Die Lobbymacht der Sparkassen

25.10.2024
  • Die Sparkassen-Finanzgruppe gehört zu den mächtigsten Playern der Finanzlobby – das zeigt eine neue Recherche von Finanzwende.
  • Die Recherche macht deutlich, über welche enormen Ressourcen die Sparkassen bei ihrer Lobbyarbeit verfügen und wie eng ihre Verbindungen zu Politiker*innen aus verschiedenen Parteien sind. 
  • Finanzwende fordert, dass die Politiker*innen in den Aufsichtsgremien ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen und die Interessen der Allgemeinheit vertreten!

Die Sparkassen-Finanzgruppe schmückt sich gerne mit ihrer Gemeinwohlorientierung und grenzt sich selbst von den Geschäftsmodellen anderer profitorientierter Privatbanken, wie zum Beispiel der Deutschen Bank oder der Commerzbank, ab. Die halbe Milliarde Euro, mit der die Sparkassengruppe 2023 gemeinnützige Projekte förderte, werden gekonnt in Szene gesetzt. 

Trotz des weitestgehend positiven Images werden in der jüngsten Vergangenheit auch immer mehr kritische Stimmen laut – zu den absurd hohen Vorstandsgehältern einzelner Sparkassen zum Beispiel oder zur Kundenabzocke mit teuren Zertifikaten. Die neue Recherche von Finanzwende nimmt nun den Lobbyismus der Sparkassen unter die Lupe und zeigt: Die Sparkassen-Finanzgruppe gehört zu den mächtigsten Playern der Finanzlobby. Und: Mit dem guten Image der Sparkassen lassen sich immer wieder die Interessen der Finanzindustrie besonders gut durchsetzen.


Was treibt die Finanzlobby? Jetzt Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben:


Lobbyarbeit im Sinne des Gemeinwohls?

Sparkassen und Landesbanken sind in öffentlich-rechtlicher Hand, Politiker*innen sitzen in ihren Aufsichtsgremien. Dort sollen sie ein Auge darauf haben, dass die Institute tatsächlich im Sinne des Gemeinwohls handeln. Stattdessen spannt die Sparkassenlobby die Politik regelmäßig für ihre Profitinteressen ein.

Wer genau zählt zur Sparkassenlobby?

Zur Sparkassenlobby gehören Verbände wie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und die zahlreichen Einzelunternehmen der Gruppe, also die knapp 350 Sparkassen, die DekaBank und die Landesbanken. Aber auch Verbände, deren Mitglieder nur größtenteils zur Sparkassengruppe zählen, wie der Verband öffentlicher Banken (VÖB) sind Teil der Sparkassenlobby. Exakte Zahlen zur Lobbymacht dieser Gruppe lassen sich schwer erfassen, da einige Akteur*innen nicht im deutschen oder europäischen Lobbyregister gemeldet sind, etwa die Landesbanken.

Aber allein die Zahlen des DSGV sprechen eine deutliche Sprache: Jährlich gibt der Verband 3,35 Millionen Euro aus, um Bundestag und Bundesregierung zu beeinflussen. 60 DSGV-Lobbyist*innen werden regelmäßig bei Bundestag und Bundesregierung vorstellig.

Lobbyoffensiven auf Kosten der Allgemeinheit

Der wichtigste Einflusskanal für den Lobbyismus der Sparkassen ist allerdings ein anderer. Es sind die zahlreichen Politiker*innen, die Posten in den Beiräten und Aufsichtsgremien der Sparkassen und Landesbanken innehalten. Wie viel Einfluss die Sparkassenlobby über diese Politiker*innen gewinnen kann, zeigen die drei folgenden Beispiele.

Deutlich wird der Einfluss der Politiker*innen beim Kampf um das Provisionsverbot für den Verkauf von Finanzprodukten, welches bereits seit Jahren von Verbraucherschutzverbänden gefordert wird, aber immer wieder an Lobbyoffensiven scheitert. Der einflussreiche EU-Abgeordnete Markus Ferber hat immer wieder mit dafür gesorgt, dass es auf EU-Ebene kein Provisionsverbot gibt – während er gleichzeitig Mitglied im Verwaltungsrat einer Sparkasse und Beirat des Sparkassenverbandes Bayern ist. Und die Sparkassen verdienen viel Geld mit Provisionen. Ferber ist ein Paradebeispiel für einen Politiker mit zahlreichen Nebeneinkünften und Nebentätigkeiten in der Finanzlobby. In einem Report haben wir diese einmal genau unter die Lupe genommen.

Die Finanzkrise 2008 war auch ein Anstoß für die Bemühungen einer Steuer für Finanztransaktionen. Das Ziel war es, Spekulationen einzudämmen, die Banken an den Kosten der Krise zu beteiligen und Geld in Staatskassen zu spülen. 

Trotz großer Unterstützung seitens Politik und Öffentlichkeit, ist es der Finanzlobby gelungen, die Steuer praktisch zu verhindern. Dabei gelang es Großbanken wie der Deutschen Bank und den Landesbanken, die gesamte Sparkassenfamilie für ihre Profitinteressen einzuspannen. Heute ist die Finanztransaktionssteuer kaum mehr als ein Symbol für den Kampf der Finanzlobby gegen weitere Regulierung und Haftung für in der Krise verursachte Kosten.

CumEx, der größte Steuerraub der deutschen Geschichte, wurde auch durch die Nähe der Finanzbranche zu Staat und Politik möglich. So war ein Mitarbeiter des DSGV stets bestens informiert über geplante Gesetze im Finanzministerium – und gab die Informationen gegen Geld an den Anwalt Hanno Berger weiter, einen der Haupt-Strippenzieher und Profiteure von CumEx. So konnte Berger die Gesetze zugunsten von CumEx-Praktiken beeinflussen und den Steuerraub immer weiter anheizen. 

Das Image der Sparkassen – zu Unrecht so gut?

Das Beispiel der Sparkassenlobby zeigt, wie eng Politik und Finanzwelt miteinander verflochten sind und wie dadurch die Unabhängigkeit politischer Institutionen untergraben wird. Trotz der gesetzlichen Gemeinwohlverpflichtung stehen die Sparkassen den profitorientierten Privatbanken in ihrer Lobbyarbeit in nichts nach. Das positive Image der Sparkassen und ihre starke Verbandelung mit der Politik ermöglicht es ihnen, ihre Interessen besonders effektiv durchzusetzen, ohne dabei stark kritisiert zu werden.

Wir fordern, dass die Gemeinwohlorientierung wieder stärker in den Fokus der Sparkassen-Finanzgruppe rückt. Politiker*innen in den Aufsichtsgremien sollten ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen und die Interessen der Allgemeinheit vertreten. Ansonsten verdienen die Sparkassen allzu oft kein besseres Image als profitorientierte Privatbanken.