Interview mit Finanzwende-Fellow Norbert Walter-Borjans

10.01.2023
Norbert Walter-Borjans

Norbert Walter-Borjans war bis 2017 Finanzminister in Nordrhein-Westfalen und von 2019 bis 2021 Co-Parteivorsitzender der SPD. Er hat sich insbesondere im Kampf um Steuergerechtigkeit einen Namen gemacht und war zwischen 2017 und 2019 bereits Fellow bei Finanzwende. Im Dezember 2022 kehrte Norbert Walter-Borjans nach einer Übergangszeit zu Finanzwende zurück.

1 | Welcher Themenbereich an den Finanzmärkten liegt Ihnen besonders am Herzen und was ist ihr Spezialgebiet?

Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick und mich haben bereits vor Jahren die Steuerpolitik und im Speziellen die Rolle einiger Banken bei der Plünderung öffentlicher Kassen durch CumEx und CumCum zusammengebracht. Als dann 2018 die Bürgerbewegung Finanzwende entstand, war ich schon bald als Fellow dabei.

2 | Warum haben Sie Ihre Tätigkeit als Finanzwende-Fellow unterbrochen?

Als ich 2019 den Co-Parteivorsitz der SPD übernahm, zog ich mich als Fellow zurück, um Interessenkonflikte zu vermeiden und die Überparteilichkeit von Finanzwende zu wahren. Im Dezember 2022 kehrte ich nach einer fast einjährigen Übergangszeit wieder als Fellow zurück und bleibe auch hier den Themenfeldern „Kampf gegen den organisierten Steuerbetrug“ und „Einsatz für mehr Steuergerechtigkeit“ treu. 

3 | Warum engagieren Sie sich mit diesem Expertenwissen bei Finanzwende?

Viele wohlmeinende Politikerinnen in den Parlamenten fühlen sich in der Finanzpolitik nicht zu Hause und scheuen deshalb die Auseinandersetzung mit Lobbyisten. Das eröffnet Finanzjongleuren enormen Spielraum. Die Politik reagiert auf deren Schalten und Walten oft erst, wenn die Gesellschaft Druck aufbaut und erkennbar wird, dass Nichthandeln Wählerstimmen kostet. Dazu kann die Arbeit einer parteiübergreifenden Bürgerbewegung wie Finanzwende viel beitragen.

4 | Zum Schluss noch ein kurzer Blick in die Zukunft: Wie sehen die Finanzmärkte nach einer erfolgreichen Finanzwende aus?

Nach einer erfolgreichen Finanzwende gibt es für Finanzmärkte ein transparentes, nachvollziehbares und kontrolliertes Regelwerk mit Sanktionen, die Missetäterinnen mehr als nur ein müdes Lächeln abverlangen. Das Ziel sollte sein, die Finanzmärkte wieder zu dem zu machen, wozu sie da sind: Ein Instrument der Ermöglichung nachhaltigen Wirtschaftens und eines fair verteilten Wohlstandes – und nicht die Spielwiese für skrupellose Abenteurer, die aus Geldgier die Allgemeinheit ausnehmen.