Neue Finanzwende-Daten zeigen erheblichen Einfluss der Finanzlobby bei Basel III

16.02.2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

in wenigen Monaten will die Europäische Union die sogenannten Basel-III-Regeln einführen – allerdings in einer stark abgeschwächten Form. Diese Verwässerung zentraler Kapitalregeln für Banken ist das Ergebnis einer jahrelangen, intensiven Lobbykampagne. Dies zeigen neue Zahlen der Bürgerbewegung Finanzwende: 176 Mal haben Vertreter der Finanzbranche demnach allein seit dem Amtsantritt von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ende 2019 bei ihrem Kabinett, EU-Kommissaren und Generaldirektoren der Kommission zu Basel III vorgesprochen. Akteure aus der Zivilgesellschaft hatten währenddessen 2 solcher Treffen.

„Mit einem fairen Wettbewerb der Argumente hat dies nichts mehr zu tun“, sagt Michael Peters, Experte der Bürgerbewegung Finanzwende. „EU-Parlament und EU-Kommission dürfen sich von der Bankenlobby keine Gesetze diktieren lassen.“

Die Finanzwende-Zahlen basieren unter anderem auf Angaben aus dem EU-Lobbyregister und Pflichtangaben der beteiligten Behörden und Parlamentarier. Sie zeigen eindrücklich, dass Banken und ihre Vertreter bei Kommission und Parlamentariern ein- und ausgehen. Nach Angaben des bankenkritischen Vereins waren 70 Finanzkonzerne und Verbände an der Lobbykampagne beteiligt, darunter an vorderster Stelle auch viele deutsche Vertreter, etwa von Deutscher Bank und Commerzbank. Der Bundesverband deutscher Banken ist europaweit der Akteur mit den zweitmeisten Lobbytreffen mit Spitzenvertretern der aktuell amtierenden Kommission, übertroffen nur vom französischen Bankenverband.

Gegenüber dem Europaparlament waren die Lobbyvertreter sogar noch umtriebiger. Allein die Berichterstatter und Schattenberichterstatter des Parlaments zum sogenannten Bankenpaket, als Teil dessen die Basel-III-Regeln in der EU umgesetzt werden sollen, hatten in dieser Funktion nach eigenen Angaben 200 Lobbytreffen – und davon nur 4 mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft. 

Das Ergebnis der Lobbyaktivitäten sind weniger strenge Auflagen für die Kapitalpuffer von Banken – gut für die Profite der Banken, schlecht für ihre Krisenfestigkeit. Das eigentliche Ziel der Basel-III-Regeln, Banken robuster für eine neue Finanzkrise zu machen, wird aus Sicht von Finanzwende verfehlt. „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in ein paar Jahren erneut eine milliardenschwere Rettungsaktion für Banken stemmen müssen, ist damit deutlich gestiegen“, sagt Peters.
 

Zum Hintergrund

2010 hatte sich das globale Gremium für die Bankenregulierung, der Baseler Ausschuss, auch unter dem Eindruck der internationalen Finanzkrise auf neue internationale Standards geeinigt. Damit sollten strengere Kapitalauflagen durchgesetzt werden, um Banken krisenfest zu machen. Die Einigung galt zwar schon in ihrer ursprünglichen Form als unzureichend im Sinne echter Krisenfestigkeit, stellte aber einen Schritt in die richtige Richtung dar.

Während die USA die sogenannten Basel-III-Regeln bereits 2014 rigoros umsetzen, hinkt die EU immer noch hinterher. Der laufende Gesetzgebungsprozess soll die Regeln nun endlich final umsetzen. Allerdings unterschreitet die EU selbst die wenig ambitionierten Basel-III-Regeln deutlich: Ursprünglich vorgesehen war ein Anstieg des Eigenkapitals um rund 20 Prozent, der aufgeweichte Vorschlag der EU-Kommission führt jedoch nur zu einem Anstieg um knapp 4 Prozent bis 2030, bis 2033 sind es dann 7 Prozent. Von der Verwässerung profitieren vor allem große und deutsche Banken.

Über die Bürgerbewegung Finanzwende

Finanzwende ist ein überparteilicher Verein mit über 7.500 Mitgliedern. Finanzwende versteht sich als eine unabhängige Interessenvertretung von und für Bürgerinnen und Bürger, die mit der Unterstützung Vieler ein Gegengewicht zur Finanzlobby bildet. Durch Kampagnen und kritische Recherchen kämpft sie für ein gemeinsames Ziel: die Finanzwende – damit die Finanzwirtschaft den Menschen dient.