Standpunkt: DWS – Greenwashing als System?

26.07.2023
Magdalena Senn

Magdalena Senn ist bei Finanzwende für das Thema Sustainable Finance zuständig. Sie hat in Tübingen, Berlin und Paris Volkswirtschaft und politische Ökonomie studiert. Danach hat sie im Europaparlament die Arbeit eines Abgeordneten im Wirtschafts- und Währungsausschuss begleitet.

Die Ermittlungen zur Deutsche-Bank-Tochter DWS zeigen: Es ist von öffentlichem Interesse, dass ein Gericht beurteilt, ob die DWS Anlagebetrug betrieben hat. Denn ein Greenwashing-System hat wohl der Selbstbereicherung der Führungsspitze gedient.

Die DWS hat Schlagzeilen gemacht mit einem massiven Greenwashing-Skandal am Finanzmarkt. Greenwashing an Finanzmärkten ist ein Riesenproblem, das Finanzwende Recherche auch schon mit Auswertungen zu angeblich grünen Investment-Fonds aufgezeigt hat. Deshalb finden wir es wichtig, dass jetzt ein Gericht entscheidet, ob es sich bei solchen krassen Fällen von Greenwashing um Betrug handelt. 

Seit Januar wird offenbar nicht mehr nur gegen die DWS, sondern auch gegen ihren Ex-CEO Asoka Wöhrmann ermittelt. Öffentlich wird der Fall – insbesondere von der DWS – meist als zu laxer Umgang mit grünen Versprechen oder als „überschwängliches Marketing“ abgetan. Doch ein Blick in die Details legt nahe: Das Greenwashing hatte System. Wenn das stimmt, muss es personelle Konsequenzen haben, auch und gerade für den Aufsichtsrat.

Doch ein Blick in die Details legt nahe: Das Greenwashing hatte System.

Konkret geht es im Fall DWS um die Frage, ob ein zu großer Teil des Fondsvermögens als nachhaltig ausgewiesen wurde. Desiree Fixler, frühere Nachhaltigkeitschefin der DWS, wollte existierende Ungereimtheiten beseitigen – und wurde von der Deutsche-Bank-Tochter vor die Tür gesetzt. Die Ermittlungen fußen auf ihren Veröffentlichungen

War das vermutete Greenwashing nur ein handwerklicher Fehler bei der Umsetzung neuer Nachhaltigkeitsregeln? Vieles deutet darauf hin, dass es viel mehr war – nämlich ein strukturelles Greenwashing-System. Denn das Vergütungssystem der DWS belohnte das Top-Management dafür, möglichst viele Fonds als nachhaltig auszuweisen – selbst dann, wenn diese wahrscheinlich gar nicht grün waren. Das geht aus einer Recherche von Greenpeace hervor. Das bedeutet: Hier wurden keine Fehler innerhalb eines eigentlich guten Systems gemacht – das System selbst hat dafür gesorgt, dass es Greenwashing gab.

Das bedeutet: Hier wurden keine Fehler innerhalb eines eigentlich guten Systems gemacht – das System selbst hat dafür gesorgt, dass es Greenwashing gab.

Verantwortlich für dieses System war der damalige CEO Asoka Wöhrmann. Doch trotz erheblicher Schäden für das Unternehmen – der Aktienkurs war zwischenzeitlich um mehr als die Hälfte eingebrochen – erhielt er sogar nach seinem Abgang im Juni 2022 noch jede Menge Geld. Der goldene Handschlag umfasste eine Abfindung von mehr als 8 Millionen Euro, dazu kam das Gehalt für 2022 inklusive der „erfolgsabhängigen“ Vergütung. Der Chef musste also wegen der Greenwashing-Vorwürfe gehen, bekam aber noch den Bonus, den er sich durch „überschwängliches Marketing“ erarbeitet hatte.

Wie kann das passieren? Hier müssen interne Kontrollmechanismen versagt haben. Eine interne Untersuchung des Falls durch die DWS konnte jedoch kein Fehlverhalten feststellen. Auch ein für den Fall zuständiger Sonderausschuss des Aufsichtsrats sah keinen Handlungsbedarf. 

Hier müssen interne Kontrollmechanismen versagt haben.

Der Aufsichtsrat hätte trotzdem Konsequenzen ziehen können – und müssen. Doch der noch bis Oktober 2023 amtierende Aufsichtsrat-Chef Karl von Rohr ist gleichzeitig Vize-Chef der Konzernmutter Deutsche Bank. Interesse an echter Aufklärung scheint er keines zu haben. Konsequenzen sucht man für ihn jedoch vergebens. Er wird weiter im Aufsichtsrat sitzen, wenn auch nicht mehr als Vorsitzender. Somit komplettiert sich das Bild eines sich selbst bereichernden Führungszirkels, der sich gegenseitig schützt, statt sich zu kontrollieren. Zum Schaden des Unternehmens.

Wir fordern: Dieser Fall muss juristisch vollständig aufgeklärt werden. Das Gericht soll beurteilen, ob die DWS und ihr damaliger Chef Kapitalanlagebetrug begangen haben. Im Falle einer Verurteilung wäre Greenwashing im Stil der DWS gerichtlich bestätigt kein Kavaliersdelikt mehr, sondern eine Straftat.

Abgeschlossene Kampagne

Greenwashing-Champion DWS

Die Deutsche-Bank-Tochter DWS präsentiert sich gern als Vorreiterin bei grünen Fonds. Ganz weit vorne ist sie aber vor allem beim Greenwashing, wie neue Finanzwende-Zahlen zeigen.
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