Offener Brief an den Bundesverband deutscher Banken (BdB) zu CumEx

Der BdB schuldet der Öffentlichkeit Antworten

04.08.2020

An:
Bundesverband deutscher Banken
Präsidium Martin Zielke, Dr. Hans-Walter Peters, Carola von Schmettow
Burgstraße 28
10178 Berlin

Offener Brief an den Bundesverband deutscher Banken zum Agieren im CumEx-Skandal

Sehr geehrter Herr Martin Zielke, sehr geehrter Herr Dr. Hans-Walter Peters, sehr geehrte Frau Carola von Schmettow,

vor wenigen Monaten hat ein Gericht erstmals entschieden, dass CumEx eine Straftat war. Eine Rolle bei diesem größten Finanzskandal der bundesdeutschen Geschichte spielen dabei nicht nur zahlreiche Mitgliedsinstitute Ihres Verbands, sondern auch Ihr Verband selbst. Ohne die Beteiligung des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) hätte der CumEx-Skandal wohl nie die nun erfassten Dimensionen erreicht. Die heutigen Durchsuchungen ihrer Räumlichkeiten unterstreichen dies. Ich meine: Sie schulden der Öffentlichkeit Antworten.

Zunächst berieten sich Experten in Ihrem Verband in den 1990er Jahren intern über die Thematik, ohne das Wissen über die kriminellen Geschäfte gegenüber den staatlichen Stellen offenzulegen. Schon das sehe ich als jahrelange Mitwisserschaft an. Warum kam in Ihrem Haus niemand auf die Idee, dass solche Geschäfte zu Lasten unserer Gesellschaft sofort zu unterbinden wären? Warum kam niemand auf die Idee, die zuständigen Stellen unabhängig von einem Lösungsvorschlag über diese kriminellen Geschäfte zu informieren?

Erst 2002 wurde zu CumEx mit dem Bundesfinanzministerium Kontakt aufgenommen, mit dem Ziel, einen bestimmten Vorschlag zur Gesetzgebung voranzutreiben, der Ihre Mitgliedsinstitute vor einer möglichen Haftung für diese Geschäfte bewahren sollte. Wie Ihr ehemaliger Mitarbeiter, Wolfgang Skorpel, im 4. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu diesem Thema selbst sagte: „Es war nie Gegenstand der Überlegung, diese steuerliche Problematik zu lösen. Ziel war, das Haftungsproblem zu lösen.“ Entsprechend reichten Sie dann 2003 einen konkreten Formulierungsvorschlag nach. Dieser Gesetzesvorschlag wurde fast Wort für Wort im Jahressteuergesetz 2007 übernommen. Das mag man noch als legitime Vertretung eigener Interessen interpretieren. Aber Sie sollten schon Verantwortung für die Folgen Ihres Vorschlags übernehmen: Die neue Regelung fachte die CumEx-Geschäfte erst richtig an. In der Folge kam es zu einem Milliardenschaden für Bürgerinnen und Bürger, statt das Problem zu lösen. Bisher hat Ihr Verband zu dem auf das Wirken Ihres Verbandes zurückzuführenden massiven Schaden für Bürgerinnen und Bürger noch nicht Stellung genommen. Ich erwarte von Ihnen eine Entschuldigung gegenüber der deutschen Öffentlichkeit für die Folgen Ihrer Lobbyarbeit.

Um Ihren Einfluss auf das Finanzministerium zu festigen, arbeiteten Sie mit einem ehemaligen Finanzrichter zusammen, der in den Medien aufgrund seiner Rolle im Bundesfinanzministerium als „Maulwurf“ bezeichnet wurde: Arnold Ramackers war zeitweise in Ihrem Auftrag und von Ihnen finanziert tätig. Nachgewiesen ist, dass er für den Teil des Jahressteuergesetzes 2007, in dem Ihr Gesetzesvorschlag übernommen wurde, zuständig war und im Rahmen der Bund-Länder-Erörterung Einwände gegen Ihren Gesetzesvorschlag ausbremste. Später sorgte er dafür, dass ein richtiger Hinweis des Abgeordneten Fahrenschon auf die rapide zunehmenden CumEx-Geschäfte ignoriert wurde. Selbst noch im Jahr 2009, als das Ministerium erneut versuchte, CumEx-Geschäfte zu unterbinden, bemühte sich Herr Ramackers, diesen Prozess hinauszuzögern. Bisher gab es aus Ihrem Verband keine Stellungnahme zu diesem Vorgang und der Zusammenarbeit zwischen Ihrem Verband und Herrn Ramackers. Bedeutet das, dass Sie die damals gewählten Formen der Beeinflussung der staatlichen Entscheidungsfindung und das Wirken Ihres Vertragspartners Ramackers als legitim erachten? Angemessen wäre eine klare Distanzierung. 

Kein führender Vertreter der deutschen Privatbanken hat es in den letzten Jahren für nötig befunden, sich über die Milliardengeschäfte zu Lasten der deutschen Bürgerinnen und Bürger substantiell und auf eigene Initiative zu äußern. Es gab weder eine Entschuldigung noch eine Aufarbeitung für die Öffentlichkeit, wie es möglich war, dass Geschäfte, die als „organisierte Kriminalität“ bezeichnet werden, in so vielen Ihrer Mitgliedsinstitute jahrelang vorkommen konnten. Ich halte Entschuldigung wie Aufarbeitung für überfällig.

Ich frage Sie darüber hinaus ganz direkt:

  1. Wie haben Sie die Rolle des Bankenverbands im CumEx-Skandal intern aufgearbeitet?
  2. Welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?
  3. Können Sie der Öffentlichkeit versichern, dass Sie künftig zügig und unmittelbar die zuständigen Stellen über potenziell kriminelle Geschäfte informieren?
  4. Können Sie jetzt und in Zukunft ausschließen, dass Sie „Maulwürfe“ in Ministerien einsetzen?

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Gerhard Schick
Vorstand Finanzwende