Ökologische Finanzwende

Wir drängen auf umweltfreundliche Finanzmärkte

27.10.2021
Eine Gießkanne gießt Geldscheine auf eine Waldsilhouette. Mittig ist der Slogan "Ökologische Finanzwende".

Auf den Finanzmärkten wird mit unserer Zukunft gehandelt. Laut Berechnungen der Bank of England befinden wir uns derzeit auf einem Pfad, der zu einer Erderwärmung von 4°C führen würde – und damit direkt in die Klimakatastrophe. Milliardenbeträge sind noch immer in Unternehmen investiert, deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Ausbeutung der Natur und der Nutzung fossiler Brennstoffe beruht.

Um unseren Kindern und Enkeln einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen, braucht es deswegen auch eine ökologische Finanzwende! Und zwar keine auf Grundlage vollmundiger Versprechen von Banken, Versicherern und Vermögensverwaltern, hinter denen nichts steckt. Deshalb schauen wir auch genau hin und zeigen auf, wo es zu Grünfärberei am Finanzmarkt kommt.

Was bedeutet ökologische Finanzwende?

Unter einer ökologischen Finanzwende verstehen wir Finanzmärkte, welche endlich den Weg zur Klimaneutralität fördern, anstatt das Klima weiter anzuheizen. Das Ziel ist, Finanzmärkte nachhaltig im weiteren Sinne auszurichten. Neben Klima- und Umweltaspekten schließt das Soziales und gute Unternehmensführung mit ein.

Geld und Investitionen sind die entscheidende Stellschraube für eine saubere Mobilität, umweltfreundlicheren Strom und eine nachhaltigere Landwirtschaft. Dabei sollen Menschenrechte und die Rechte von Arbeitnehmerinnen respektiert werden. Gerade vor dem Hintergrund, dass heutige Investitionen noch Jahrzehnte nachwirken, gilt: Geld gestaltet die Welt.

Wir arbeiten durch unsere Aktivitäten daran, dass die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisiert wird und Druck „von unten“ macht. Gleichzeitig hat Finanzwende als Teil des Sustainable Finance-Beirats die Bundesregierung direkt bei ihrer Sustainable Finance-Strategie beraten, um mit starken Empfehlungen auch Druck „von oben“ zu machen.

Die besondere Verantwortung des öffentlichen Sektors

Der öffentliche Sektor hat beim Thema Nachhaltigkeit eine Vorbildrolle. Die öffentliche Hand muss dafür sorgen, dass die eigenen Anlagen nicht die eigenen Anstrengungen untergraben. Die größte öffentliche Kapitalanlage liegt bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Die VBL verwaltet die betriebliche Altersvorsorge von fast fünf Millionen Angestellten des Öffentlichen Dienstes und damit knapp 50 Milliarden Euro.

Das Problem: Die Anlagestrategie ist extrem intransparent und die Nachhaltigkeitskriterien sind unzureichend – Kinderarbeit und fossile Energien sind möglich. Vor Kurzem wurde bekannt: Die VBL hat 368 Millionen Euro in Kohle-Unternehmen investiert. Das zeigt: Die VBL braucht dringend neue Anlagekriterien. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung hier, aber auch an anderen Stellen Verantwortung übernimmt, öffentliche Mittel nachhaltig anlegt und als Vorbild die Wende am Finanzmarkt einleitet.

Mehr zur besonderen Verantwortung des öffentlichen Sektors und der VBL

Die Arbeit von Finanzwende im Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat den Sustainable Finance-Beirat im Juni 2019 eingesetzt, im Februar 2021 hat dieser seinen Abschlussbericht vorgestellt. Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick war als zivilgesellschaftlicher Vertreter mit dabei.

Viele der Empfehlungen aus dem Abschlussbericht des Beirats haben das Potential, die Finanzmärkte in Deutschland zum Hebel für Umwelt- und Klimaschutz zu machen.

Der Beirat empfiehlt zum Beispiel:

  • Eine nachhaltigere Ausrichtung der öffentlich-rechtlichen Sparkassen
  • Die Anlagen des Bundes im Einklang mit Klima- und Umweltschutz zu investieren, zum Beispiel die Anlagen der betrieblichen Rentenkasse des öffentlichen Dienstes (VBL)
  • Einen größeren Kreis von Unternehmen zu Nachhaltigkeitsberichten zu verpflichten
  • Die Einrichtung eines Transformations- und Impact-Fonds, welcher kleine und mittlere Unternehmen mit bahnbrechenden Innovationen für die nachhaltige Transformation fördern soll
  • Nachhaltigkeit stärker in der Unternehmensführung zu verankern

Insgesamt hat der Sustainable Finance-Beirat sehr vielfältige und wegweisende Empfehlungen für ein nachhaltiges Finanzsystem in Deutschland vorgelegt. Die Finanzlobby hat jedoch einige Positionen des Beirats entscheidend geschwächt. Das liegt am allgemeinen Kräfte-Ungleichgewicht zwischen Finanzinteressen und Zivilgesellschaft, welchem wir mit unserer Arbeit entgegentreten.  

Zum Start des Sustainable Finance-Beirats hat Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick einen ausführlichen Diskussionsbeitrag zu Sustainable Finance im öffentlichen Sektor veröffentlicht. Wie er den Abschlussbericht des Beirats bewertet, lesen Sie auf unserem Blog.

Die Sustainable Finance-Strategie der Bundesregierung

Am 5. Mai 2021 hat die Bundesregierung ihre Sustainable Finance-Strategie vorgelegt. Die Strategie besteht aus 26 Maßnahmen und hat zum Ziel, Nachhaltigkeit im Finanzsektor zu verankern. Mit den Plänen greift die Bundesregierung einige der Empfehlungen des Sustainable Finance-Beirats auf. Doch die vorgelegte Strategie greift zu kurz.

Leider besteht die Strategie aus einer Reihe an wenig verbindlichen Absichtserklärungen. Sie ist Stückwerk, aber keine echte Strategie. Angesichts des Klima-Urteils aus Karlsruhe wäre auch im Finanzmarktbereich mehr Ambition notwendig. Der Ball liegt nun im Feld der künftigen Bundesregierung. Dass es auch anders geht, zeigt ein Gutachten, das der WWF und Finanzwende Recherche haben erstellen lassen. In dem Gutachten wird deutlich gemacht, wie eine gesetzliche Umsetzung zentraler Empfehlungen des Sustainable Finance-Beirats aussehen könnte.

Zu unserem Statement zur Strategie.

Aktuelle Themen im Bereich Sustainable Finance

Finanzwende kämpft an vielen weiteren Fronten für eine ökologische Finanzwende. So setzen wir uns dafür ein, dass als „nachhaltig“ gekennzeichnete Finanzprodukte keine Atomkraft beinhalten dürfen. Dabei stützen wir uns auf eine Umfrage von Finanzwende Recherche, die die in Deutschland verbreitete Ablehnung von Atomkraft in nachhaltigen Finanzprodukten unterstrich.

Klimaschutz-Selbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors: Umdenken oder Greenwashing?

Finanzinstitute unterschreiben oft und gerne sogenannte „Selbstverpflichtungen“. Häufig stellt sich dabei die Frage, ob es sich dabei um echtes Umdenken oder eher um Greenwashing handelt.

Im Juli 2020 unterzeichneten 16 Akteure des deutschen Finanzsektors eine Selbstverpflichtung zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens. Der Vorstoß ist begrüßenswert, Zweifel bleiben jedoch angebracht. Teile der freiwilligen Selbstverpflichtung gehen kaum über anstehende gesetzliche Regelungen hinaus. Unter den Erstunterzeichnern befindet sich mit der LBBW außerdem nur ein öffentliches Institut – dabei sollten gerade diese in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle einnehmen. Eine ausführliche Einordnung durch unseren Vorstand Gerhard Schick finden Sie auf unserem Blog.

Im Dezember 2020 präsentierten schließlich die Sparkassen eine eigene Selbstverpflichtung für klimafreundliches und nachhaltiges Wirtschaften. Gerade weil die Sparkassen sich nach ihrem eigenen Selbstverständnis dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen, ist die Erwartung an sie hinsichtlich Nachhaltigkeit besonders hoch. Trotz der Selbstverpflichtung bleibt offen, wie das aktive Engagement der Sparkassen für den Klimaschutz aussehen wird, da öffentliche, messbare Kriterien fehlen. Eine genauere Analyse der Sparkassen-Selbstverpflichtung finden Sie auf unserem Blog.

Fest steht: Selbstverpflichtungen ersetzen keine Regulierungen. Umso wichtiger ist es, dass sich Finanzwende im Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung aktiv für strenge, transparente und messbare Regeln eingesetzt hat (siehe oben).

Die nicht so grüne Bundesanleihe

Im September 2020 verkaufte Deutschland ihre allererste grüne Bundesanleihe. Einige Analysten und Kommentatoren hielten diese Emission für einen Wendepunkt für den Markt für grüne und nachhaltige Anleihen insgesamt.

Auf unserem Blog erklärt Dr. Moritz Kraemer, warum die grüne Bundesanleihe bei näherer Betrachtung jedoch wahrscheinlich hinter den Erwartungen zurückbleiben wird. Er sieht zwei Hauptgründe:

  1. Die Anleihe wird zu keinen zusätzlichen Umweltschutzbemühungen führen. Die Finanzierung folgt den Projekten, nicht umgekehrt.
  2. Die Hoffnung, dass die Entwicklung einer risikofreien grünen Renditekurve eine Sogwirkung ausübt, die andere Emittenten in den Markt für grüne Anleihen zieht, wird wahrscheinlich enttäuscht werden.

Unsere Forderungen

Damit die ökologische Finanzwende gelingt, hat Finanzwende konkrete Forderungen:

  • Der Bund muss als vorbildlicher Investor einen neuen Standard für verantwortungsbewusste Investments setzen. Die Bundesregierung sollte Nachhaltigkeitskriterien für ihre Kapitalanlage am 1,5°-Ziel des Pariser Klimaabkommens ausrichten und regelmäßig an die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse anpassen.
  • Der temporär eingerichtete Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung sollte verstetigt werden, damit Empfehlungen konsequent umgesetzt werden.
  • Wir brauchen verbindliche und transparente Standards für nachhaltige Geldanlagen, damit Verbraucherinnen grüne Finanzprodukte von bloßem Greenwashing unterscheiden können.

Die Klimakrise wartet nicht, die Uhr tickt. Es braucht mutiges und entschlossenes Handeln von der Politik. Nur so werden die Finanzmärkte einen Beitrag zum nachhaltigen Umbau der Wirtschaft leisten. Finanzwende arbeitet weiterhin daran, den nötigen Druck zu erzeugen.