Standpunkt: Deutsche Bank braucht Stabilität statt hoher Boni

07.06.2023
Michael Peters

Michael Peters leitet bei Finanzwende den Bereich Finanzsystem und Realwirtschaft. Er hat Volkswirtschaft mit Schwerpunkt Makroökonomie und Finanzpolitik studiert. Danach hat er an der Schnittstelle von Digitalisierung, Transparenz und öffentlichen Finanzen gearbeitet.  

Ohne ausreichende Kapitalpuffer sind Banken krisenanfällig. Doch statt die Puffer deutlich zu erhöhen, schüttet die Deutsche Bank Boni in Milliardenhöhe aus. Damit muss Schluss sein!

Jüngst strauchelten in der Schweiz und den USA wieder Banken – und wieder mussten sie vom Staat gerettet werden. Das liegt auch daran, dass die zentrale Lehre aus der Bankenkrise ab 2007 nicht gezogen wurde: Banken müssen stabiler werden, damit im Zweifelsfall nicht die Allgemeinheit für ihre risikoreichen Geschäfte einstehen muss. 

Wesentlich dafür ist, dass die Banken mit mehr eigenem Geld agieren. Expert*innen halten eine deutlich höhere Eigenkapitalquote für notwendig. Finanzwende fordert: mindestens 10 Prozent. Davon sind die deutschen Großbanken allerdings weit entfernt, auch fast 15 Jahre nach der Lehman-Brothers-Pleite. Die Deutsche Bank zum Beispiel finanziert ihre Geschäfte zu nicht einmal 5 Prozent mit eigenem Kapital. Statt der mindestens erforderlichen 124 Milliarden Euro hat sie also nur 56,6 Milliarden Euro Eigenkapital. Für einen echten Krisenfall reicht das wohl kaum.

Die Deutsche Bank zum Beispiel finanziert ihre Geschäfte zu nicht einmal fünf Prozent mit eigenem Kapital.

Oft heißt es, den Banken gehe es nicht so gut – das Geld für eine höhere Eigenkapitalquote sei einfach nicht da. In Wahrheit hätte die Bank leicht besser vorsorgen können. Doch offenbar ist immer noch nicht angekommen, wie brenzlig die Lage ist. Selbst als die Bank jahrelang Verluste beklagte, zahlte sie weiter Boni an ihre Mitarbeitenden aus – oft in Milliardenhöhe. Insgesamt kamen so in den vergangenen zehn Jahren mehr als 23,5 Milliarden Euro Boni zusammen – mehr als das Dreifache des ausgewiesenen Gesamtprofits von rund 7,59 Milliarden Euro! Dies hat eine Auswertung von Finanzwende ergeben (Download Datensatz).

Hätte die Bank dieses Geld nicht in Form von Extraauszahlungen an Vorstand und Mitarbeitende ausgeschüttet, sondern damit das Eigenkapital erhöht, hätte sie heute (ohne Beachtung von Steuereffekten) eine rund 42 Prozent höhere Eigenkapitalquote. Bei internationalen Bankenturbulenzen wie der Credit-Suisse-Krise müsste sie dann nicht mehr so bangen wie zuletzt. Und Bundeskanzler Olaf Scholz müsste nicht seine Stimme erheben, um die Finanzmärkte hinsichtlich der Lage des Finanzinstituts zu beruhigen.

Der Fall Deutsche Bank zeigt: An den Geschäftspraktiken der Banken hat sich seit 2008 zu wenig geändert. Eindrucksvoll sind vor allem die Boni der wichtigsten Entscheidungsträger*innen (sogenannte Risikotragende) des Finanzinstitut (2013: 1.295 Personen / 2016: 3.047 Personen / 2022: 1.224 Personen). Sie erhielten in den vergangenen zehn Jahren neben ihrem regulären Gehalt durchschnittlich rund 581.000 Euro pro Jahr.

An den Geschäftspraktiken der Banken hat sich seit 2008 zu wenig geändert.

Es läuft also im Zweifel immer noch so wie vor dem großen Crash 2008: Boni werden ausgezahlt, oft egal, ob es Gewinn oder Verlust gibt – und ungeachtet dessen, ob eine Bank stabil ist. Kein Wunder, wenn es dann auch in Deutschland irgendwann wieder heißt: Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert.

Da viele Finanzinstitute offenkundig nichts ändern, braucht es eine gesetzliche Bonusbremse, die Deutsche Bank und Co. zu ökonomisch vernünftigem Handeln zwingt. Banken sollten keine Boni auszahlen dürfen, solange sie nicht stabil finanziert sind. 10 Prozent Eigenkapital ist das Minimum dafür.