Finanzialisierung: Rendite auf Kosten der Gesellschaft

04.06.2024
Finanzialisierung
  • Finanzialisierung bedeutet, dass die Logiken der Finanzmärkte immer weiter in die Realwirtschaft und damit in alltägliche Lebensbereiche eindringen. 
  • Gewinne werden kaum noch reinvestiert und Renditeerwartungen von finanziellen Eigentümer*innen rücken immer mehr in den Vordergrund. Private-Equity-Firmen greifen zu drastischen Mitteln, um die Rendite zu maximieren. Vor allem in den Bereichen Wohnen, Pflege und Arztpraxen zeichnen sich schon jetzt fatale Folgen der Finanzialisierung ab. 
  • Doch diese Entwicklung kann gestoppt werden: Eine gut organisierte Zivilgesellschaft kann die um sich greifende Finanzialisierung ausbremsen! 

Seit mehr als drei Jahrzehnten verschwimmen die Grenzen zwischen der Realwirtschaft und den Finanzmärkten zunehmend. Immer mehr Logiken der Finanzmärkte dringen in die Realwirtschaft und damit in alltägliche Lebensbereiche ein – oftmals mit fatalen Folgen. Auf den Finanzmärkten zählt immer öfter vor allem eines: die oftmals kurzfristigen Renditeerwartungen der Finanzinvestor*innen. Diese Entwicklung ist als „Finanzialisierung“ bekannt. 

Finanzialisierung auf dem Vormarsch

Besonders deutlich zeigt sich das in den Geschäftsentscheidungen börsennotierter Unternehmen. So verwenden die DAX-Konzerne einen immer größeren Anteil ihrer Gewinne für die Ausschüttung von Dividenden an ihre Aktionär*innen. Dabei wäre es ökonomisch und ökologisch oftmals viel sinnvoller, dieses Geld zu reinvestieren, beispielsweise in die Transformation der Unternehmen. Statt dem Gemeinwohl scheint immer mehr nur eines zu zählen: das Wohl der Aktionär*innen.

Gerade in Krisenzeiten, wenn Unternehmen staatliche Unterstützung erhalten, muss gewährleistet sein, dass die öffentlichen Mittel in den Unternehmen verbleiben und nicht an Aktionär*innen ausgeschüttet werden. Dafür hatte sich Finanzwende in der Vergangenheit eingesetzt – mit Erfolg. 


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Private Equity: Rendite um jeden Preis

Wie sich die Finanzialisierung konkret auswirkt, lässt sich gut am Beispiel von sogenannten Private-Equity-Firmen (deutsch: Beteiligungsgesellschaften) zeigen. Kern ihres Geschäftsmodells ist es, andere Unternehmen aufzukaufen, deren Wert dann innerhalb kürzester Zeit in die Höhe zu treiben und sie schließlich mit einem möglichst hohen Gewinn weiterzuverkaufen. Dabei gilt das Motto „Rendite um jeden Preis“. Private-Equity-Firmen sind sich für keinen Finanztrick zu schade: Gelder werden mitunter auch unversteuert aus den Unternehmen gezogen. 

Doch Private-Equity-Unternehmen greifen häufig zu noch drastischeren Mitteln, um eine maximale Rendite für ihre Anleger*innen zu erwirtschaften. Sie reduzieren die Betriebskosten der aufgekauften Unternehmen aufs Mindeste, unterlassen langfristige Investitionen und kündigen Mitarbeitende.

Die Renditejäger*innen machen nicht einmal Halt vor Bereichen der Daseinsvorsorge wie Wohnen, Pflege oder Arztpraxen! Die Folge: eine deutliche Verschlechterung der Qualität der bereitgestellten Produkte und Dienstleistungen – auf Kosten der Gesellschaft.

Finanzialisierung stoppen!

Durch die Finanzialisierung setzen sich Rendite-Interessen von Finanzakteur*innen immer öfter gegenüber existenziellen gesellschaftlichen Grundbedürfnissen durch. Anstatt dem Gemeinwohl zu dienen, schöpft der Finanzsektor mehr und mehr Geld ab. Das verschlimmert nicht nur die ohnehin schon große soziale Ungleichheit, sondern führt auch zu einem Mangel an dringend notwendigen Investitionen in die Zukunft unserer Gesellschaft. 

Dass diese Entwicklungen nicht einfach hingenommen werden, hat sich jüngst in einem ganz anderen Teil der Gesellschaft gezeigt – dem Fußball. Die zwei der weltweit größten Private-Equity-Unternehmen – Blackstone und CVC – hatten geplant, in die Deutsche Fußball Liga (DFL) einzusteigen. Doch das Vorhaben der erfolgsverwöhnten Finanzunternehmen scheiterte an den anhaltenden, vehementen Protesten von Fangruppen in ganz Deutschland.

Erfolgreicher Widerstand ist also möglich: Eine gut organisierte Zivilgesellschaft kann die um sich greifende Finanzialisierung ausbremsen