Standpunkt: Klare Kante gegen Private Equity – Aus dem Wasser-Debakel Großbritanniens lernen

Aurora Li
08.05.2024
Aurora Li

Aurora hat Volkswirtschaftslehre und Soziologie studiert. Bei Finanzwende arbeitet sie an Themen im Bereich Finanzsystem und Realwirtschaft. Bevor sie zu Finanzwende kam war Aurora Trainee bei der Europäischen Zentralbank (EZB) im Bereich Finanzregulierung.

Das Thames Water-Debakel demaskiert die Versprechen der Privatisierung. Anstatt in wichtige Investitionen flossen die Gelder in Dividenden.

Deutschland sucht händeringend nach privatem Kapital – auch um wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge zu finanzieren. Dabei wird auch Finanzinvestor*innen mit riskanten Geschäftsmodellen, Private-Equity-Unternehmen etwa, die Tür geöffnet. 

Die Idee dahinter ist nicht neu: Ende der 1980er Jahre wurde die Wasserversorgung in Großbritannien privatisiert, mit der Hoffnung auf mehr Investitionen und bessere Unternehmensführung. Eines dieser Unternehmen, Thames Water, zeigt nun sehr deutlich: Das Vorhaben ist gescheitert.

Eines dieser Unternehmen, Thames Water, zeigt nun sehr deutlich: Das Vorhaben ist gescheitert.

Denn Thames Water steht kurz vor der Pleite. Der Grund: Hohe Schulden in Höhe von etwa 80 Prozent der Vermögenswerte. Gut möglich, dass der Staat bald einspringen muss, denn das Unternehmen ist verantwortlich für die Wasser- und Abwasserversorgung für 15 Millionen Menschen im Südosten Englands, darunter auch die Einwohner*innen der Hauptstadt London.

Die Hoffnung auf Investitionen, für den Erhalt der Infrastruktur etwa, hat sich derweil nicht erfüllt: Alleine 2021 verlor das Unternehmen 217 Milliarden Liter Wasser durch löchrige Rohre aufgrund fehlender Investitionen. Gleichzeitig kämpft das Unternehmen mit Umweltskandalen, darunter die direkte Abführung ungefilterten Abwassers in natürliche Gewässer. Ein Blick in die Bilanzen zeigt, wo das Geld stattdessen gelandet ist: Seit der Privatisierung zahlte Thames Water insgesamt 78 Milliarden Pfund an Dividenden an die Eigentümer*innen.

Bei den Eigentümer*innen handelt es sich um verschiedene Finanzinvestor*innen wie Private-Equity-Firmen oder Fonds, die das Unternehmen als Ganzes oder Anteile davon halten. Inzwischen ist das Unternehmen zu einer komplexen Holdingstruktur angewachsen, die offenbar dafür genutzt wird, Steuerzahlungen zu vermeiden und Gewinne in Form von internen Krediten zu verschieben.

Inzwischen ist das Unternehmen zu einer komplexen Holdingstruktur angewachsen, die offenbar dafür genutzt wird, Steuerzahlungen zu vermeiden und Gewinne in Form von internen Krediten zu verschieben. 

Ein mit Thames Water vergleichbares Debakel gibt es in Deutschland noch nicht – doch auch hier sehen wir bereits den Einfluss von Finanzinvestor*innen in Bereichen wie Gesundheit, Pflege und Wohnen. Doch das Debakel um das britische Wasser-Unternehmen Thames Water führt deutlich vor Augen, wie schädlich Finanzinvestor*innen in essentiellen Bereichen des Lebens sein können. Es sollte uns daher eine Warnung sein, hier mit klaren Regeln und strenger Aufsicht gegenzusteuern. Den Schaden tragen wir sonst alle.