„Eine Frage des Anstands”: Neue Kampagne für Erbschaftsteuer ohne Ausnahmen für Milliardäre startet

04.09.2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Steuerbündnis aus der Vermögendenorganisation taxmenow, dem Netzwerk Steuergerechtigkeit und der Bürgerbewegung Finanzwende fordert eine Abschaffung der Privilegien für Vermögende bei der Erbschaftsteuer. Dafür hat das Dreierbündnis auf der Kampagnenplattform WeAct eine neue Kampagne unter dem Titel “Ehrensache Erbschaftsteuer: Keine Ausnahmen für Milliardäre!” gestartet.

„In einem Herbst der Reformen, wie Bundeskanzler Friedrich Merz ihn angekündigt hat, gehört auch die Abschaffung der Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer auf den Tisch”, sagte Finanzwende-Vorstand Gerhard Schick. In den vergangenen Jahren sei es gelungen, die anhaltende Ungerechtigkeit der jetzigen Form der Erbschaftsteuer bis weit in die politische Mitte hinein bekannt zu machen. Nun sei der Zeitpunkt gekommen, eine ehrliche und ernsthafte Debatte darüber zu führen. „Bei der Debatte um die Erbschaftsteuer geht es nicht um die Frage, ob man Steuern erhöht oder nicht. Es ist eine Frage des Anstands, ob sich die allerreichsten Familien dieses Landes weiter um einen fairen Anteil an der Finanzierung staatlicher Aufgaben herumdrücken können.“  

In Deutschland gelten bei der Erbschaftsteuer weitreichende Privilegien für große Vermögen. Wie aus aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts hervorgeht, wurden 45 Großerben im Jahr 2024 Erbschaft- oder Schenkungssteuern erlassen. Dabei wurden Vermögen von rund 12 Milliarden Euro übertragen. Zwar setzten die Finanzämter darauf zunächst Steuern von 3,5 Milliarden Euro fest. Doch eine Auswertung des Netzwerks Steuergerechtigkeit zeigt: Rund 95 Prozent davon wurden nachträglich erlassen. Effektiv zahlten die Erben damit nur rund 180 Millionen Euro (etwa 1,5 Prozent). Insgesamt verzichtete der Staat damit auf Einnahmen in Höhe von 3,4 Milliarden Euro – ein Anstieg um 1,3 Milliarden gegenüber 2023.

„Die Besteuerung von Erbvermögen in Deutschland ist weder effizient noch gerecht. Während mittlere Erbschaften stärker besteuert werden, zahlen Erben von Multimillionen- und Milliardenvermögen dank zahlreicher Privilegien und Schlupflöcher nur einen Bruchteil.”, sagt Julia Jirmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit. „In Zeiten, in denen jede Subvention und jede Sozialleistung genau überprüft wird, darf diese Form der Ungerechtigkeit nicht weiter bestehen –  das wäre schlicht Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.” 

Die anhaltende Ungerechtigkeit bei der Erbschaftsteuer ist auch Ergebnis massiver Lobbyarbeit einzelner Wirtschaftsverbände. „Gerade die sogenannten Familienunternehmer tun so, als würden sie für einen Großteil der Unternehmen in Deutschland sprechen”, sagt Unternehmer und Autor Sebastian Klein, Mitglied von taxmenow. „Tatsächlich betreiben sie aber Klientelpolitik für einige sehr reiche Familien, die mit diesen Steuerprivilegien Subventionen in Milliardenhöhe kassieren – für alle anderen Unternehmerinnen und Unternehmer ist das ein Wettbewerbsnachteil.”

Die Petition „Ehrensache Erbschaftsteuer” ist ab sofort auf der Kampagnenplattform WeAct verfügbar. Die genauen Forderungen und weitere Infos zu der Kampagne finden Sie hier: https://www.finanzwende.de/kampagnen/ehrensache-erbschaftsteuer-keine-ausnahmen-fuer-milliardaere

Eine detaillierte Einordnung der aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer finden Sie hier: https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/erneut-steuererlasse-in-milliardenhoehe-fuer-grosserben/

Über Finanzwende

Finanzwende ist ein überparteilicher Verein mit mehr als 15.000 Mitgliedern. Die unabhängige Interessenvertretung von und für Bürger*innen wurde im Jahr 2018 anlässlich des zehnten Jahrestages der Lehman-Brothers-Pleite gegründet. Als Gegengewicht zur Finanzlobby drängt sie auf stabilere, faire und nachhaltige Finanzmärkte. Durch Kampagnen und kritische Recherchen kämpft sie für ein gemeinsames Ziel: die Finanzwende – damit die Finanzwirtschaft den Menschen dient. https://www.finanzwende.de/ueber-uns/wer-wir-sind/