Überdimensionierter Finanzsektor

Neue Studie von Finanzwende Recherche zeigt: Ein überdimensionierter Finanzsektor schadet Wirtschaft und Gesellschaft

15.12.2021
Report "Finanzsektor ist zu groß"
  • Die Größe des Finanzsektors in der Eurozone hat sich in den letzten 20 Jahren im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung verdoppelt. 
  • Der Sektor erfüllt immer weniger seine ursprüngliche Funktion der Kreditvergabe an Firmen und Haushalte. Vielmehr finden viele Finanzgeschäfte ausschließlich innerhalb des Finanzsektors statt.
  • Wenn der Finanzsektor wieder stärker für alle da sein soll, muss er schrumpfen.

Viele vermuten sicher, das Hauptgeschäft einer Bank wie der Deutschen Bank sei die Kreditvergabe. Und das ist ein naheliegender Gedanke. Immerhin hat die Deutsche Bank Kredite im Wert von 431 Milliarden Euro vergeben. Das klingt erstmal nach viel, entspricht dies doch sogar mehr als einem Zehntel des deutschen Bruttoinlandproduktes (BIP). 

Doch einem Vergleich mit den Risikopositionen aus dem Derivatehandel hält die Kreditvergabe bei Weitem nicht stand. Denn die ausstehenden Derivate der Deutschen Bank summieren sich auf atemberaubende 32.000 Milliarden Euro und damit auf 1000 Prozent des deutschen BIP. 

Dies ist nur ein Beispiel aus einer neuen Studie von Finanzwende Recherche, die aufzeigt, wie der Finanzmarkt der Gesellschaft an zahlreichen Stellen über die Köpfe gewachsen ist. 

Viele Finanzgeschäfte finden ausschließlich innerhalb des Finanzsektors statt. Über 70 Prozent der Aktivitäten europäischer Banken sind nicht auf die Kreditvergabe an Haushalte und die Realwirtschaft ausgerichtet. Stattdessen werden zum Beispiel Wertpapiere im Millisekundentakt hin- und hergeschoben, zum Schaden für alle anderen Marktteilnehmer. 

Und ein großer Teil des Finanzmarkts ist eigentlich nur dazu da, Erträge aus anderen Wirtschaftsbereichen abzuschöpfen. Finanzmarktakteure wie Private-Equity-Firmen strukturieren selbst Pflegefirmen für Investoren gewinnbringend um und hinterlassen dann immer wieder überschuldete Unternehmen. Zudem dienen Teile des übergroßen Finanzmarkts illegitimen und illegalen Finanzgeschäften. So können an vielen Stellen nur mithilfe von Banken Gelder aus illegalen Geschäften in den normalen Wirtschaftskreislauf eingespeist werden.  

Die Studie zeichnet das klare Bild, dass große Teile des Finanzmarkts unnötig sind, ja der Gesellschaft und der Wirtschaft sogar an vielen Stellen schaden. In der Eurozone hat sich die Größe des Finanzsektors in den letzten 20 Jahren im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung verdoppelt. Diese Entwicklung gilt es nun umzukehren, damit der Finanzsektor wieder stärker im Dienst der Gesellschaft und der Realwirtschaft steht.