Interview mit Finanzwende-Fellow Karoline Linnert

Karoline Linnert
14.02.2022
Karoline Linnert

Karoline Linnert studierte Psychologie in Bielefeld und Bremen. Für die Grünen war sie als Fraktionsvorsitzende in der Bremischen Bürgerschaft mit den Schwerpunkten Gesundheitspolitik, Sozialpolitik und Finanzpolitik tätig. Von 2007 bis 2019 war Karoline Linnert Senatorin für Finanzen und Kommissarin für den Datenschutz der Freien Hansestadt Bremen. Seit Ende 2021 engagiert sie sich als Fellow für die Bürgerbewegung Finanzwende.

1 | Welcher Themenbereich am Finanzmarkt liegt Ihnen besonders am Herzen?

Mein Schwerpunkt liegt auf dem Thema Steuern. Ich setze mich für ein gerechtes Steuersystem ein und bemühe mich darum, dass sogenannte „Steuerschlupflöcher“ geschlossen werden. Außerdem liegt es mir am Herzen, dass Banktätigkeiten einer ausreichenden Kontrolle unterliegen.

Zudem bin ich gegen eine steigende Staatsverschuldung, die aus nicht erhobenen Steuern resultiert und zukünftigen Generationen Handlungsspielräume nimmt. Ich befürworte eine nachhaltige Finanzpolitik, die mit Geld verantwortungsvoll handelt, um keinen Scherbenhaufen zu hinterlassen.

2 | Was ist Ihr Spezialgebiet? 

Als ehemalige Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen kenne ich mich besonders gut mit dem Thema Steuervollzug aus. Dabei ist es mir wichtig, die Glaubwürdigkeit des Staates zu bewahren und sicherzustellen, dass geltende Gesetze auch von allen eingehalten werden. Ich setze mich zudem für soziale Gerechtigkeit ein: Die Schere zwischen arm und reich darf nicht immer größer werden, ganz im Gegenteil. Doch viel zu oft trägt auch die Finanzbranche dazu bei, dass reiche Menschen – teils sogar mit illegalen Geschäften – immer reicher werden und arme Menschen immer ärmer (siehe Themen wie überhöhte Dispozinsen etc.).

3 | Warum engagieren Sie sich mit diesem Expertenwissen bei Finanzwende?

Von meinem Engagement bei der Bürgerbewegung Finanzwende verspreche ist mir, dass ich auch in Zukunft dazu beitragen kann, soziale Gerechtigkeit und einen ordentlichen Steuervollzug zu befördern.

4 | Zum Schluss noch ein kurzer Blick in die Zukunft: Wie sieht der Finanzmarkt nach einer erfolgreichen Finanzwende aus?

Für mich resultiert eine erfolgreiche Finanzwende in einem gerechten Steuersystem. Menschen, die am Existenzminimum leben, werden über die Lohnsteuer und eine geringere Mehrwertsteuer entlastet. Im Gegenzug dazu gibt es keine Steuerprivilegien für Superreiche mehr und es wurde eine Vermögenssteuer eingeführt. Eine Reform der Erbschaftsteuer hin zu einer wirksamen Erbschaftsteuer hat dazu geführt, dass sehr große Erbschaften endlich in ausreichendem Maß besteuert werden.

Nach einer erfolgreichen Finanzwende gibt es in meiner Vorstellung ein Steuerrecht, das Firmen ohne nationale Gebundenheit besteuert und die Konzerne dazu bringt, sich über Steuern an der Finanzierung des Gemeinwesens zu beteiligen. Um das zu erreichen, hat sich die Weltgemeinschaft dazu entschlossen, Gewinne aus internationalen beziehungsweise national ungebundenen Tätigkeiten zu besteuern.

All diese Maßnahmen im Steuerrecht haben gleichzeitig dazu geführt, dass die Staatsverschuldung nicht aus dem Ruder gelaufen ist und künftigen Generationen mehr Handlungsspielraum gegeben wird.