Bündnis warnt zum Tag des deutschen Familienunternehmens vor gefährlichem Lobbyeinfluss

16.06.2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

eine mächtige Lobby kämpft für den Erhalt verfassungswidriger Steuerprivilegien in Deutschland. Ein wichtiger Teil dieser Lobby ist die Stiftung Familienunternehmen und Politik. Ein Bündnis aus der Vermögendeninitiative taxmenow, dem Netzwerk Steuergerechtigkeit und der Bürgerbewegung Finanzwende hat bei einer Aktion in Berlin-Mitte mit Warnschildern auf die anhaltende Ungerechtigkeit der Steuerprivilegien für Superreiche hingewiesen. Anlass war der von der Stiftung veranstaltete „Tag des deutschen Familienunternehmens”.

„Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland erbt nicht oder nicht in nennenswertem Umfang”, sagte Julia Jirmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit bei der Aktion vor dem Hotel Adlon-Kempinski. „Gleichzeitig zahlen diejenigen, die sehr viel erben oder geschenkt bekommen, in aller Regel kaum oder gar keine Steuern darauf.“ In den vergangenen zehn Jahren seien auf Schenkungen von über 20 Millionen Euro im Schnitt weniger als ein Prozent Steuern fällig geworden, sagte Jirmann. „Mittlere Arbeitseinkommen werden hierzulande um ein Vielfaches höher belastet.” 

Grund für die ineffiziente und ungerechte Erbschaft- und Schenkungsteuer seien vor allem pauschale Ausnahmen für Unternehmensvermögen. Diese wurden von höchsten deutschen Gerichten mehrfach als verfassungswidrig eingestuft, verschiedene Reformversuche verliefen jedoch im Sande. „Auch nach der letzten Erbschaftsteuerreform von 2016 landet die mit Abstand größte Steuersubvention noch bei den reichsten Menschen des Landes”, sagte Jirmann. „Die kostet uns jährlich fünf bis zehn Milliarden Euro.”

Ein wesentlicher Grund für den Fortbestand der Steuerprivilegien ist nach Ansicht des Bündnisses die Lobby des großen Geldes. „Die Verbände und Stiftungen der sogenannten Familienunternehmen spielen eine wesentliche Rolle dabei, dass immer noch und immer wieder die Verfassung für die Interessen der reichsten Menschen in unserem Land gebrochen wird. Das darf in einer Demokratie schlicht nicht passieren”, sagte Daniel Mittler von der Bürgerbewegung Finanzwende. „Der Begriff Familienunternehmen klingt, als gehe es um die kleine Bäckerei an der Ecke – doch in Wahrheit sind hier viele der reichsten Unternehmerfamilien Deutschlands organisiert, um ihre Privilegien zu verteidigen.” 

Das zeigt laut Mittler auch die heftige Reaktion der Stiftung Familienunternehmen und Politik auf die jüngsten – und inzwischen wohl wieder kassierten Pläne – der CDU, die Erbschaftsteuerprivilegien zugunsten einer niedrigen Flat Tax abzuschaffen. „Es ist Zeit, dass wir als Gesellschaft uns nicht länger durch absurde Angstkampagnen der Lobby des großen Geldes verunsichern lassen. Gerade in Krisenzeiten muss es möglich sein, Steuerprivilegien für Superreiche zu beenden“, sagte Mittler.

Zentrales Argument der Familienunternehmer ist, dass eine Abschaffung der Steuerprivilegien Arbeitsplätze gefährden würde. Nach Angaben des Bündnisses ist es tatsächlich aber sogar umgekehrt. Das zeigen auch mehrere Studien, unter anderem von der OECD und vom Wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums. „Die sogenannten Familienunternehmer verteidigen ihre Privilegien mit vorgeschobenen Argumenten und drohen mit Wohlstandsverlust”, sagt Yannick Haan von taxmenow. „Tatsächlich geht es aber schlicht darum, dass hier einige sehr vermögende Menschen keine Lust haben, ihren fairen Anteil zu leisten.” Die Mitglieder von taxmenow sind selbst Wohlhabende, die sich für eine höhere Besteuerung großer Vermögen einsetzen. 

Eine gemeinsame Unterschriftenaktion des Bündnisses zum Thema haben bereits mehr als 26.000 Menschen unterzeichnet. Weitere Hintergründe zur Erbschaftssteuer finden Sie hier.