Rendite mit der Miete Wie finanzialisierte Wohnungsunternehmen ihren Mieter*innen das Geld aus der Tasche ziehen 08.11.2023 Eine neue Studie von Finanzwende Recherche hat die Geschäftspraktiken von finanzialisierten Wohnungsunternehmen untersucht und bestätigt: Finanzlogik sollte im Mietmarkt nichts verloren haben. Die Kosten der Finanzialisierung zahlen Mieter*innen und Gesellschaft: Rund 41 Prozent der gezahlten Miete fließen direkt in die Taschen der Aktionär*innen, es gibt weniger Neubau und mehr Steuervermeidung. Nur gezielte Regulierung kann die Auswirkungen der Finanzialisierung eindämmen. Die Politik muss endlich gegensteuern! Eine der großen Krisen unserer Zeit ist die Wohnungskrise. Besonders in Großstädten wie Berlin ist es schwer, eine bezahlbare Wohnung zur Miete zu finden. Hier stoßen Wohnungssuchende immer seltener auf private Vermieter*innen oder kleine Unternehmen. Stattdessen sind es riesige Konzerne wie Vonovia und die LEG, die ihre Wohnungsbestände massiv erhöht haben. Diese Unternehmen versprechen: Mit ihnen gibt es mehr Neubau - und mehr bezahlbaren Wohnraum. Das ist jedoch nicht der Fall, wie eine neue Studie von Finanzwende Recherche deutlich zeigt. Die Studie hat die Strategien der Unternehmen untersucht, die aus großen Teilen des Wohnungsmarkts ein Anlageprodukt auf den Finanzmärkten gemacht haben. Früher war der Wohnungsmarkt nicht vom Auf und Ab der Finanzmärkte betroffen: Zwischen 2009 und 2020 ist das Gesamtvolumen der Kapitalanlagen in Wohnimmobilien in Europa um fast 700 Prozent auf über 60 Milliarden Euro gestiegen. Beim Thema Wohnen zeigt sich mal wieder: Die Logik der Finanzmärkte greift zunehmend auch auf Gemeingüter über. Doch sie sollte hier nichts verloren haben. Denn den börsennotierten Wohnungsunternehmen geht es nicht um das Wohl der Mieter*innen, sondern um ihren Shareholder Value: Aktionärsinteressen und eine kurzfristige, hohe Rendite sind wegweisend. Verschärfte Wohnungskrise Das gängige Argument: Die großen Unternehmen sind auf dem Immobilienmarkt notwendig, sie haben das nötige Kapital für Neubauten. Doch Neubau bezahlbarer Wohnungen ist kein wesentlicher Bestandteil ihrer Geschäftsmodelle. Das bedeutet: Mit Neubau verdienen die Unternehmen nicht genug - und lassen es deshalb sein. Sie sind stattdessen darauf angewiesen, dass der Wert ihrer Bestandswohnungen steigt. Seit Beginn 2022 ist der Immobilienmarkt jedoch in der Krise, Zinswende und Inflation haben ihr Übriges getan. Der Unternehmenswert und der Shareholder Value steigen nicht mehr. Ihre Strategie fällt den finanzialisierten Wohnungsunternehmen auf die Füße: Die Kurse sind so rasant abgestürzt, dass einige Konzerne sogar gezwungen waren, Wohnungen wieder zu verkaufen. Das zeigt: Wachsende Finanzialisierung macht den Markt zunehmend instabiler. Neubau bleibt auf der Strecke. 41 Prozent der Miete an die Aktionär*innen Mit der Orientierung am Shareholder Value gehen bestimmte Strategien für die gekauften Wohnungen einher - zum Nachteil der Mieter*innen. Wer bei Vonovia und Co. mietet, wird oft schlecht betreut und bekommt statt notwendiger Instandhaltung häufig nur teure Modernisierungen, die auf die Miete umgelegt werden. Außerdem betreiben die Firmen Insourcing von Handwerks- und Modernisierungsmaßnahmen. Das ermöglicht maximale Gewinnsteigerung durch maximale Miete. Die Folge dieser Geschäftspraktiken: eine besonders hohe Abschöpfungsquote. Das bedeutet, dass durchschnittlich 41 Prozent der Miete 2021 als Gewinn an die Aktionär*innen der untersuchten Unternehmen ging. Von einem Euro gezahlter Miete flossen also 41 Cent direkt in die Taschen der Finanzmarktakteur*innen. Bei einer Kaltmiete von 500 Euro sind das 205 Euro pro Monat! Mehr Finanzlogik, mehr Steuervermeidung Für die betroffenen Regionen wie Berlin bedeutet die Strategie der Wohnungsunternehmen: steigende Mieten, weitere Wohnungsknappheit und eine starke Machtkonzentration der finanzialisierten Unternehmen. Mehr Kapital und große Finanzinvestor*innen auf den regionalen Wohnungsmärkten führt zu höheren Immobilienpreisen. Das zeigt auch eine Untersuchung der EZB. Zudem sitzen Finanzinvestor*innen oft in Schattenfinanzzentren wie Luxemburg, um Steuern in Deutschland zu vermeiden. In großem Stil nutzen sie sogenannte Share Deals, mit denen sie beim Kauf von mehreren Wohnungen auf einmal die Grunderwerbsteuer umgehen. So entgehen dem Staatshaushalt wertvolle Einnahmen. Jetzt Finanzialisierung zurückdrängen! Damit diese negativen Entwicklungen endlich eingedämmt werden, muss Finanzialisierung auf dem Wohnungsmarkt mit gezielter Regulierung gestoppt werden. Finanzwende fordert daher Maßnahmen, die extraktive Geschäftsmodelle ausbremsen, Wohnraum als Anlageklasse weniger attraktiv machen und mehr Transparenz und Standards schaffen könnten. Zur Studie