Steuerprivilegien für Superreiche kippen

Das Rückspiel gegen die Lobby des großen Geldes

10.09.2021
Rückspiel: Steuerprivilegien Kippen!

In den letzten 30 Jahren sind in Deutschland genauso wie in vielen anderen Staaten der Welt die Steuern für Superreiche drastisch gesenkt worden. Milliardär*innen zahlen deswegen oft einen geringeren Steuersatz als ihre Angestellten. Das gilt für superreichen Deutsche genauso wie für Warren Buffett.

Durch massives Lobbying gelang es der Lobby des großen Geldes, dass die jeweiligen Bundesregierungen immer wieder Steuerprivilegien für die Superreichen schufen. Sie verursachen hohe Profite für eine kleine Anzahl von Personen und hohe Kosten für den Rest der Gesellschaft. Um diese undemokratischen Privilegien zu beenden, haben sich mehrere Organisationen zusammengeschlossen.

80 Milliarden Euro Steuerprivilegien pro Jahr

In den letzten 30 Jahren wurden einseitig Steuern gekürzt und neue Steuerschlupflöcher geschaffen – von der Aussetzung der Vermögensteuer über sinkende Steuersätze für hohe Einkommen bis hin zur Aufweichung der Erbschaftsteuer. Allein die Einnahmeverluste aus den zehn wichtigsten dieser Steuerprivilegien summieren sich auf etwa 80 Milliarden Euro pro Jahr. Das entspricht etwa 11 Prozent der Steuereinnahmen für 2020. Es wäre genug, um die Ausgaben für Schulen zu verdoppeln.[1]

Für die Lücke müssen Durchschnittsverdienende gleich doppelt aufkommen. Auf der einen Seite wurden Sozialbeiträge und Verbrauchsteuern erhöht. Gleichzeitig sparte der Staat bei wichtigen Zukunftsinvestitionen und finanzierte vieles auf Pump. Deutschland ist dadurch ungerechter geworden und trotzdem – oder gerade deswegen – können Innovation, Beschäftigung und Wachstum nicht an die Hochsteuer-Wirtschaftswunderjahre anknüpfen.

Aktuelle Petition

Traumrenditen für die Lobby des großen Geldes

Diese Situation ist nicht zufällig über uns gekommen. Die Steuerpolitik in Deutschland hat sich über 30 Jahre lang an den Interessen weniger Vermögender orientiert – unter den schwarz-gelben Regierungen genauso wie unter rot-grün oder schwarz-rot. Entscheidend war dafür eine sehr erfolgreiche Arbeit der Lobby des großen Geldes. Diese hatte eine gute Rendite: Indem Millionen ausgegeben wurden für einseitige Studien und Öffentlichkeitsarbeit, für Parteispenden und die Gehälter von Lobbyist*innen, konnten im Ergebnis Milliarden an Steuern gespart werden.

Wir organisieren das Rückspiel

Die Lobby des großen Geldes konnte einen Sieg nach dem anderen verbuchen. Das Resultat spaltet unsere Gesellschaft, destabilisiert unsere Wirtschaft und ist ungerecht.

Es ist deshalb Zeit für eine Politik im Interesse der Mehrheit unserer Gesellschaft. Wir Bürger*innen läuten das Rückspiel ein und fordern die Politik auf, Steuerprivilegien abzuschaffen.

Drei Organisationen haben sich zusammengeschlossen, um das Rückspiel zu starten:

  • taxmenow hat in den letzten Wochen die Grundlage gelegt für eine neue Diskussion in Deutschland, in der Vermögenden nicht nur auf den eigenen Geldbeutel schauen, sondern auf das Gemeinwohl.
  • Netzwerk Steuergerechtigkeit verbindet seit mehr als 15 Jahren wichtige Akteur*innen und steuerpolitische Expertise und ist über das Tax Justice Network auch international vernetzt.
  • Bürgerbewegung Finanzwende hat gezeigt, dass es mit Sachverstand möglich ist, ein Gegengewicht zur Finanzlobby zu organisieren.

Gemeinsam machen wir einen Anfang und schaffen die Grundlage für ein breiteres Bündnis, das die Kraft hat, die schädliche Fehlentwicklung der letzten 30 Jahre zurückzudrehen. Um den teuren Studien und Kampagnen der Lobbyist*innen entgegenzutreten, braucht es viele Tausende Bürger*innen, die mit uns bereit sind, in die Auseinandersetzung zu gehen mit den finanzstärksten Gegner*innen, die man sich vorstellen kann. Ihnen geht es um ihre Milliarden. Uns geht es um Gerechtigkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine stabile Wirtschaft.

Der erste Schritt

Eine 30-jährige Fehlentwicklung kann nicht mit einem Federstrich korrigiert werden, sondern braucht mehrere Schritte und einen langen Atem. Wir starten das Rückspiel gegen die Lobby des großen Geldes an der Stelle, an der die Lobbyarbeit am krassesten war und das Ergebnis am absurdesten ist:

Durch Ausnahmen wurde die Erbschaft- und Schenkungsteuer so ausgehöhlt, dass große Vermögen weniger belastet werden als kleine. Über Jahre wurde gegen mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts eine verfassungswidrige Erbschaftsteuer durchgesetzt. Das hat bei den Bundesländern zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe geführt – und dadurch zu einer schlechteren Ausstattung von Polizei und Schulen sowie zu einer höheren Verschuldung.

Viele Akteur*innen setzten diese Ausnahmen durch. Zum Beispiel feierten Familienunternehmer*innen die Reform der Erbschaftsteuer 2008 als großen Lobbyerfolg. Hauptakteurin der Lobbyarbeit, die diese Politik durchsetzte, war die Stiftung Familienunternehmen. Obwohl ihr Name an kleine Bäckereien um die Ecke erinnert, sind in ihr die reichsten Menschen Deutschlands organisiert. Wohl kein anderer Teil der Wirtschaftslobby verfügt über so viel Geld.

Wir wollen als ersten Schritt in unserem Rückspiel erreichen, dass die verfassungswidrigen Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer durch die nächste Bundesregierung zurückgenommen werden. Es muss wieder das Prinzip gelten, dass große Vermögen höher belastet werden als kleine, alles andere ist absurd.

Zum Auftakt des Rückspiels in der Steuerpolitik starten wir eine Petition, in der zehn konkrete Steuerprivilegien stehen. Als erster Schritt fordern wir die sofortige Rücknahme der Erbschaftsteuerausnahmen. Auf weitere Organisationen und Initiativen werden wir in den nächsten Tagen und Wochen zugehen und für die kommenden Schritte ein noch breiteres Bündnis organisieren.

Hier geht es zu unserer Petition

Eine gemeinsame Kampagne von

Quellen


[1] Die Bildungsausgaben (Schulen und schulnaher Bereich) des öffentlichen Sektors (Bund, Länder, Gemeinden) betrug laut Statistischem Bundesamt 88,5 Milliarden Euro für das Jahr 2018.