Standpunkt: Davos – Vertrauen wieder herstellen heißt Lobbymacht kippen

16.01.2024
Daniel Mittler

Daniel Mittler ist seit April 2021 Geschäftsführer der Bürgerbewegung Finanzwende e.V. Zuvor war er elf Jahre lang der Politische Direktor von Greenpeace International.

Die Ampel kann neues Vertrauen schaffen, wenn sie die Lobby des großen Geldes in die Schranken weist und endlich eine verfassungskonforme Erbschaftsteuerreform umsetzt.

Das World Economic Forum 2024 in Davos steht unter dem Motto: Vertrauen wieder herstellen. Die Organisator*innen des Treffens meinen damit das Vertrauen in die Zukunft. Weltweit leiden demokratische Regierungen und Institutionen unter Vertrauensverlust – auch die Ampel in Deutschland hat derzeit mit heftigem Gegenwind aus verschiedenen Richtungen zu kämpfen.

Doch Vertrauen in Politik und Demokratie lässt sich wiederherstellen. Dafür muss die Regierung gestalten und Probleme lösen. Sie darf nicht als verlängerter Arm der Lobby des großen Geldes wahrgenommen werden. Deswegen braucht es jetzt neue Impulse für mehr demokratische Kontrolle von Lobbyismus und eine verfassungskonforme Erbschaftsteuerreform.

Das Ungleichgewicht von Lobbymacht in unserem Land gefährdet die Demokratie.

Das Ungleichgewicht von Lobbymacht in unserem Land gefährdet die Demokratie. Zu oft erscheint Politik getrieben von einer übermächtigen Finanzlobby – der stärksten Lobby unter den Top-Einträgen im Lobbyregister des Deutschen Bundestages. Deswegen ist es fundamental, dass die Ampel Lobbyismus noch stärker unter demokratische Kontrolle stellt. Die Reform des Lobbyregisters war dabei ein Schritt in die richtige Richtung. Doch auch der im Koalitionsvertrag versprochene legislative Fußabdruck muss dieses Jahr noch umgesetzt werden.

Vertrauen in Demokratien wird weltweit auch durch wachsende Ungleichheit untergraben. Auch und gerade in Deutschland – ein Niedrigsteuerland für Vermögende, in dem 24 Haushalte mehr besitzen als über 40 Millionen Mitbürger*innen. Gleichzeitig geht die höchste Steuersubvention in unserem Land ausgerechnet an die reichsten Menschen – also auch genau an diejenigen, die jetzt in Davos versuchen, das Vertrauen in die Zukunft wiederherzustellen.

Gleichzeitig geht die höchste Steuersubvention in unserem Land ausgerechnet an die reichsten Menschen – also genau an diejenigen, die jetzt in Davos versuchen, das Vertrauen in die Zukunft wiederherzustellen.

Wie das möglich ist? Durch vielfältige Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer. Die Lobby des großen Geldes hat es geschafft, dass Superreiche Sonderprivilegien genießen – obwohl die höchsten Gerichte Deutschlands diese wiederholt als verfassungswidrig eingestuft haben! Ein Skandal, der das Vertrauen in den Rechtsstaat vor allem untergräbt, wenn gleichzeitig mit dem Verweis auf die Verfassung wichtige Investitionen – zum Beispiel in Forschung oder Klimaschutz – gekürzt werden.

Wer Vertrauen in die Fähigkeit der Politik, Probleme für Bürger*innen zu lösen und Zukunft zu gestalten, schaffen will, muss 2024 eine verfassungskonforme Reform der Erbschaftssteuer angehen. Gerade nach dem Verfassungsgerichtsurteil zur Schuldenbremse wäre dies ein starkes und notwendiges Signal. Damit das gelingen kann, werden wir Bürgerinnen und Bürger den Druck auf die Ampel weiter erhöhen müssen. Um unsere Demokratie zu verteidigen, müssen wir 2024 gemeinsam dafür einstehen, Steuerprivilegien für Superreiche zu kippen!