Standpunkt: Gesetzliche Rente nicht an Finanzmärkte bringen!

30.01.2023
Michael Peters

Michael Peters leitet bei Finanzwende den Bereich Finanzsystem und Realwirtschaft. Er hat Volkswirtschaft mit Schwerpunkt Makroökonomie und Finanzpolitik studiert. Danach hat er an der Schnittstelle von Digitalisierung, Transparenz und öffentlichen Finanzen gearbeitet.  

Die Aktienrente von Christian Lindner ist keine gute Idee und in der Umsetzung schwach. Unsere gesetzliche Rente hat an den Aktienmärkten nichts verloren.

Christian Lindner meint, mit der Aktienrente ließe sich die gesetzliche Rente stabilisieren. Dabei zeigen uns die Finanzmärkte regelmäßig: Stabilität sieht anders aus. Mit der gesetzlichen Rente sollte nicht an den Finanzmärkten spekuliert werden.

Im Bundeshaushalt 2023 sind zehn Milliarden Euro für die Aktienrente vorgesehen. Dem Vorschlag zufolge soll die Bundesregierung dieses Geld als zusätzliche Schulden aufnehmen, damit eine staatliche Behörde durch Aktien- und Anleihenkäufe versucht, dieses Geld zu vermehren. Dadurch soll ein kleiner Teil der gesetzlichen Rente nicht mehr ausschließlich durch umgelegte Beiträge finanziert, sondern aus Erträgen an den Finanzmärkten stammen. Der Gedanke dahinter: Eine Aktienrente könne das demografische Problem einer älter werdenden Bevölkerung bei gleichzeitigem Geburtenrückgang lösen. Praktisch geht die Gleichung aber nur unter Umständen auf.

Denn logischerweise funktioniert das Ganze nur dann, wenn die Investments mehr Gewinne einbringen, als die Schuldenaufnahme den Staat kostet. Blickt man auf die Instabilität der Finanzmärkte, wird klar: Das ist nicht mehr als eine spekulative Wette, auch wenn sich die eine oder andere Schwankung über die Jahre ausgleicht. Für eine garantierte Grundversorgung im Alter durch die gesetzliche Altersvorsorge braucht es dagegen ein sehr stabiles System.

Für eine garantierte Grundversorgung im Alter durch die gesetzliche Altersvorsorge braucht es ein sehr stabiles System.

Auch ein Blick nach Großbritannien zeigt: Lindners Vorschlag basiert auf einem extrem instabilen System. Als die Regierung unter Liz Truss letzten Herbst die Anleihemärkte ins Chaos stürzte, drohten die Pensionsfonds ebenfalls extrem abzurutschen. Nur eine milliardenschwere Intervention der Britischen Zentralbank konnte die Krise stoppen.  

Statt mit Milliarden Steuergeldern an der Börse zu zocken und jetzt schon eine Aufstockung zu fordern, sollte sich Finanzminister Lindner mit seinem Ministerkollegen Habeck lieber Gedanken machen, wie die produktiven Investitionen zu steigern sind. So ließe sich die Lücke im Rentensystem zumindest teilweise reduzieren. Ein positiver Nebeneffekt hiervon: höhere Löhne und mehr Beschäftigung. Und je weniger Menschen im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, desto mehr zahlen in die gesetzliche Rente ein – was wiederum das Rentensystem stabilisiert.

Die gesetzliche Rente darf nicht an die Finanzmärkte, sonst muss der Staat im Notfall immer wieder für die Spekulationsverluste mit Milliarden geradestehen.

Die gesetzliche Rente darf nicht an die Finanzmärkte, sonst muss der Staat im Notfall immer wieder für die Spekulationsverluste mit Milliarden geradestehen. Stattdessen sollte die gesetzliche Rente weiterhin den stabilen Grundpfeiler der Altersvorsorge bilden. Anlagemodelle gehören in die zusätzliche private Altersvorsorge (unsere Forderungen in diesem Bereich).