Standpunkt: Der nächste teure Fehler bei der Commerzbank

17.09.2024
Michael Peters

Michael Peters leitet bei Finanzwende den Bereich Finanzsystem und Realwirtschaft. Er hat Volkswirtschaft mit Schwerpunkt Makroökonomie und Finanzpolitik studiert. Danach hat er an der Schnittstelle von Digitalisierung, Transparenz und öffentlichen Finanzen gearbeitet.  

In der Finanzkrise rettete der Staat die Commerzbank und verlor dabei Milliarden. Beim jüngsten Teil-Verkauf agierte die Regierung naiv und verschenkte mindestens 100 Millionen Euro.

Es war ein Schnäppchen für die italienische Bank Unicredit – und ein dickes Verlustgeschäft für Deutschland: Am Abend des 10. September beauftragte die Bundesregierung zwei US-Großbanken damit, per Auktion einen Teil ihrer Commerzbank-Aktien zu verkaufen. Die Unicredit schlug zu, im großen Stil: Am nächsten Morgen verkündete sie, dass sie neben den 4,5 Prozent der Bundesregierung noch weitere Aktien gekauft habe und nun insgesamt 9 Prozent der Commerzbank besitze. Und das sehr günstig: Normalerweise müssen Investoren für derartige strategische Übernahmen eine saftige Prämie zahlen. Schätzungen zufolge wären mindestens 20 Prozent Aufschlag realistisch gewesen – etwa 100 Millionen Euro mehr.*

Normalerweise müssen Investoren für derartige strategische Übernahmen eine saftige Prämie zahlen.

Der verkorkste Deal fügt sich nahtlos ins Gesamtbild: Die Commerzbank-Beteiligung war geprägt von teuren und peinlichen Fehlern, unabhängig davon, welche Partei den Finanzminister stellte. Bereits die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank im August 2008 wurde gnadenlos unterschätzt. Nur wenige Wochen später musste die hochverschuldete Commerzbank gerettet werden. Finanzminister Steinbrück schonte den Pleite-Vorstand und gönnte den Aktionär*innen gute Konditionen.

Das Versprechen während der Staatsbeteiligung keine Dividenden oder Boni auszuzahlen hielt nicht lang: Schon 2010 zahlte die Commerzbank ihren Mitarbeiter*innen 22 Millionen Euro Boni, der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble griff nicht ein. Den nächsten Fehlgriff leistete sich Finanzminister Olaf Scholz 2019, als er eine Übernahme durch die Deutsche Bank unterstützte und damit krachend scheiterte.

Das Risiko für die Stabilität des gesamten Finanzsystems, das davon ausgeht, sollte zumindest nicht ignoriert werden.

Die Übernahme der Commerzbank durch Unicredit mag in Anbetracht der zersplitterten EU-Bankenlandschaft durchaus sinnvoll sein. Doch durch die Fusion mit Unicredit würde eine weitere Großbank entstehen – mit einer Bilanzsumme von etwa 1.400 Milliarden Euro in etwa so groß wie die Deutsche Bank. Das Risiko für die Stabilität des gesamten Finanzsystems, das davon ausgeht, sollte zumindest nicht ignoriert werden.

Am Ende der Commerzbank-Rettung steht für deutsche Steuerzahler*innen wohl ein Verlust von etwa 2,5 Milliarden Euro, während andere Staaten mit einem Plus aus Bankenrettungen aussteigen konnten.

Die Lehre aus diesem Debakel? Banken brauchen wesentlich mehr Eigenkapital, damit wir sie in Zukunft nicht mehr retten müssen. Und deutsche Finanzminister müssen besser darin werden, das Geld der Steuerzahler*innen optimal einzusetzen, wenn es um staatliche Rettungsmaßnahmen geht.


* Bei Übernahmen sind 20 Prozent Aufschlag üblich, das zeigt sowohl der nachträgliche Commerzbank Kursanstieg von etwa 20 Prozent, als auch die Verhandlungen um das DAX-Unternehmen Covestro, bei der ein strategischer Investor etwa 29 Prozent Aufschlag bietet.