Obacht, der Wirtschaftsrat der CDU greift ein! Riester-Kostenstudie 08.02.2021 Inhaltsverzeichnis Fakt 1: Keine Relativierung Fakt 2: Zu hohe Kostenbelastung Fakt 3: Unzureichende Netto-Rendite Fakt 4: Das Konzept kommt nicht an Im Kostenstreit braucht die Versicherungslobby offenbar Schützenhilfe: Kürzlich veröffentlichte der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger, einen Gastbeitrag zur Ehrenrettung der Riester-Rente. Ein Faktencheck. Immer wieder haben Versicherungslobbyist*innen in den vergangenen Wochen unsere Riester-Kostenstudie angegriffen, teils mit Unterstellungen in scharfem Ton: Peter Schwark etwa vom Versichererverband GDV nannte die Analyse „bewusst irreführend“. Einen Beleg blieb er schuldig. Jüngst sah sich Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, aufgerufen, unser vermeintliches Schlechtreden der Riester-Rente zu kritisieren. Kein Wunder, der Wirtschaftsrat der CDU versteht sich als unternehmerischer Berufsverband und als Interessenvertretung. Vizepräsident ist Friedrich Merz. Der geballte Druck der Wirtschaftslobby sagt einiges über den wahren Zustand des Riester-Konzepts. Wir greifen die neuerliche Debatte auf – und machen einen Faktencheck: Fakt 1: Keine Relativierung Wolfgang Steiger behauptet: Die Bürgerbewegung Finanzwende habe ihre Kostenberechnungen zur Riester-Rente mittlerweile selbst relativiert. Das ist falsch. Tatsächlich haben wir die Zahlen aus unserer Riester-Kostenstudie in keiner Weise relativiert – und sind einigermaßen ratlos, woher Herr Steiger diese Erkenntnis hat. Unsere Daten wurden im Dezember auf unserer Website veröffentlicht und sind seither – genau so – unwiderrufen. Die Kostenzahlen wurden im Übrigen auf Basis der offiziellen Produkt-Informationsblätter erhoben, die im Jahr 2017 eingeführt wurden. Das erklärte Ziel: Kund*innen sollen Riester-Renten besser vergleichen und teure Angebote identifizieren können. Genau das haben wir getan. Fakt 2: Zu hohe Kostenbelastung Wolfgang Steiger behauptet: Die Riester-Rente habe eine moderate Kostenbelastung. Sie sei vergleichbar mit dem Verwaltungskostenanteil der gesetzlichen Rentenversicherung. Den ersten Teil seiner Erkenntnis, die moderate Kostenbelastung von Riester-Renten, hat Wolfgang Steiger vermutlich exklusiv. Natürlich gibt es vereinzelt kostengünstige Angebote, für die Masse der Policen gilt das nach unserer Untersuchung jedoch nicht. 24 Prozent der eingezahlten Gelder gehen bei einer typischen Riester-Versicherung mit 30 Sparjahren im Schnitt für Kosten drauf. Das ist fast jeder vierte Euro. Jede dritte Riester-Police vereinnahmt sogar 30 Prozent und mehr für Gebühren. Das hat unsere Analyse für eine*n Musterkund*in bei 65 Riester-Versicherungen ergeben. Der zweite Teil von Steigers Aussage deutet darauf hin, wie er zu seiner positiven Einschätzung kommt: Er betrachtet wohl nur die Verwaltungskosten und blendet damit die größte Kostenposition für Kund*innen einfach aus, die Abschluss- und Vertriebskosten. Motto: Augen zu – und durch. Fakt ist: Die Gesamtkosten von Riester-Renten liegt in der Regel ein Vielfaches über den 10 Prozent, die die Bundesregierung in Modellen unterstellt. Fakt 3: Unzureichende Netto-Rendite Wolfgang Steiger führt an: Laut einer Studie des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung habe die durchschnittliche jährliche Netto-Rendite für Riester-Verträge nach Berücksichtigung aller Kosten, Zuschüsse und Steuern in 2018 etwa 3,4 Prozent erreicht. 3,4 Prozent – das klingt in Zeiten niedriger Zinsen traumhaft. Ist es auch, denn das Studienergebnis ist vor allem ein Blick in den Rückspiegel: Untersucht wurden dort Riester-Verträge, die ab 2002 abgeschlossen wurden und zum Zeitpunkt der Studie bereits in Auszahlung waren. Für aktuelle Sparangebote sind diese Zahlen kaum aussagekräftig. Vor knapp 20 Jahren waren die Konditionen von Riester-Verträgen deutlich besser als heute. So gab es beispielsweise viel höhere Zinsgarantien für Kund*innn. Abgesehen davon beschreiben die 3,4 Prozent eine individuelle Rendite für Musterkund*innen inklusive der staatlichen Zulagen. Das bedeutet: Den Sparer*innen wird in der einen Tasche etwas zugerechnet, was sie selber und andere Bürger*innen als Steuerzahlende bezuschusst haben. Zuletzt betrugen die Subventionen via Zulagen 2,9 Milliarden Euro. Über die Effektivität von Riester-Produkten sagt diese Rechnung wenig aus. Fakt 4: Das Konzept kommt nicht an Wolfgang Steiger sagt: Das Riester-Konzept komme bei den Menschen an. Es gebe rund 16,5 Millionen Riester-Sparer*innen mit einer zusätzlichen Riester-Vorsorge. Bei der staatlich geförderten Riester-Rente aktuell von einem Konzept zu sprechen, das bei den Menschen ankommt, ist bei genauerer Betrachtung forsch. Zwar ist die Zahl der Riester-Verträge beachtlich, sie spiegelt die Vorsorge-Realität im Land aber nicht wider. Zum einen sollte die Riester-Vorsorge das sinkende Rentenniveau der gesetzlichen Rente ausgleichen. So gesehen erscheinen gut 16 Millionen bestehende Verträge relativ wenig. Zum anderen sinkt deren Zahl längst: Schon heute wird in rund acht Millionen Riester-Renten wenig oder gar nicht mehr eingezahlt. Viele Sparer*innen sind nur mit 5 Euro im Monat dabei. Entsprechend gering fallen die Renten aus. Das alles ist lange bekannt. Eine echte Alterssicherung für Deutschland sieht anders aus. Fazit: Mit den Fakten, Herr Steiger, ist das so eine Sache. Riester: Viel Gebühren, wenig Rente Insgesamt 16,4 Millionen Riester-Verträge haben die Deutschen bislang abgeschlossen. Bei vielen von ihnen setzt sich die Erkenntnis fest: Unterm Strich, zahle ich! Ob als Riester-Sparer*in oder als Steuerzahler*in. Mehr erfahren
Riester: Viel Gebühren, wenig Rente Insgesamt 16,4 Millionen Riester-Verträge haben die Deutschen bislang abgeschlossen. Bei vielen von ihnen setzt sich die Erkenntnis fest: Unterm Strich, zahle ich! Ob als Riester-Sparer*in oder als Steuerzahler*in. Mehr erfahren