Standpunkt: Bloß kein Riester 2.0!

16.05.2023
Britta Langenberg

Britta Langenberg ist Versicherungsexpertin bei Finanzwende und betreut den Bereich Verbraucherschutz sowie Versicherungs- und Vorsorgethemen. Sie ist gelernte Wirtschaftsjournalistin und hat lange für renommierte Magazine gearbeitet, etwa für Finanztest (Stiftung Warentest) und Capital. 

Die Riester-Rente ist unreformierbar, ein neuer Name ändert daran nichts. Der Spuk muss jetzt endlich aufhören.

Wenn es eine Branche gibt, die durch ausdauernde Dickfelligkeit auffällt, sind die Versicherer an erster Stelle zu nennen. Ihrer Lobbyarbeit ist es geschuldet, dass in Berlin immer noch über die gescheiterte Riester-Rente geredet wird – aktuell zum Beispiel in der Fokusgruppe Altersvorsorge. 

Dabei ist das Riester-Modell, das die Anbieter*innen so dringend erhalten wollen, nur mehr ein Spuk – eine Art ruheloser Wiedergänger.

Unverdrossen präsentieren die Versicherer ihre Vorschläge von vorgestern – gerade so, als ließe sich mit gut abgehangenen Ideen die Zukunft erobern, wenn nur ein neues Label draufklebt. Das jüngste Beispiel ist die Riester-Rente 2.0 (laut Versicherern: „Bürgerrente“).

Ein neuer Name, abgesenkte Garantien und viel mehr Fördergeld – so stellt sich der Verband der Versicherer die Zukunft der geförderten Zusatzvorsorge vor. Es gehe einfacher und renditestärker als bisher, warb ihr Frontmann, Norbert Rollinger, unlängst.

Apropos Rendite: Was wollen die Versicherer eigentlich dafür tun?   

Das Kernproblem der Kund*innen – die hohen Produktkosten – wird erst gar nicht erwähnt. Nahezu jeder vierte Euro der eingezahlten Beiträge geht bei durchschnittlichen Riester-Versicherungen für die Kosten drauf, ergab eine Studie von Finanzwende schon vor Jahren. Den Kund*innen schaden hohe Kosten, denn dieser Teil ihres Beitrags landet bei den Anbieter*innen. Für ihre Altersvorsorge ist er verloren.

Mit dem Geld aus den Gebühren haben die Versicherer mehr als 20 Jahre lang ihre überdimensionierten Vertriebe durchgefüttert, rund 190.000 Vermittler*innen gibt es deutschlandweit – und damit fast dreimal so viele wie Apotheker*innen.

Wenn es um die Kosten geht, blicken die Versicherer konsequent zur Seite. So als ginge sie das alles nichts an, als wären sie bloß Opfer der Umstände: der Bürokratie, der niedrigen Zinsen und so weiter. Dabei haben die Unternehmen seit dem Riester-Start im Jahr 2002 kaum an ihren Kosten gearbeitet. Und nun verlangen sie noch mehr Fördergeld. Wirklich?

Die Versicherer hatten Zeit genug, zu beweisen, dass sie verantwortlich mit der Altersvorsorge ihrer Kund*innen umgehen. Nötig fanden sie das offenbar nicht. Stattdessen machten sie mit hohen Gebühren und unfairen Klauseln von sich reden. Kurzum: Die Branche hat ihre Chance vertan, bei den Kosten lässt sie nicht einmal Einsicht erkennen. Das ist ignorant, weil es die Bedürfnisse der Sparenden konsequent verkennt. 

Schon deshalb sollte sich die Politik nicht von einer neuen und glänzenden Verpackung blenden lassen. 

Um das Vorsorgeproblem der Bürger*innen anzugehen, hilft es wenig, noch mehr Steuergeld in denselben Topf werfen. Was es braucht, ist ein Systemwechsel: ein kostengünstiges, einfaches und öffentlich organisiertes Vorsorgeprodukt für alle. Dann kommt auch das Vertrauen in die private Altersvorsorge zurück.