LBBW Im Wachstumsfieber fast zugrunde gegangen 10.12.2019 Die Rettung der noch heute größten Landesbank Deutschlands LBBW hat die öffentliche Hand bis heute mehr als drei Milliarden Euro gekostet. Vorausgegangen waren riskante Verbriefungsgeschäfte, Übernahmen und eine Internationalisierungsstrategie. Bis heute gab es keine Aufarbeitung der Vorfälle, es wurde nicht geklärt, wie es dazu kommen konnte oder wer dafür verantwortlich war. Fünf Milliarden Euro neues Eigenkapital und Garantien für Verbriefungsportfolien in Höhe von 12,7 Milliarden: Soviel mussten die Träger der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) - das Land und der Sparkassenverband Baden-Württemberg sowie die Stadt Stuttgart – aufbringen, um die Bank in der Finanzkrise zu stützen. Wie konnte das passieren? Hatte die Bank doch in den Jahren 2004 bis 2006 Eigenkapitalrenditen von 13 – 15% erzielt und erst 2005 noch die Landesbank Rheinland Pfalz übernommen.[1] Auch als die Sachsen LB aufgrund hochspekulativer Geschäfte eines der ersten Opfer der Finanzkrise wurde, griff die LBBW Ende 2007/Anfang 2008 zu und übernahm das strauchelnde Institut. Trotz erster Ergebniseinbrüche bei der LBBW im Jahr 2007 war auch im April 2008 in der Baden-Württemberger Landespolitik noch beinahe einhellig ein Loblied auf die erfolgreiche LBBW zu hören. Landesfinanzminister Stratthaus wollte die „bärenstarke Bank“ sogar weiter auf Wachstumskurs schicken.[2] Im Oktober 2008 hielt der Abgeordnete Dr. Stefan Scheffold die Bank trotz sich abzeichnender Verlusten von 60 Millionen Euro noch für „hervorragend aufgestellt“.[3] Doch bereits im November stiegen die taxierten Verluste rasant: Die Zeit berichtete am 07. November 2008 von 144 Millionen Euro für das erste Halbjahr.[4] Am 21. November waren es dann bereits 880 Millionen Euro für die ersten drei Quartale.[5] Im Februar 2009 wird klar - insgesamt belief sich der Verlust 2008 auf 2,1 Milliarden Euro. Auch im Folgejahr 2009 machte die Bank einen Verlust von 1,4 Milliarden Euro. Bereits auf der Trägerversammlung im November 2008 musste ein Rettungspaket auf den Weg gebracht werden.[6] Denn die Bank hatte nur geringe Reserven, die sehr schnell aufgebraucht waren: Vor der Krise betrug das Verhältnis von Kernkapital (also relativ schnell zur Verfügung stehendem Kapital beispielsweise zur Schließung von Verlusten) zu Bilanzsumme im Durchschnitt 1:37 (2,7 Prozent).[7] Auch wenn Ministerpräsident Günther Oettinger im Landesparlament noch im Dezember 2008 erklärte, dass die Kapitalmaßnahmen zur Stützung der Bank rein rechtlich nicht zwingend wären, da die aufsichtlichen Anforderungen weiter erfüllt würden[8], stellte sich dies zum Ende des ersten Quartals 2009 laut Aufsichtsbehörde BaFin bereits anders da: die Bank agierte unterhalb des aufsichtlichen Mindestkapitals. Was genau die Krise der Bank verursacht hat, kann – zumindest aus öffentlichen Quellen – nur ungefähr rekonstruiert werden. Denn es kamen eine Reihe von Faktoren zusammen: Die Bank hielt eine Reihe von Verbriefungspositionen. Das sind variabel verzinsliche Wertpapiere mit längerer Laufzeit, die mit Forderungen besichert sind, wie beispielsweise Immobilien-, Auto- oder Studentenkredite. Hier wurden Wertberichtigungen nötig und das steigende Risiko führte zu erhöhtem Kapitalbedarf für diese Positionen. Zum Teil hatte die LBBW diese Positionen von der Sachsen LB und der Landesbank Rheinland Pfalz übernommen. Doch sie war auch selbst involviert. Denn auch sie hatte, wie viele andere Landesbanken, Verbriefungen in Zweckgesellschaften ausgelagert, um so aufsichtliche Eigenkapitalvorgaben zu umgehen. Auch wenn die LBBW hierbei nicht so große Räder drehte wie manch andere Bank, belief sich der Wert in solchen Vehikeln 2008 auf knapp 60 Prozent des Eigenkapitals der Bank.[9] Im Zentrum stand das Vehikel Lake Constance Funding, in welchem die Bank über sechs Milliarden Euro an Verbriefungen lagerte. 2007 wurde das Vehikel dann erstmal im Konzernabschluss konsolidiert. Auch das internationale Geschäft der LBBW schlug durch und so mussten aufgrund des Island Engagements knapp 300 Millionen Euro Verluste verbucht werden. Dennoch: Laut Angaben der Bank waren in 2008 zwei Drittel der Verluste auf die beiden übernommen Banken zurückzuführen.[10] Die genauen Ursachen und weshalb schließlich die Rettung mit Geldern der Steuerzahler*innen nötig wurde, ob es ein Versagen der Leitung und Aufsicht war oder wirklich sehr gut versteckte Risiken bei den Übernahmen, wird wohl abschließend nicht mehr geklärt werden. Denn eine Anklage, die gegen die Vorstände angestrengt wurde und die eine Chance zur Beleuchtung der Umstände der Krise bei der LBBW bot, wurde gegen Geldzahlungen zwischen 20.000 und 50.000 Euro eingestellt. Wie so oft bei Banken muss man „leider“ sagen, denn es hätte durchaus ein öffentliches Interesse an Aufklärung gegeben. Auch andere öffentliche Aufarbeitungen, wie es sie zum Beispiel bei der Hypo Real Estate mit einem Untersuchungsausschuss des Bundestages gab, fanden nicht statt. Was man aber ungefähr abschätzen kann, sind die Kosten für die Steuerzahler*innen: Trotz einer Rückzahlung von einer Milliarde Euro im April 2014 und der Rückgabe von Garantien hat die Rettung der noch heute größten Landesbank Deutschlands die öffentliche Hand mehr als drei Milliarden Euro gekostet. [11] Neben den milliardenschweren Verluste in der Finanzkrise war die LBBW auch in den CumEx-Skandal involviert, bei dem Gewinne allein auf Kosten der Allgemeinheit erwirtschaftet wurden. Dabei sollte die Landesbank doch genau dieser Allgemeinheit dienen, statt dafür zu sorgen, dass das Geld der Bürger*innen entwendet wird. Nach eigenen Angaben war die Bank von 2007 bis 2009 in CumEx involviert. Die Bank zahlte immerhin 150 Millionen Euro als Steuernachzahlung.[12] Doch bis heute gab es keine Aufarbeitung der Vorfälle, es wurde nicht geklärt, wie es dazu kommen konnte oder wer dafür verantwortlich war. [1] https://www.lbbw.de/public/geschaeftsbericht/lbbw_geschaeftsbericht_2007_7xc8gt81t_m.pdf [2] https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP14/Plp/14%5F0042%5F02042008.pdf#page=19 [3] https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP14/Plp/14%5F0052%5F02102008.pdf#page=7 [4] www.zeit.de/online/2008/46/landesbanken-lbbw-helaba-nordlb [5] rp-online.de/wirtschaft/finanzen/lbbw-macht-880-millionen-euro-verlust_aid-11475721 [6] www.saarbruecker-zeitung.de/fuenf-milliarden-fuer-die-lbbw_aid-206521 [7] Siehe Geschäftsberichte 2003 – 2006 [8] www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP14/Plp/14%5F0055%5F03122008.pdf [9] www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/IW-Analysen/PDF/Bd._63_Arbeitsweise_d._Bankenaufsicht.pdf [10] Stuttgarter Zeitung 07.02.2014, Staatanwalt: LBBW war 2009 fast pleite [11] www.gruene-bundestag.de/themen/finanzkrise/kosten-der-bankenrettung-mindestens-68-milliarden-euro [12] www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.die-lbbw-und-der-cum-ex-skandal-zusaetzlicher-gewinn-ohne-zusaetzliches-risiko.5791c023-4ba9-41de-9bbe-8f1d94fa4c9d.html Kein weiteres Steuergeld zur Bankenrettung! Mit der Rettung der Landesbank steigt die Summe für die Rettung der Landesbanken seit Ausbruch der Finanzkrise auf über 40 Milliarden Euro. Wir haben in einer Aktion vor dem Landtag in Hannover ein klares Zeichen gegen diese erneute Geldverbrennung gesetzt. Mehr erfahren
Kein weiteres Steuergeld zur Bankenrettung! Mit der Rettung der Landesbank steigt die Summe für die Rettung der Landesbanken seit Ausbruch der Finanzkrise auf über 40 Milliarden Euro. Wir haben in einer Aktion vor dem Landtag in Hannover ein klares Zeichen gegen diese erneute Geldverbrennung gesetzt. Mehr erfahren