Ungleiches Terrain

Eine Studie zu Größe und Einfluss der Finanzlobby in Deutschland

09.12.2020
  • Erstmalige Studie zum Budget der deutschen Finanzlobby: 200 Millionen Euro
  • Mindestens 1.500 Menschen arbeiten für Verbände und Unternehmen der Finanzlobby
  • Gerade in der frühen Phase der Gesetzgebung sind Branchenverbände besonders stark

***Den Lobbyreport finden Sie in voller Länge hier. Den Datensatz zum Lobbyreport stellen wir gern auf Anfrage zur Verfügung.***

Der zerstörerische Einfluss der Finanzmärkte wurde im Jahr 2008 offensichtlich, als fehlende Regulierung und eine gefährliche Machtkonzentration im Finanzsektor eine weltweite Rezession auslösten. Diese Ereignisse hätten eigentlich deutlich machen sollen, wie dringend notwendig strengere Regeln für globale Finanzmärkte sind. Die Skandale um den Steuerraub CumEx und den Zahlungsdienstleister Wirecard sind weitere Indizien dafür, dass viele Bereiche der Finanzmarktregulierung weiterhin Lücken aufweisen. 

Doch Reformen haben sich als schwierig erwiesen, nicht zuletzt aufgrund erfolgreicher Interventionen der Finanzlobby in der Europäischen Union und in Deutschland. Ihre Stärke bei der Abwehr missliebiger Reformen war ausschlaggebend für die Verwässerung und teilweise Blockade wichtiger Regulierungsvorhaben. Trotzdem fehlten bislang Zahlen und Fakten zu Einfluss und Größe dieser Lobby in Deutschland. 

Finanzwende hat diese Wissenslücke zum Anlass genommen, um Einfluss und Stärke der Finanzlobby in Deutschland zu vermessen.

Mehr Geld, mehr Einfluss: Es herrscht ein gefährliches Ungleichgewicht

Unsere Studie zeigt, dass die Finanzlobby über enorme Ressourcen verfügt und einen privilegierten Zugang zu Entscheidungsträger*innen genießt. Insgesamt gibt die Finanzindustrie unseren Schätzungen nach mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr für die Lobbyarbeit in Deutschland aus und beschäftigt mehr als 1.500 Mitarbeitende. Vergleichen wir diese mit den Abgeordneten im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags (derzeit 41), der neben Steuerthemen auch für den Bereich Finanzmarkt zuständig ist, dann stehen rechnerisch jeder*m Abgeordneten etwa 36 Mitarbeiter*innen der Finanzlobby gegenüber. Knapp 290 verschiedene Organisationen aus Finanzlobby und erweiterter Finanzlobby haben die deutsche Politik in den Jahren 2014-2020 zu beeinflussen versucht. 

Neben den Personal- und Budgetschätzungen ist der konkrete Einfluss auf die Politik eine weitere Säule unserer Untersuchung. Für unsere Studie haben wir deshalb die Einflussnahme auf Parlaments- und Regierungsarbeit analysiert. So können wir für 34 Sitzungen des Bundestags-Finanzausschusses (2014-2020) sowie für 33 Referentenentwürfe mit Finanzmarktbezug (2014-2020) einzeln zeigen, welche Verbände und Unternehmen Kommentare und Stellungnahmen abgegeben haben. Wir haben mehr als 500 Kommentare zu Referentenentwürfen und mehr als 500 Einladungen bei Ausschusssitzungen gesichtet. Wir können zeigen, wer Zugang zum Bundestag über sogenannte Hausausweise besitzt. Und wir können auch abbilden, wer sich mit jenen (wenigen) Abgeordneten getroffen hat, die ihre Lobbytreffen veröffentlichen. So lässt sich erstmals eine Kartographie der deutschen Finanzlobby darstellen.

Besonders hervorstechend ist das Missverhältnis zwischen Zivilgesellschaft und Finanzlobby in der frühen Phase der Gesetzgebung, bevor eine erste Fassung eines Gesetzes veröffentlicht wird. Ministerien organisieren sogenannte Verbändeanhörungen, Minister*innen und Staatssekretär*innen treffen in direkten Gesprächen Unternehmens- und Verbandsvorstände. Zum Teil liegen Verbänden der Finanzindustrie Gesetzesentwürfe vor allen anderen Akteur*innen vor. Viele dieser Formen des Lobbyismus sind intransparent. Was bekannt ist, haben wir untersucht.

Weitgehend bekannt sind zum Beispiel die Stellungnahmen von Verbänden und Unternehmen zu sogenannten Referentenentwürfen aus dem Finanzministerium. Das Verhältnis zwischen Finanzlobby und erweiterter Finanzlobby auf der einen und der Zivilgesellschaft auf der anderen Seite liegt hier bei 9:1 (378:41). Auf neun Stellungnahmen von Finanzlobbyist*innen kommt rechnerisch somit nur ein Vorschlag aus der Zivilgesellschaft. 

***Für detaillierte Informationen und Kommentierungen aller einzelnen Verbände und Unternehmen stellen wir den Datensatz zum Lobbyreport auf Anfrage zur Verfügung.***

Video: Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick erklärt das Lobby-Problem  

Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick geht auf Hausbesuch bei den stärksten Verbänden und erzählt aus seinen eigenen Erfahrungen von der Dominanz der Finanzlobby - er selbst war 13 Jahre lang Finanzpolitiker im Deutschen Bundestag.

(Zum Anschauen auf das Bild klicken. Wir möchten darauf hinweisen, dass nach Aktivierung Daten an YouTube und Google übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.)

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Politik und Finanzlobby sind eng verflochten

Die deutsche Finanzlobby ist nicht nur groß und einflussreich. Sie ist auch eng verflochten mit der Politik. Nicht selten wechseln Politiker*innen in die Finanzlobby - und umgekehrt. Diese Seitenwechsel, auch Drehtür-Effekt genannt, sind schwer messbar, machen die Finanzlobby aber umso mächtiger. Auf der einen Seite holen sich Ministerien und Behörden oft Expertise aus der freien Wirtschaft. Dagegen ist zwar grundsätzlich nichts einzuwenden. Die Praxis führt aber oftmals zu schweren Interessenkonflikten, die an der Integrität der Betroffenen erhebliche Zweifel erwecken lassen. 

Auf der anderen Seite beginnen Politiker*innen oder hochrangige Mitarbeiter*innen aus Ministerien in Bereichen zu lobbyieren, für die sie zuvor in ihrer politischen Funktion zuständig waren. Sie wechseln gewissermaßen auf die andere Seite des Verhandlungstisches und sitzen nun ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin gegenüber. Insbesondere finanzstarke Akteur*innen können mit attraktiven Gehältern locken und bauen sich so über Jahre Kapazitäten, Know-How und Netzwerke auf. Interessengruppen stellen dadurch einen direkten Draht zur Politik her: Die Ex-Politiker*innen kennen schließlich die Prozesse und Kollegen genau und wissen, an welcher Stelle Entscheidungen am besten beeinflusst werden können. 

Was Finanzwende fordert

Mit unserer Studie legen wir die erste systematische Untersuchung der Personal- und Budgetstärke der Finanzlobby in Deutschland vor. Sie zeigt, mit wie vielen verschiedenen Organisationen und wie häufig die Finanzbranche versucht, die deutsche Politik zu beeinflussen. Es wird vor allem sichtbar, wie schief die Ebene ist, wie ungleich das Terrain. Der Anspruch einer Finanzmarktpolitik, die sich auch an den Interessen von Bürger*innen oder kleinen Unternehmen ausrichtet, ist vor diesem Hintergrund illusorisch. Unsere Daten erklären, warum es nicht gelungen ist, einige der grundlegenden Probleme der Regulierung der Finanzmärkte anzugehen. Das ungleiche Terrain wird so zum Demokratiedefizit, auf das Politik und Zivilgesellschaft rasch reagieren müssen, um eine Wiederholung schwerwiegender Wirtschafts- und Finanzkrisen zu vermeiden.

Mehr Transparenz: Lobbyregister und legislativer Fußabdruck

Die wahre Größe der Finanzlobby dürfte deutlich über den hier vorgelegten Zahlen liegen. Die Intransparenz ist gewollt, denn sie verschleiert die tatsächliche Schieflage. Ein verpflichtendes Lobbytransparenzregister würde hier einiges Licht ins Dunkel bringen. Neben der Transparenz darüber, wer hier für wen mit welchem Budget tätig ist, brauchen wir auch Transparenz bezüglich der Herkunft bestimmter Ideen oder Formulierungen in Gesetzen - ein sogenannten legislativen Fußabdruck. So kann die Öffentlichkeit gezielt darauf achten, ob bestimmte Einzelinteressen im Gesetz auftauchen, die dem Gemeinwohlinteresse entgegenstehen.

Es braucht eine stärkere Zivilgesellschaft

Transparenz reicht aber nicht aus. Es braucht eine Korrektur dieses Ungleichgewichts der Kräfte.  Das ungleiche Terrain muss geebnet werden. Wir benötigen dazu eine Politik, die auf jeder Stufe von Entscheidungsvorbereitung bis –findung auf eine gleichmäßige Repräsentanz der verschiedenen Betroffenen achtet. Vor allem aber brauchen wir eine starke Zivilgesellschaft, die in der Lage ist, sich der Lobbyübermacht der Finanzindustrie entgegenzustellen.


FAQ: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Report

Unsere Studie stellt eine erstmalige Schätzung der Budget- und Personalstärke der deutschen Finanzlobby dar. Nach einer Auswertung von Verbandswebseiten, Registerauszügen und LinkedIn-Profilen von Branchenverbänden kommen wir zu folgenden Ergebnissen: Die Finanzbranche lässt sich ihre Interessenvertretung mindestens 200 Millionen Euro jährlich kosten. Hierfür stehen ihr mindestens 1.500 Mitarbeiter*innen zur Verfügung, ein Vielfaches der Zivilgesellschaft.

Außerdem zeigt unsere Studie, welche Einflusskanäle die Finanzlobby am stärksten nutzt und wie deutlich das Übergewicht der Lobby ist. Mehr zu den Ergebnissen hier.

Insgesamt gibt die Finanzindustrie unserer Studie nach mehr als 200 Millionen Euro pro Jahr für die Lobbyarbeit in Deutschland aus und beschäftigt mehr als 1500 Mitarbeiter. Die Finanzlobby besteht aus drei Akteursgruppen: Branchen-Verbänden, einzelnen Finanzunternehmen sowie Lobbyismus-Dienstleistern (Kanzleien oder Agenturen). 

Die Finanzlobby im engen Sinne  betrifft vor allem jene Verbände und Unternehmen, die als Banken, Versicherungen, Fonds, Börsen, oder Zahlungsdienstleister direkt der Finanzbranche zugerechnet werden können. Zählt man hier noch jene Organisationen  hinzu, die wir als “erweiterte Finanzlobby” beschreiben, also zum Beispiel Teile der Immobilienlobby, der Wirtschaftsprüfer (KPMG oder PwC) oder der Glücksspielbranche, dann ist von deutlich mehr Personal und politischer Schlagkraft auszugehen. Zur erweiterten Finanzlobby sind auch diejenigen Organisationen zu zählen, die für Mandanten aus der Finanzindustrie arbeiten, zum Beispiel eine ganze Reihe von Anwaltskanzleien und Public-Affairs-Agenturen.

Unsere Untersuchung zeigt: Die Finanzlobby hat bei Weitem mehr Einfluss auf die Finanzmarktgesetzgebung als die Zivilgesellschaft. 

Anzahl der Organisationen
Zum einen ist die Finanzlobby zahlenmäßig stark überlegen. Nach unserer Definition (siehe: Wer ist überhaupt die Finanzlobby?) sind für die Finanzlobby 216 Unternehmen und Verbände tätig, nimmt man die erweiterte Finanzlobby (79 Akteur*innen) noch hinzu, so kommt man auf 295 Unternehmen und Verbände, die in Deutschland industriefreundliche Finanzpolitik erwirken wollen. Diesen stehen 79 einzelne NGOs, Kirchen, Gewerkschaften und Verbraucherorganisationen gegenüber - ein Verhältnis von ca. 4:1. Diesen Organisationen stehen natürlich sehr unterschiedliche Budgets und Kapazitäten zur Verfügung. Während der GDV etwa 350 Mitarbeiter*innen hat, steht der Zivilgesellschaft nur ein Bruchteil dessen zur Verfügung. 

Einfluss
Diese zahlenmäßige Überlegenheit übersetzt sich in Einfluss (siehe: Wie habt ihr den Einfluss der Finanzlobby gemessen?). Hier zeigt sich ein besonders großes Ungleichgewicht bei der Kommentierungen von Referentenentwürfen. Diese Gesetzesentwürfe, die von Ministerien zur Kommentierung freigegeben werden, sind eine frühe und wichtige Stufe des Gesetzgebungsprozesses und unseres Erachtens nach der wichtigste Einflusskanal, der mit öffentlichen Informationen untersucht werden kann (siehe: Wie funktioniert Lobbyarbeit?). Das Verhältnis von Finanzlobby und erweiterter Finanzlobby auf der einen Seite zur Zivilgesellschaft auf der anderen Seite beträgt hier etwa 9:1. In anderen Worten: Von 10 Kommentierungen von Referentenentwürfen kommt nur eine von der Zivilgesellschaft! Das ist aber nur der Durchschnitt. So wurde beim Gesetzesvorschlag zum Kleinanlegerschutz zum Beispiel keine einzige zivilgesellschaftliche Organisation gehört - dafür aber 9 Organisationen der Finanzlobby [1].

[1] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/18_Legislaturperiode/2015-07-10-Kleinanlegerschutzgesetz/0-Gesetz.html

Insgesamt verfügt die Finanzlobby über enorme Ressourcen und genießt einen privilegierten Zugang zu Entscheidungsträger*innen. Das erklärt, warum es nicht gelungen ist, einige der grundlegenden Probleme der Regulierung der Finanzmärkte anzugehen. Das ungleiche Terrain wird so zum Demokratiedefizit, auf das Politik und Zivilgesellschaft rasch reagieren müssen, um eine Wiederholung schwerwiegender Wirtschafts- und Finanzkrisen zu vermeiden.

Basierend auf den Erkenntnissen unseres Reports leiten wir drei Forderungen ab:

1. Lobbytransparenzregister
Intransparenz machte unsere Recherche mühsam (siehe: Auf welche Hindernisse seid ihr bei der Recherche gestoßen?), sodass wir oftmals mit konservativen Schätzungen arbeiten mussten. Die wahre Größe der Finanzlobby dürfte daher deutlich über den hier vorgelegten Zahlen liegen. Die Intransparenz ist gewollt, denn sie verschleiert die tatsächliche Schieflage. Ein verpflichtendes Lobbytransparenzregister würde hier einiges Licht ins Dunkel bringen. 

2. Ein legislativer Fußabdruck 
Neben der Transparenz darüber, wer hier für wen mit welchem Budget tätig ist, brauchen wir auch Transparenz bezüglich der Herkunft bestimmter Ideen oder Formulierungen in Gesetzen. So kann die Öffentlichkeit gezielt darauf achten, ob bestimmte Einzelinteressen im Gesetz auftauchen, die dem Gemeinwohlinteresse entgegenstehen.

3. Stärkere Zivilgesellschaft
Es braucht eine Korrektur dieses Ungleichgewichts der Kräfte. Einerseits durch eine Politik, die auf jeder Stufe von Entscheidungsvorbereitung und –findung auf eine gleichmäßige Repräsentanz der verschiedenen Betroffenen achtet; und andererseits durch eine starke Zivilgesellschaft, die in der Lage ist, sich der Lobbyübermacht der Finanzindustrie entgegenzustellen.

Das war nicht einfach, denn eine solche Vermessung ist wesentlichen Hindernissen ausgesetzt: Es gibt weder ein verpflichtendes Lobbyregister in Deutschland noch eine Berichtspflicht von Verbänden und Unternehmen über die Zahl ihrer Mitarbeitenden und ihre finanziellen Mittel zur Lobbyarbeit. 

So ist unsere Studie das Produkt einer komplexen Recherche, um eine belastbare Einschätzung zur Personal- und Budgetgröße der Finanzlobby zu erhalten. Wir haben zum Beispiel Registerauszüge von Verbänden durchforstet. Da fast alle Verbände als Vereine organisiert sind, müssen sie bestimmte Akten bei Registergerichten hinterlegen. Diese Akten haben wir für die 20 größten Verbände gesichtet. Außerdem haben wir  Verbandswebseiten und LinkedIn-Profile durchleuchtet. LinkedIn lässt Organisationen selbstständig Angaben über die Größenordnung ihrer Mitarbeiterzahl machen, sodass wir mit diesen Angaben gut die Personalstärke der Lobby schätzen konnten. 

Mithilfe veröffentlichter Budgets und Mitarbeiterzahlen lässt sich eine Mindestschätzung der  Finanzlobby vornehmen. Die tatsächliche Größe der Finanzlobby dürfte weit darüber liegen.

Mehr Informationen zur Methodik finden Sie in der Langversion des Reports.

Die konkrete Einflussnahme auf Parlaments- und Regierungsarbeit ist eine weitere Säule unserer Untersuchung. Um den Einfluss zu messen, haben wir in mühsamer Kleinstarbeit mehr als 1.000 einzelne Lobbydatenpunkte abgebildet, wir nennen diese Lobbykontakte. Wir gehen davon aus, dass eine Organisation umso mehr Einfluss besitzt, je mehr Lobbykontakte sie hat. Immer, wenn eine Organisation einen Referentenentwurf kommentiert oder als Sachverständige in einer Sitzung des Finanzausschusses war, zählen wir einen Lobbykontakt.

Unsere Datenerhebung beinhaltet  34 Sitzungen des Bundestags-Finanzausschusses (2014-2020) sowie 33 Referentenentwürfe mit Finanzmarktbezug (2014-2020). Wir haben so insgesamt mehr als 500 Kommentare zu Referentenentwürfen und mehr als 500 Einladungen bei Ausschusssitzungen gesichtet.

Die Finanzlobby besteht aus verschiedenen Organisationen:

  • Verbänden einzelner Branchen (zum Beispiele Versicherungs-, Fonds- und Bankenverbände)
  • Einzelunternehmen der Finanzbranche (z.B. Deutsche Bank, Allianz, Commerzbank, Deutsche Börse)
  • Dienstleister*innen der Finanzlobby: Public-Affairs-Agenturen und Anwaltskanzleien, die für die Finanzlobby-Klient*innen arbeiten

Eine Vermessung der deutschen Finanzlobby ist wesentlichen Hindernissen ausgesetzt: Es gibt weder ein verpflichtendes Lobbyregister in Deutschland noch eine Berichtspflicht von Verbänden und Unternehmen über die Zahl ihrer Mitarbeitenden und ihre finanziellen Mittel zur Lobbyarbeit. Einige Formen der Einflussnahme sind komplett intransparent. Bei anderen Formen benötigt es substanzielle Recherchearbeit. So ist unsere Studie das Produkt einer komplexen Recherche: Wir haben Registerauszüge von Verbänden, Verbandswebseiten und LinkedIn-Profile durchforstet, um eine belastbare Einschätzung zur Personal- und Budgetgröße der Finanzlobby zu erhalten.

Für ein Ranking der einflussreichsten Organisationen in der Finanzmarktpolitik haben wir alle Akteur*innen nach ihrem Einfluss bei Referentenentwürfen geordnet. Als stärkster Lobbyverband geht hier der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Der GDV kommentierte 27 von insgesamt 33 untersuchten Entwürfen. Die einzige Organisation der Zivilgesellschaft unter den “Top 10” ist auf Platz 10 der Verbraucherzentrale Bundesverband.

 

Tabelle der Top 10 Finanzlobbyisten in Deutschland

Vergleichen wir die 1.500 Mitarbeiter*innen der Finanzlobby mit den Abgeordneten im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags (derzeit 41), der neben Steuerthemen auch für den Bereich Finanzmarkt zuständig ist, dann stehen rechnerisch jedem Finanzpolitiker und jeder Finanzpolitikerin fast 40 Lobbyist*innen gegenüber.

Zeitstrahl der zeigt wie Lobbyismus funktioniert