Interview mit Finanzwende-Fellow Monika Heinold

Als ehemalige Finanzministerin und Pädagogin liegt mir die Frage der sozialen Gerechtigkeit sehr am Herzen. Wenn zum Beispiel Einzelne bestimmte Steuergesetze entgegen ihrer ursprünglichen Intention so anwenden, dass Steuerzahlungen massiv reduziert werden – zuweilen auch unter Hinzunahme von Finanzmarktinnovationen –, dann darf und muss der Gesetzgeber gegen diese Form der Steuervermeidung angehen. Dazu gehört auch eine konsequente Anzeigepflicht für neue Steuergestaltungsmodelle, um ungewollte Gestaltungsmöglichkeiten im Steuerrecht rechtzeitig zu erkennen und gesetzlich zu unterbinden. Das ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit. Deshalb setze ich mich schon seit Jahren für so eine Anzeigepflicht ein.

Mein Spezialgebiet ist die Steuergerechtigkeit. Verlässliche Einnahmen sind für den Zusammenhalt der Gesellschaft unerlässlich. Es ist inakzeptabel, dass dem Staat durch Steuervermeidung und Steuerbetrug hohe Milliardenbeträge verloren gehen. Darüber hinaus ist es mir wichtig, denjenigen, die hohe Einnahmen und Vermögen haben, immer wieder zu vermitteln, dass auch sie erheblich von einer stabilen Demokratie und innerer wie äußerer Sicherheit profitieren. Deshalb ist es im Interesse Aller, hohe Einkommen und Vermögen stärker als bisher zu besteuern.

Zwölf Jahre lang war ich mit Leidenschaft Finanzministerin im schönen Schleswig-Holstein. Es war eine intensive Zeit, in der ich auch miterleben musste, wie Lobbyisten versuchen, Steuergesetze zu ihren Gunsten zu beeinflussen und verschärfte Regelungen zu verhindern. Leider finden sie viel zu oft Gehör. Umso wichtiger ist es, dass es mit der Finanzwende eine Organisation gibt, die sich fachlich fundiert für eine gerechte Staatsfinanzierung einsetzt und diesen Einflüssen entgegenwirkt. 

Der Finanzmarkt handelt im Interesse der Verbraucher*innen und Steuerzahler*innen, der Einfluss der Wirtschafts- und Finanzlobby ist transparent nachvollziehbar und zugleich stark begrenzt. Neue Steuervermeidungsmodelle werden angezeigt und die Politik hat den Mut und die Kraft, rechtzeitig über Steuergesetzgebung nachzusteuern. Vermögen ist in unserer Gesellschaft gerechter verteilt. Kurzum: Unsere Demokratie ist gestärkt, weil die Menschen im Land spüren, dass es gerecht zugeht.