Immer Ärger um die Riester-Rente

24.02.2023
Riester: Verbraucherfreundliche Urteile

Streit um die Riester-Rente hat mittlerweile schon Tradition – nicht nur im politischen Berlin, sondern auch vor den Gerichten. Finanzwende nennt ausgewählte Urteile, die die Verbraucherseite gestärkt haben.

Riester-Anbieter*innen behandeln ihre Kund*innen nicht automatisch fair, davon zeugt eine ganze Reihe von Rechtsstreitigkeiten. Mittlerweile wurde um viele Fragen mit Versicherern, Fondsgesellschaften und Banken vor Gericht gestritten – zum Beispiel um überhöhte Abschlusskosten, negative Grundzinsen und um völlig unverständliche Vertragsklauseln.

Sogar die Finanzaufsicht BaFin rief das unfaire Verhalten der Versicherungsgesellschaften schon einmal auf den Plan: Im Jahr 2019 griffen die Aufseher*innen ein, weil viele Versicherer bei Riester-Verträgen gleich doppelt Gebühren kassierten. Andere Streitfälle landeten direkt vor den Gerichten.


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Wenn Verbraucherschützer*innen klagen, strahlt ein einziges Urteil häufig auf mehrere tausend oder zehntausend ähnliche Verträge aus. Es profitieren also viele Kund*innen. Einzelklagen von Kund*innen hingegen sind, so will es das Recht, stets nur für die beiden konkreten Vertragspartner*innen bindend.

Klar ist aber auch: Die Rechtsprechung in Sachen Riester ebnet Verbraucher*innen mit vergleichbaren Klauseln sehr oft den Weg – und zeigt auf, wo sie sich wahrscheinlich erfolgreich gegen unfaire Regeln wehren können. Endgültig entscheidet in Streitfragen regelmäßig Deutschland höchstes Zivilgericht, der Bundesgerichtshof in Karlsruhe. 

Weil mehr als 20 Jahre nach Einführung der staatlich geförderten Zusatzvorsorge nun immer mehr Riester-Sparer*innen ins Rentenalter kommen, rücken derzeit zunehmend Fragen rund um die Auszahlungsphase oder die monatlichen Renten in den Fokus. Zu diesen Fällen zählt auch die aktuelle Klage eines Kölners, die von Finanzwende unterstützt wird.

Riester: Rentenkürzung

Riester-Rente: Kürzung per Klausel gekippt

Das Landgericht Köln hat im Fall eines Kölner Angestellten die einseitige Kürzung einer Riester-Rente für unwirksam erklärt. Das Urteil stärkt die Position von zahlreichen Versicherten und könnte bundesweit zehntausende Menschen betreffen.
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Rechtsprechung in Sachen Riester

In der Folge zeigen wir ausgewählte Rechtsprechung in Sachen Riester, die die Verbraucherseite gestärkt hat – und auf die sich viele berufen können.

Oktober 2022

Watteweiche Vertragsklauseln

Klares Urteil zu allzu unbestimmten Klauseln in Riester-Sparverträgen, was die Kosten für die Rentenphase angeht: Sie sind nicht zulässig.

So hat das Oberlandesgericht München im Fall der Sparkasse Günzburg-Krumbach entschieden (Az: 29 U 2022/21, nicht rechtskräftig). In dem Streit ging es um Sonderbedingungen zum Riester-Banksparplan Vorsorge Plus. Die Sparkasse Günzburg informierte nach Ansicht der Münchener Richter*innen viel zu vage über Abschlusskosten, die zum Rentenstart erneut anfallen können. Intransparent, befanden sie. Ganz ähnlich sah es auch das Landgericht Dortmund im Fall der Sparkasse Westmünsterland. Für die Kund*innen bleibe völlig unklar, urteilten die Dortmunder Richter*innen, ob Kosten anfallen und in welcher Höhe (Az. 25 O 8/20). Zugleich bemängelten die Gerichte in beiden Fällen auch die Regeln zur Zinsberechnung als zu vage.

Der Fall der Sparkasse Günzburg-Krumbach soll nun höchstrichterlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH) geklärt werden. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg führt zudem mehrere Verfahren in der Sache. Sie hilft Riester-Banksparer*innen, die kurz vor der Rente stehen und sich über hohe Kosten ärgern, mit detaillierten Informationen und einem Musterbrief weiter.

Oktober 2019

Verbot von doppelten Abschlussprovisionen

Die Finanzaufsicht BaFin untersagt ausdrücklich, bei Riester-Rentenversicherungen nach typischen Vertragsänderungen erneut Abschlusskosten zu berechnen.

Die Aufseher*innen hatten festgestellt, dass eine Vielzahl von Lebensversicherern nach typischen Vertragsänderungen wie einem höheren Eigenbeitrag oder einer Beitragspause zum zweiten Mal Abschlusskosten kassiert hatten. Das Verbot der Doppelprovisionen gilt für bestehende und für neue Riester-Verträge.

Weil Versicherungsgesellschaften nicht verpflichtet sind, betroffene Kund*innen von sich aus zu entschädigen, müssen diese selbst aktiv werden – ein Problem, dem Verbraucher*innen immer wieder gegenüber stehen. Wer möglicherweise zu viel gezahlte Gebühren vom Versicherer ermitteln lassen und zurückfordern will, findet dazu einen Musterbrief der Verbraucherzentrale Hamburg.  

März 2019

Negativzinsen gehen gar nicht

Die Möglichkeit eines negativen Zinses bei Riester-Verträgen ist nicht mit dem Grundgedanken einer Altersvorsorge vereinbar, urteilt das Oberlandesgericht Stuttgart (Az: 4 U 184/18).

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte gegen die Kreissparkasse Tübingen geklagt, weil ihr Riester-Banksparplan „VorsorgePlus“ über den variablen Grundzins grundsätzlich auch negative Zinsen zuließ. Diese Klausel sei intransparent und damit unwirksam, urteilte das Gericht. In der Praxis kam es für Kund*innen übrigens nie zu Negativzinsen, da der Vertrag neben den Grundzinsen auch zusätzliche Bonuszinsen vorsah, die den negativen Grundzinsen überstiegen.

Februar 2018

Unverständliches im Dutzend  

Die Nürnberger Lebensversicherung darf sich nicht mehr auf mehr als ein dutzend unzulässige Klauseln in fondsgebundenen Riester-Rentenversicherungen berufen, urteilte das Oberlandesgericht Nürnberg (Az: 3 U 169/17).

Die umstrittenen Regeln bezogen sich beispielsweise auf die Verteilung von Abschlusskosten, den Stornoabzug und die Rückkaufswerte. Die Klauseln waren für Verbraucher*innen oft schlicht undurchschaubar. Die Richter*innen stellten in ihrem Urteil ausdrücklich klar, dass die Transparenzanforderungen an private Lebensversicherungen auch für staatlich geförderte Riester-Verträge gelten.

September 2016

Zweierlei Abschlussgebühren sind zu viel

Zwei unterschiedliche Arten von Abschlusskosten sind bei Riester-Rentenversicherungen nicht erlaubt. Das hat das Oberlandesgericht Köln entschieden (Az: 20 U 201/15).

Die Verbraucherzentrale Hamburg und der Bund der Versicherten klagten in dem Fall gegen die HDI Lebensversicherung AG, die neben den üblichen Kosten zu Beginn des Vertrages auch noch weitere Abschlussgebühren über die gesamte Laufzeit verteilt hatte. So geht es nicht, urteilte das Gericht. Versicherungsnehmer*innen, die ihren Vertrag vorzeitig kündigen müssten, würden nicht fair behandelt.

Januar 2016

Mehr Schein als Sein

Undurchschaubare Regeln zu der Frage, wann Riester-Versicherte von Überschüssen profitieren, sind unwirksam. So urteilte der Bundesgerichtshof im Fall der Allianz Lebensversicherung (IV ZR 38/14).

Das Unternehmen hatte nach Ansicht der Richter*innen bei den Versicherten fälschlicherweise die Erwartung geweckt, dass sie in jedem Fall an Überschüssen aus Kosteneinsparungen beteiligt würden. Tatsächlich galt diese Zusage allerdings für einen großen Teil der Versicherten nicht. Insbesondere Geringverdienende und Ältere gingen häufig leer aus. Um darauf zu kommen, hätten sich Kund*innen allerdings mühevoll durch die Vertragsklauseln und eine komplizierte Kette von Verweisen arbeiten müssen. Intransparent und damit unwirksam, befanden die Richter*innen.


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