudem im Vagen, sodass gar nicht erkennbar ist, ob sich jenseits der Kohle irgendetwas geändert hat.

Zu unserer ausführlichen Bewertung der neuen Anlagekriterien der VBL

Anders als bei der betrieblichen Altersvorsorge und bei staatlich geförderten Riester-Verträgen hat die VBL keine Informationspflichten bezüglich ökologischer und sozialer Belange. Sie hat auch keine Pflicht, diese Belange zu berücksichtigen. Das ist auch vor dem Hintergrund problematisch, dass es sich bei der VBL um eine Pflichtversicherung handelt, das heißt, Menschen haben keine Wahl, ob sie bei der VBL versichert sein möchten oder nicht.

Die VBL schließt bisher lediglich Produzent*innen von Waffen aus ihrem Portfolio aus, die ohnehin durch die Vereinten Nationen geächtet sind. Investitionen in Atomkraft, Rüstung oder Kinderarbeit sind also weiter nicht ausgeschlossen.

Wir fordern von der VBL, ihre Kapitalanlagen endlich transparent zu machen, verpflichtende ökologische und soziale Standards auszuarbeiten und sich aus Investitionen in fossile Energien und Atomkraft zurückzuziehen. Bei den Kohleinvestments sollten Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Prozent mit Kohle ausgeschlossen werden.

Insgesamt sollte die VBL ihr Portfolio kompatibel mit der 1,5°-Grenze des Pariser Klimaabkommens machen. Auch soziale Aspekte wie die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten oder gute Unternehmensführung, also zum Beispiel der Ausschluss von Unternehmen, die in Korruptionsfälle verwickelt sind, wären nötig.

Hier geht es zu unserer Kampagne

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Der „Engagementansatz“ der VBL

Die VBL gibt zudem an, einen sogenannten „Engagementansatz“ zu verfolgen. Allerdings wird dieser Ansatz nicht von der VBL selbst umgesetzt, sondern von einem externen Dienstleister. Das „Engagement“ des Partners besteht darin, „bei im Portfolio befindlichen Unternehmen mit kritischen Geschäftsaktivitäten den Einfluss als Aktionär zu nutzen, um diese in direktem Dialog zu einer nachhaltigen und verantwortlichen Wirtschaftsweise zu bewegen“.

Doch wofür genau der Dienstleister sich im Namen der VBL einsetzt, bleibt unklar. Die VBL berichtet nur ganz oberflächlich über darüber. Engagement mit Unternehmen ist nur wirksam, wenn Investor*innen bei ausbleibendem Erfolg auch den Schritt zum Divestment gehen. Ob die VBL je wegen mangelnder Nachhaltigkeit aus einem Unternehmen herausgegangen ist, ist unklar. Aufgrund dieser Intransparenz lässt sich nicht beurteilen, ob der Engagement-Ansatz der VBL Wirkung erzielt oder letztlich ein Feigenblatt ist.

Die Bundesregierung und Nachhaltige Finanzen

Die Bundesregierung hat sich zur Umsetzung der 1,5°C-Grenze im Paris-Klimaabkommen und zur Erreichung der Sustainable Development Goals verpflichtet. Dass dazu auch die Finanzmärkte neu ausgerichtet und öffentliche Kapitalanlagen nachhaltig angelegt werden müssen, haben die Regierungsparteien in den Koalitionsvertrag geschrieben, ebenso soll eine neue Sustainable Finance-Strategie ausgearbeitet werden.

Einfluss des Bundes und der Länder auf die VBL

Das Bundesministerium der Finanzen führt die Aufsicht über die VBL. Laut Satzung der VBL erstreckt sich die Aufsicht insbesondere darauf, „dass die Tätigkeit der Anstaltsorgane nicht gegen Gesetz oder Satzung oder die Belange der VBL verstößt“. Doch der Einfluss der Bundesregierung geht über die bloße Kontrolle deutlich hinaus: Der Bund entsendet zwei Personen in den Vorstand der Versorgungsanstalt – eine in den hauptamtlichen dreiköpfigen Vorstand und eine in den ehrenamtlichen Vorstand. Der hauptamtliche Vorstand entscheidet über die konkrete Anlagestrategie. Die Hälfte der Mitglieder des 38-köpfigen Verwaltungsrates wird vom Bundesfinanzministerium berufen. Der Verwaltungsrat hat unter anderem die Aufgabe, Richtlinien für die Vermögensanlage zu beschließen. Mit einer konkreten Richtlinie haben also Vertreter*innen von Bund und Ländern die Möglichkeit, verbindliche und wirksame Nachhaltigkeitsstandards einzufordern. Gäbe es einen politischen Willen, Gelder nachhaltiger anzulegen, wäre dies zweifelsohne umsetzbar.

Dass es auch anders geht, zeigt zum Beispiel der norwegische Pensionsfonds. Das Parlament in Oslo hat im Juni 2019 beschlossen, im Fonds befindliche Gelder in Milliardenhöhe aus Öl- und Kohleunternehmen abzuziehen und gleichzeitig 18 Milliarden Euro in erneuerbare Energien zu investieren.

Forderungen von Finanzwende

Die ökologische Finanzwende und ihre Hebelwirkung über alle Sektoren hinweg hat eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Klimawandel und für nachhaltiges Wirtschaften. Die Bundesregierung und die vom Bundesfinanzministerium beaufsichtigte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder kommen ihren ökologischen und sozialen Verpflichtungen nicht nach. Versicherte wissen nicht, in welche Geschäfte und Branchen ihre betriebliche Altersvorsorge investiert wird. Auch die Nachhaltigkeitsstrategie der VBL ist unzureichend.

Deshalb muss die VBL ihre Anlagestrategie deutlich nachschärfen. Sie muss transparent machen, wo die ihr anvertrauten Pflichtbeiträge der Versicherten hingehen. Außerdem sollte die VBL grundsätzlich nicht in fossile Unternehmen und Atomkraft investieren, ihr Portfolio a der 1,5°-Grenze ausrichten und in signifikantem Umfang in grüne Technologien und Branchen investieren.

Ein Aufruf von Mannheimer Promovierenden teilt unsere Forderungen an die VBL. Er wurde von zahlreichen Unterstützer*innen in ganz Deutschland unterzeichnet.

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