Standpunkt: Bankenstabilität erhöhen, nicht senken!

19.06.2025
Michael Möller

Michael Möller arbeitet bei Finanzwende primär zu Banken, Finanzregulierung und Finanzstabilität. Nach einem Studium der Volkswirtschaft, Philosophie und Politischer Theorie war er Politikberater mit finanzpolitischem Fokus.

Bundeskanzler Friedrich Merz sollte schleunigst Abstand nehmen von der Idee, die Kapitalanforderungen von Banken zu senken.

Merz versprach zum Regierungsantritt Wohlstand für alle. Seine Agenda bei der Bankenregulierung erhöht allerdings das Risiko einer neuen Finanzkrise – und könnte so das Gegenteil bewirken.

Gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will der Kanzler dafür sorgen, dass die Kapitalvorgaben für Banken sinken. EU-Banken müssten ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber US-Banken sichern, so die Begründung.

Laschere Kapitalanforderungen führen jedoch zu instabileren Banken.

Laschere Kapitalanforderungen führen jedoch zu instabileren Banken. Die Institute hätten weniger Verlustpuffer, falls ihre schuldenfinanzierten Geschäfte nicht aufgehen. Ihnen winken durch steilere Wetten zwar höhere Gewinne. Staatliche Bankenrettungen auf Kosten der Gesellschaft würden allerdings wahrscheinlicher.    

Es ist verrückt: Merz würde mit seinem Vorhaben das zentrale politische Versprechen nach der Finanzkrise – Banken krisenfest machen – endgültig kassieren. Für wirklich krisenfeste Banken bräuchte es nämlich nicht laschere, sondern striktere Kapitalregeln. Das war nach der Finanzkrise auch politischer Konsens.

Die Finanzlobby bekämpfte die Regulierungsversuche allerdings auf Schritt und Tritt.

Die Finanzlobby bekämpfte die Regulierungsversuche allerdings auf Schritt und Tritt. Das 2010 beschlossene Bankenpaket Basel 3 ist bis heute nicht vollständig umgesetzt, die Regeln viel schwächer als ursprünglich ausgearbeitet. Zu erfolgreich war das Lobbynarrativ, strikte Regeln würden die Kreditvergabe von Banken beschränken – und damit uns allen schaden.

Fakt ist: Stabil aufgestellte Banken versorgen die Wirtschaft langfristig besser mit Krediten, geringere Kapitalanforderungen hingegen erhöhen das Risiko neuer Finanzkrisen. Robuste Banken sind deshalb im Sinne von Wirtschaft und Gesellschaft.

Robuste Banken sind deshalb im Sinne von Wirtschaft und Gesellschaft.

Aktuell brauchen wir stabile Banken außerdem mehr denn je. Gestiegene geopolitische Spannungen und wirre Handelskriege befeuern die Unsicherheit an den Märkten. Ob die US-Notenbank künftig wieder als Krisenfeuerwehr einspringt, ist unklar.

Europäische Banken tanzen einen Drahtseilakt im aufziehenden Sturm. Doch statt das Sicherheitsnetz zu flicken wollen Merz und Macron am Stützpfeiler sägen. Das ist ökonomisch kurzsichtig und gesellschaftlich unverantwortlich.   

Bundeskanzler Merz sollte das Ziel lascherer Kapitalanforderungen schleunigst aufgeben und sich stattdessen für striktere Bankenregeln einsetzen. Wer Wohlstand für alle verspricht, darf dabei nicht nur auf Bankengewinne schauen.