CumCum: Was die Finanzlobby uns erzählt – und was wirklich stimmt Geschätzt 28,5 Milliarden Euro Schaden durch CumCum, doch zurückgefordert werden die gestohlenen Gelder kaum. Wir erklären, mit welchen Erzählungen die Finanzlobby die Aufarbeitung ausbremst. 31.07.2025 Der Bundesfinanzhof und weitere Finanzgerichte haben mehrere typische Varianten der CumCum-Geschäfte längst für unzulässig erklärt. Dennoch wurde erst ein Bruchteil der Gelder zurückgefordert. Grund dafür ist auch die massive Lobbyarbeit der Finanzbranche, unter anderem mittels falscher Erzählungen (Narrative) über Tax Trades wie CumCum. Wir beleuchten die sechs gängigsten dieser Narrative und lösen sie auf. Die Aufklärung der CumCum-Geschäfte kommt nur sehr schleppend voran. Laut Bundesfinanzministerium wurden erst 226,7 Millionen Euro an vorenthaltenen Steuergeldern rechtskräftig zurückgeholt. Das ist weniger als 1 Prozent des geschätzten Gesamtschadens. Dabei sind die Geschäfte schon lange bekannt, die Rechtslage ist völlig klar. Und doch halten sich in parlamentarischen Debatten, in der Berichterstattung oder in den sozialen Medien hartnäckig Narrative, die genau das Gegenteil behaupten – obwohl es nachweislich falsch ist. Das ist kein Unfall, sondern Absicht. Die falschen Narrative sind das Ergebnis von Lobbyarbeit, mit denen die Finanzbranche absichtlich Sand ins Getriebe der Aufarbeitung streut. Auch Behörden nutzen bestimmte Erzählungen , um von ihrer Untätigkeit abzulenken. Wir erklären hier, welche Geschichten es gibt, und was die Wahrheit dahinter ist. Finanzwende kämpft für Aufklärung bei CumEx und CumCum! Jetzt Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben: E-Mail* Unsere Datenschutzerklärung finden Sie hier. Anmelden Narrative der Finanzbranche Narrativ #1: CumCum ist nicht mit CumEx vergleichbar Soll suggerieren: CumCum ist viel harmloser und nicht „so schlimm“ wie CumEx. Fakt ist: CumCum gehört genauso wie CumEx zur Gruppe der sogenannten Tax Trades. Das heißt, der Profit beruht allein auf Steuervorteilen. Tax Trades zulasten öffentlicher Kassen sind problematisch, da sie häufig als sogenannte missbräuchliche Gestaltung nach § 42 AO einzuordnen und damit steuerlich unzulässig sind. Ob darüber hinaus auch eine strafbare Steuerhinterziehung vorliegt, hängt davon ab, wie die Steuerpflichtigen jeweils mit dem Finanzamt kommuniziert haben. Falls dem Finanzamt Tatsachen und Informationen vorenthalten wurden, die aber für die korrekte Besteuerung relevant sind, kann wie bei CumEx strafbares Verhalten vorliegen. Narrativ #2: Die Rechtslage ist noch nicht geklärt Soll suggerieren: Es liegt kein Fehlverhalten vor, solange noch kein Gericht entschieden hat. Fakt ist: Ob Fehlverhalten vorliegt oder nicht, entscheidet sich auf Grundlage geltender Gesetze. Die bei CumCum-Geschäften relevanten steuerrechtlichen Regelungen (§§ 39, 42 Abgabenordnung) sind seit Jahrzehnten unverändert. Zudem hat bereits im Jahr 2015 der Bundesfinanzhof, Deutschlands oberstes Finanzgericht, entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine typische Variante von CumCum-Geschäften illegal ist. Es folgten weitere finanzgerichtliche Urteile für weitere typische CumCum-Varianten. Diese Rechtsprechung hat das Bundesfinanzministerium (BMF) in sogenannten BMF-Schreiben zusammengefasst, damit die Finanzverwaltung in ganz Deutschland einheitlich gegen CumCum-Geschäfte vorgeht. In dem aktuellen BMF-Schreiben vom 09.07.2021 weist das Ministerium auch darauf hin, dass CumCum-Beteiligte der gesetzlichen Berichtigungspflicht unterliegen: Wenn ein Steuerpflichtiger nachträglich erkennt, dass die von ihm abgegebene Steuererklärung fehlerhaft ist, ist er verpflichtet, diese von sich aus zu berichtigen. CumCum-Beteiligte können sich heute nicht mehr mit Unwissen herausreden: Aufgrund von zahlreichen Medienberichten und finanzgerichtlichen Urteilen zu typischen CumCum-Gestaltungen dürften selbst Steuerlaien erkennen, wenn sie sich an problematischen CumCum-Geschäften beteiligt haben. Narrativ #3: Die Behörden haben ihre Rechtsauffassung (rückwirkend) geändert Soll suggerieren: Die Behörden handeln unfair oder nicht rechtsstaatlich, weil sie CumCum früher akzeptiert haben und das nun nicht mehr tun. Fakt ist: Die Rechtsauffassung der Behörden hat sich genauso wenig geändert wie die zugrunde liegenden Rechtsnormen. Was sich dagegen geändert hat, ist der Erkenntnisstand der Behörden: Zum Beispiel durch Medienberichte sowie Urteile der Finanz- und Strafgerichte rund um Steuerskandale wie CumEx und CumCum hat das Wissen über die Tricks der Finanzbranche zugenommen. Entsprechend ist auch das Entdeckungsrisiko gestiegen, sodass die Finanzämter heute offensichtlich mehr Fälle erkennen und aufgreifen als früher. Narrative der Behörden Narrativ #1: CumCum ist Ländersache Soll suggerieren: CumCum ist allein Ländersache, der Bund hat keine Zuständigkeiten. Fakt ist: Das Bundesfinanzministerium kann in seiner Leitungsfunktion über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) die Anweisung erteilen, dass die beim BZSt ansässigen Bundesbetriebsprüfer*innen bei Prüfungen von Banken und Unternehmen mitwirken (§§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 19 FVG). Dies sollen sie insbesondere bei Fällen, bei denen wegen eines Auslandsbezugs oder der besonderen Bedeutung des Falles die Mitwirkung der Bundesbehörden erforderlich ist, um die Interessen des Bundes zu wahren oder die gleichmäßige Besteuerung im Bundesgebiet zu sichern. Das trifft auf CumCum-Fälle zu. Deswegen sagen wir: Bundesfinanzminister Lars Klingbeil muss seine Leitungsfunktion ausüben und die Länder bei der Aufarbeitung unterstützen. Aktuelle Petition CumCum-Milliarden: Zeit ist noch kein Steuergeld Wir kämpfen weiter für die Rückforderung der CumCum-Gelder. Mit der Verlängerung von Aufbewahrungsfristen für Belege haben wir einen wichtigen Teilerfolg erreicht - doch nun muss Finanzminister Lars Klingbeil die gewonnene Zeit auch nutzen. Petition unterzeichnen! Narrativ #2: Die Länder tun schon alles, was möglich ist. Im April 2025 hat Finanzwende den Finanzminister*innen aller Bundesländer geschrieben. Wir wollten wissen, wie intensiv die jeweiligen Finanzbehörden gegen CumCum vorgehen und ob sie bei der Aufarbeitung kooperieren. Flächendeckend wurde uns versichert, dass bereits „enorme Anstrengungen“ erfolgt sind, um die Fälle aufzuarbeiten und Steuergelder zurückzufordern. Aber: Wie lässt sich das mit dem Umstand in Einklang bringen, dass bisher nur ein Bruchteil des geschätzten Gesamtschadens von 28,5 Milliarden Euro zurückgefordert wurde? Deswegen fordern wir: Die Landesfinanzminister*innen müssen CumCum-Fälle priorisieren und für ausreichend Personal sorgen. Narrativ #3: CumCum-Geschäfte sind beendet Mit der Einführung von § 36a Einkommensteuergesetz (EStG) im Jahr 2016, der längere Haltefristen für Aktien vorschreibt, hoffte das Bundesfinanzministerium, CumCum-Geschäfte zu verhindern. Fakt ist: Auch wenn die neue Regelung CumCum-Varianten erschwert haben dürfte, so können gesetzliche Regelungen allein Betrugsmodelle nie verhindern. Betrüger*innen setzen sich über jegliche gesetzliche Regelung hinweg. Die Verwaltung kann sie nur entdecken, wenn sie die Einhaltung der Regelungen kontrolliert. Auch bei CumEx gab es die Hoffnung, allein durch eine Gesetzesänderung Betrug unterbinden zu können. Dass diese Hoffnung trügerisch war, zeigte sich, als ein CumEx-Fall aus dem Jahr 2016 öffentlich bekannt wurde. Bundesfinanzminister Klingbeil muss deshalb dafür sorgen, dass Behörden stark genug aufgestellt sind, um CumCum- und CumEx-Betrug in allen Varianten zu erkennen, um das Entdeckungsrisiko deutlich zu erhöhen. Ein entscheidender Faktor ist die personelle Ausstattung der zuständigen Prüfstellen. Deswegen fordern wir: Der Bundesfinanzminister muss die Bundesbetriebsprüfung anweisen, die Länder bei CumCum-Prüfungen zu unterstützen.
CumCum-Milliarden: Zeit ist noch kein Steuergeld Wir kämpfen weiter für die Rückforderung der CumCum-Gelder. Mit der Verlängerung von Aufbewahrungsfristen für Belege haben wir einen wichtigen Teilerfolg erreicht - doch nun muss Finanzminister Lars Klingbeil die gewonnene Zeit auch nutzen. Petition unterzeichnen!