EOS: Der ehrbare Kaufmann zu Hamburg – und seine Inkassopraktiken 08.02.2024 Die Firma EOS, die zum Otto-Konzern gehört, ist eine*r der großen Inkassoakteur*innen in Deutschland. Die Inkassopraktiken von EOS stehen seit Jahren in der Kritik – und kosten viele Menschen mehr Geld als nötig. Der Bundesgerichtshof könnte einer Geschäftsmasche der Geldeintreiber*innen von Otto bald einen Riegel vorschieben. Der Otto-Katalog lag jahrzehntelang in vielen deutschen Haushalten so selbstverständlich wie das Telefonbuch. Das prominente Unternehmen schreibt sich Werte wie soziale Verantwortung auf die Fahnen. An fragwürdige Geschäftsmodelle denken da die wenigsten. Zumal die Familie Otto so etwas eigentlich nicht nötig hätte. Sie gehört mit einem geschätzten Vermögen von 13,7 Milliarden Euro zu den zehn reichsten Familien Deutschlands. Schaut man sich die Konzerngewinne an, lässt sich jedoch zunächst schnell feststellen: Die Otto Group ist heute eher Finanzdienstleisterin als Handelsunternehmen. Die Finanzsparte, die vom Inkassogeschäft geprägt wird, brachte im Geschäftsjahr 2022/23 satte 450 Millionen Euro Gewinn ein. Der Handel mit Eigenmarken oder über Plattformen erwirtschaftete hingegen Verluste in Höhe von mehr als 300 Millionen Euro. Unsägliches Konzerninkasso Das Inkassogeschäft für Otto besorgen die Konzerntöchter der EOS Gruppe. EOS gehört zu den größten Geldeintreiber*innen in Deutschland und ist ein gutes Beispiel für Probleme im Inkassobereich. Und richtig: Es mag schwarze Schafe in der Branche geben, die deutlich schlimmer als EOS sind. Probleme machen aus Sicht der Kund*innen allerdings auch die großen Akteur*innen. Für unbezahlte Rechnungen gibt es in Deutschland eigentlich ein gut funktionierendes Mahnwesen. Schuldner*innen dürfen normalerweise nur Kleinstbeträge wie 3 Euro in Rechnung gestellt werden, um Porto und Papier für die Mahnung zu decken. Verwaltungskosten für Personal oder IT dürfen nicht berechnet werden. Die Krux dabei: Diese Regelung gilt nur, solange die Gläubiger*innen aktiv sind. Schalten sie jedoch Inkassodienstleister*innen ein, kann die Geschäftemacherei beginnen. Auf 4 Euro Schulden kommen dann schnell das Achtfache an Inkassokosten. Firmen wie Otto nutzen diese Möglichkeit und haben innerhalb ihres Verbundes die Inkassotochter EOS aufgebaut. Konzerneigene Händler*innen wie otto.de oder About You können ihr Schwesterunternehmen EOS einzig dafür einschalten, Forderungen einzuziehen. Statt den 2 oder 3 Euro Mahnkosten dürfen dann plötzlich bis zu 76 Euro Inkassokosten angesetzt werden. Mehr noch: EOS kauft auch noch konzernfremde Forderungen an, reicht sie an eine EOS-Tochter durch und verwandelt so niedrige Mahngelder erneut in saftige Inkassokosten. Wir finden diese Praxis passt nicht zu einem „ehrbaren Kaufmann“, dem Leitbild von Otto-Aufsichtsratschef Michael Otto. Denn mit sozialer Verantwortung haben die Inkassopraktiken an vielen Stellen nichts mehr zu tun. Video: Finanzschelle für EOS Die Inkassopraktiken von Otto und EOS beobachten wir schon lange kritisch. Deswegen behandelte unsere erste Finanzschelle im Januar 2020 auch genau dieses Thema. Seitdem hat sich einiges getan. Die Finanzschelle auf dem damaligen Faktenstand gibt es hier zum Nachsehen: Videos: Zum Anschauen auf das Bild klicken. Wir möchten darauf hinweisen, dass nach Aktivierung Daten an YouTube und Google übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Verbindung mit YouTube herstellen und Video laden EOS vor Gericht Derzeit steht EOS wegen seiner Inkassopraktiken vor Gericht. Das Unternehmen hatte von Schuldner*innen Inkassokosten verlangt, die zwischen Gläubiger*in und Inkassodienstleister*in gar nicht angefallen waren – und deswegen von den Schuldner*innen auch nicht bezahlt werden müssen. So sah es das Oberlandesgericht Hamburg. EOS hat gegen das Urteil Revision eingelegt, nun muss der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden. Für Verbraucher*innen sind das gute Aussichten. Der BGH könnte dem Konzerninkasso von EOS und Co. endlich einen Riegel vorschieben und damit vielen Menschen hohe Inkassokosten ersparen. Das laufende Verfahren zeitigt schon jetzt Verbesserungen für Verbraucher*innen: EOS verzichtet an mancher Stelle bereits auf Inkassokosten – behält sich aber vor, sie zu einem späteren Zeitpunkt einzuziehen, sollte die Revision vor dem BGH Erfolg haben. Das letzte Wort im Fall EOS ist noch nicht gesprochen. Die Missstände in der Inkassobranche beschäftigen jedoch nicht nur Gerichte, sondern auch die Bundesregierung. Die überprüft derzeit die letzte Inkassoreform aus dem Jahr 2021. Verbraucher*innen haben also mehrfach Grund zu hoffen, dass ihre Probleme mit Inkassodienstleister*innen künftig weniger werden.
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