MLP: Viel Nebel, wenig Kerzen 07.03.2022 Vom zentralen Geschäftszweck von MLP, dem Verkauf von Finanzprodukten, ist öffentlich selten die Rede. In der Öffentlichkeit geht es eher um Beratung als Profession. Auch bei anderen Themen lohnt es, darauf zu achten, ob MLP sprachlich mit Nebelkerzen wirft. Finanzwende analysiert drei typische MLP Nebelkerzen. Manchmal ist der Weg des Geldes nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Im Finanzvertrieb läuft es so: Verkäufer*innen vermitteln Fonds und Versicherungen an Kund*innen und erhalten von den Produktanbieter*innen dafür eine Provision. Die Anbieter*innen holen sich diese Ausgaben natürlich von den Kund*innen zurück – teils einmalig, teils peu à peu über Gebühren. Es ist ein Dreiecksverhältnis. So funktioniert in der Regel auch das Geschäft der MLP Finanzberatung, einem der großen Finanzvertriebe in Deutschland. Die Vermittler*innen– die sich bei MLP Berater*innen nennen – werden von den Anbieter*innen bezahlt. Sie sind selbstständige Handelsvertreter*innen und verdienen vor allem am Verkauf. Das System hinter dem Geschäft – der provisionsbasierte Finanzvertrieb – steht bei Verbraucherschützer*innen schon lange in der Kritik: Zum einen, weil der Verkaufsdruck auf die Vermittler*innen dazu führen kann, dass diese Verbraucher*innen nicht das bestgeeignete Produkt andienen, sondern eines, an dem sie gut verdienen. Zum anderen, weil sich dieser Interessenkonflikt nicht auflösen lässt: Hier die Produktanbieter*innen, die Vertriebe fürs Verkaufen bezahlen, und dort die Kund*innen, die guten Rat brauchen – mitunter aber gar kein Produkt. MLP tut viel, um solcherart Kritik zu zerstreuen. Vom eigentlichen Geschäftszweck, dem Verkauf von Finanzprodukten, ist öffentlich dann auch selten die Rede. In Gastbeiträgen räsoniert MLP-Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg lieber über Beratung als Profession, Empathie und das Ziel, die Kund*innen in Finanzfragen entscheidungsfähig zu machen. Beratung als Profession – das klingt doch viel besser als Verkauf gegen Provision. Auch bei anderen Themen lohnt es, darauf zu achten, ob MLP sprachlich mit Nebelkerzen wirft. Natürlich ist immer etwas dran an den Aussagen, manches auch Ansichtssache – doch was bei Kund*innen zählt, ist der erste Eindruck. Und hier weiß MLP zu punkten. So wird der Wunsch der Vertriebsleute, neue Kontakte anzubahnen und Adressen zu sammeln, zum Beispiel verkleidet als kostenloses Bewerbungstraining für Studierende. Mitunter werden bei den Verbraucher*innen aber auch hohe Erwartungen geweckt, die bei genauem Hinschauen so nicht immer zu halten sind. Finanzwende analysiert drei typische MLP Nebelkerzen: Nebelkerze 1: Flexibilität bei Berufsunfähigkeitsschutz plus Rürup-Rente MLP verkauft Studierenden, die einen Schutz bei Berufsunfähigkeit wünschen, sehr häufig eine Kombination aus Rürup-Rente und Berufsunfähigkeitsschutz (BU). Die Vertriebsleute locken mit Steuervorteilen – und verkaufen statt einem gleich zwei Verträge. Das Vertragspaket ist für junge Leute jedoch extrem unflexibel und steht bei Verbraucherschützer*innen massiv in der Kritik. Deren Rat: Man bleibt flexibler, wenn man Vorsorge (Rürup-Rente) und Risikoschutz (BU) von vornherein trennt. Dieser Grundsatz gilt umso mehr, als sich der wichtige BU-Schutz – je nach Tarif – später teils nur mühsam oder gar nicht aus dem Paket herauslösen lässt. MLP-Vorstand Uwe Schroeder-Wildberg hielt in Sachen Flexibilität im vergangenen Jahr dagegen: „Uns ist wichtig zu betonen: Die von uns vermittelten Produkte sind entkoppelbar.“ Klingt ganz einfach. Aber ist es das auch? Wohl nicht, denn bei älteren Verträgen ist diese Möglichkeit häufig gar nicht vorgesehen. Und auch bei Abschlüssen neueren Datums läuft es nicht immer rund, wenn die Rürup-Rente auf Eis gelegt werden soll. Mal stellt sich die Versciherung quer, mal erweisen sich die Konditionen als nachteilig. Das zeigen jedenfalls Erfahrungen von Studierenden, die von MLP vermittelte Verträge entkoppeln wollten. Einer von ihnen schrieb Finanzwende:Ich habe (dummerweise) einen Vertrag, bei dem das nicht der Fall ist.Nachdem er sich von MLP losgeeist habe, sei es ihm nicht gelungen seinen BU-Schutz in einen eigenständigen Vertrag zu überführen – trotz der Unterstützung durch einen unabhängigen Berater. Eine Münchnerin erhielt vom Versicherer die Auskunft, sie müsse erst einmal die Startphase abwarten – also noch gut ein Jahr in einen Rürup-Vertrag einzahlen, den sie eigentlich stilllegen will. Auch wenn die Entkoppelung des Vertragspaketes klappt, ist das für Versicherte häufig mit Nachteilen verbunden. Dazu gehören zum Beispiel erneute Abschlusskosten. Und auch das Sparkapital, das noch im Rürup-Vertrag steckt, ist für Kund*innen bis zur Rente nicht verfügbar. Als Flexibilität lassen sich solche Konditionen schwerlich verkaufen. Sie sind eher ein Notausgang, bisweilen ein mühsamer. Wer von vornherein einen selbstständigen BU-Schutz abschließt, kann derlei auf derlei Verrenkungen oder Ausgaben verzichten. Nebelkerze 2: Keine Unterschiede bei Provisionen Zu den möglichen Fehlanreizen im Finanzvertrieb gehört es, dass Produktanbietende mitunter erhöhte Provisionen ausloben, wenn sie den Verkauf ankurbeln wollen. Klar: mehr Geld für die Verkäufer*innen = mehr Motivation. MLP-Vorstand Oliver Liebermann trat diesem Eindruck in einem Fachblatt entgegen: „Es macht für unseren Berater keinen Unterschied, ob er Angebote von Gesellschaft A, B oder C vermittelt, da die Provision im Grunde immer gleich ausfällt.“ Das klingt so, als könnten unterschiedliche Provisionsanreize das Beratungsergebnis kaum beeinflussen. Es gibt ja immer gleich viel – ob nun Gesellschaft A oder B verkauft wird. Die kleine Einschränkung in dem Satz wird gern überlesen: „im Grunde“. Was stimmt: Die MLP-Vertriebsleute erhalten üblicherweise einen fixen Provisionssatz unabhängig vom anbietenden Unternehmen. Für Rürup-Renten könnten das zum Beispiel 2,5 Prozent sein. Im Grunde. Die zentrale Frage ist: 2,5 Prozent von was? Also: Wie groß ist der Kuchen, von dem der 2,5-Prozent-Anteil der Vermittelnden bemessen wird. Warum das wichtig ist? Das zeigt ein Vergleich von der Kuchentheke: Ein Stück von einer Bauerntorte mit 40 Zentimetern Durchmesser macht schließlich sehr viel mehr her als ein gleich großer Anteil von einem Single-Kuchen. Es kommt also auch auf den Basiswert an, auf den sich die Provision bezieht. Und da gibt es, wenn man MLP-Expert*innen glauben darf, durchaus Unterschiede. Auf den Basiswert wirken für gewöhnlich verschiedene Faktoren. Einer davon kann die Vertragslaufzeit sein: So erkennt Gesellschaft A unter Umständen als Berechnungsgrundlage für Provision alle künftigen Beitragszahlungen über 45 Jahre an, Konkurrentin B aber maximal 35 Jahre. Wie sich das bei einem Provisionssatz von 2,5 Prozent für Vertriebler*innen auswirkt, zeigt ein Beispiel: Bei einem Vertrag mit 150 Euro Monatsbeitrag bleiben entweder 2025 Euro an Abschlussprovision bei den Vermitelnden hängen (Gesellschaft A) oder eben nur 1575 Euro (Gesellschaft B). Das ist ein spürbarer Unterschied. Zwar nutzen MLP-Vermittler*innen in der Regel ein hauseigenes Vergleichsprogramm, das Tarifempfehlungen auswirft. Ihnen bleibt aber Entscheidungsspielraum bei der Auswahl. Ganz und gar lassen sich mögliche Fehlanreize also nicht wegdiskutieren. Nebelkerze 3: Provisionen? Werden an Kund*innen durchgereicht! Das Thema Provisionen ist für Finanzdienstleistende immer ein bisschen heikel. Die Anbietenden wollen natürlich verkaufen und ihre Vertriebsleute ordentlich verdienen. Die Kund*innen hingegen wollen möglichst wenig zahlen – und Provisionen haben keinen guten Ruf. Der Finanzvertrieb MLP hat beim Vermögensmanagement daher schon vor Jahren ein neues Label gesucht. So pries MLP-Vorstand Manfred Bauer schon vor Jahren das hauseigene Preismodell: Damit sei man de facto beim Thema Honorarberatung ein Vorreiter. Man verlange jährlich bis zu 1,2 Prozent des verwalteten Vermögens – und schütte im Gegenzug „sämtliche Provisionen an den Kunden aus“. Wirklich alle? Nun ja, vielleicht nicht ganz. Denn tatsächlich geht es nur um laufende Vergütungen, wie die MLP-Website aktuell auch ausweist. Hinzu kommt anfangs häufig aber noch ein Ausgabeaufschlag. Er kann fünf Prozent vom Anlagebetrag ausmachen. Diese Abschlussprovision ist eine wichtige Einnahmequelle für Vermittelnde – und die Ursache möglicher Interessenkonflikte. Unabhängige Honorar-Anlageberater*innen dürfen genau deshalb keine Provisionen vereinnahmen. Es bleibt fraglich, wie viel Honorarberatung in einem Kostenmodell stecken kann, in dem regelmäßig Vertriebsprovisionen fließen. Vermutlich wenig. Ach ja, und noch was: Die jährliche Gebühr von bis zu 1,2 Prozent, die MLP ins Schaufenster stellt, sieht auch ein bisschen besser aus als sie ist. Sie versteht sich nämlich exklusive Mehrwertsteuer. So handhaben es auch andere, kundenfreundlich ist das aber nicht. Alles in allem sind also gut 1,4 Prozent fällig. Jedenfalls für Anlagen unterhalb 250.000 Euro. Üblich sind da eher 1,0 bis 1,2 Prozent. Ein Schnäppchen ist das Preismodell von MLP also nicht per se. Wie gut Kund*innen damit fahren, kommt auf den Einzelfall an. Wenn Fonds später Provisionen rückvergüten, wird es nach dem MLP-Modell billiger. Gegenläufig können aber zusätzliche Posten wie erfolgsabhängige Vergütungen wirken. Das Ergebnis unterm Strich ist also zu prüfen. Und zu guter Letzt: Wer von vornherein kostenbewusst in ETFs investiert – mit laufenden Gebühren um 0,2 bis 0,4 Prozent – zahlt im Vergleich bei MLP relativ viel. Es bleibt dabei: Wer die Kosten überblicken und im Griff halten will, muss schon selber rechnen.