Die CumCum-Geschäfte der Sparkassen und Volksbanken Anders als bei CumEx haben sich bei CumCum auch kleinere Banken an den illegalen Geschäften beteiligt. 10.06.2024 Schätzungen zufolge beläuft sich der Schaden der CumCum-Geschäfte auf mehr als 28 Milliarden Euro. Anders als bei CumEx beteiligten sich auch Sparkassen und Volksbanken an den CumCum-Geschäften. Bisher ist deren Rolle nicht vollständig aufgearbeitet. Die Banken schulden der Öffentlichkeit Antworten. Finanzwende hat deswegen nachgefragt. Während die Aufarbeitung der CumEx-Geschäfte inzwischen zumindest etwas vorankommt, steht sie bei CumCum noch am Anfang. Noch immer wurde niemand der Beteiligten verurteilt, noch immer wurde nur ein Bruchteil der illegal erworbenen Gelder zurückgeholt. Dabei geht es bei CumCum um viel mehr Geld – und um einen anderen Täterkreis. So haben sich auch einige Banken des öffentlichen Rechts (Sparkassen) und Genossenschaftsbanken (Volksbanken) an diesen illegalen Geschäften beteiligt und Profit mit illegalen Steuerrückzahlungen gemacht. Die Sparkassen und Volksbanken, vertreten durch den Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie den Deutschen Sparkassen- und Giroverband schulden es der Öffentlichkeit, hier endlich für Aufklärung zu sorgen. Finanzwende kämpft für Aufklärung bei CumEx und CumCum! Jetzt Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben: E-Mail Unsere Datenschutzerklärung finden Sie hier. Anmelden Was ist der Unterschied zwischen CumCum und CumEx? Doch von vorn: CumCum-Geschäfte sind eng verbunden mit CumEx-Geschäften. So sagten Zeug*innen vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss dazu im Bundestag aus, sie hätten als Händler*innen nicht zwischen CumEx und CumCum unterschieden. Oft bauten CumEx-Geschäfte auf CumCum-Geschäften auf. Ein elementarer Unterschied ist jedoch, dass sich auch kleinere Banken wie Sparkassen und Volksbanken an den CumCum-Geschäften beteiligen konnten, zum Beispiel über die Subkategorie der „weitergeleiteten Wertpapierleihe”. Wie funktionierten CumCum-Geschäfte? CumCum-Geschäfte nach dem Prinzip der weitergeleiteten Wertpapierleihe funktionierten so: Ein im Ausland ansässiger Anteilseigner deutscher Aktiengesellschaften hat – anders als ein Inländer – nicht die Möglichkeit, sich die Kapitalertragsteuer auf die Dividendenzahlungen erstatten zu lassen. Um diesen Steuervorteil trotzdem zu erhalten, lieferte er – oft über ein ausländisches Finanzinstitut – Aktienpakete vor dem Dividendenstichtag an ein in Deutschland sitzendes Finanzinstitut. Das deutsche Institut leitete die Aktien weiter, an ein weiteres in Deutschland sitzendes Finanzinstitut. Diese Institute am Ende der Kette waren in vielen Fällen auch Sparkassen und Volksbanken, die sich die Kapitalertragsteuer auf die Dividendenerträge erstatten ließen. Die Verlängerung der Kette um Sparkassen und Volksbanken hatte offenbar vor allem den Grund, den Gestaltungsmissbrauch zu verschleiern. Nach dem Dividendenstichtag wurden die Aktienpakete dann entlang der Kette wieder zurück übertragen. Am Ende wurde der illegal erzielte Profit zwischen allen involvierten Finanzinstituten aufgeteilt. Den Steuervorteil in dieser Form in Anspruch zu nehmen, ist steuerlich ein Gestaltungsmissbrauch. Rechtliche Gutachten legen inzwischen darüber hinaus nahe, dass diese Geschäfte neben der steuerrechtlichen auch eine strafrechtliche Relevanz haben. Wie kam es dazu, dass Sparkassen und Volksbanken, also lokal verwurzelte Finanzinstitute, teils per Satzung zum Erhalt des Gemeinwohls verpflichtet, sich an illegalen Geschäften beteiligten? Ein Dokument aus dem Jahr 2008 gibt einen Einblick. CumCum und die Sparkasse Karlsruhe Das „streng vertrauliche” Dokument zeigt ein Geschäftsangebot der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) an die Sparkasse Karlsruhe mit dem Namen RODAL: „Rendite-optimierte Dax-Aktien-Leihe”. Das Angebot beschreibt den letzten Teil der Kette eines CumCum-Geschäfts. Das Beste an dem Angebot für die Sparkasse: „Zusätzliche Marktrisiken müssen nicht eingegangen werden.“ Es handle sich um ein risikoloses Aktiengeschäft mit gesicherter Rendite. Eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Die Zusatzrendite kam dabei aus unser aller Taschen. Denn: Wegen des Vorliegens eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs ist die Erstattung der Kapitalertragsteuer unzulässig. Falls eine Sparkasse ein solches Geschäft eingegangen ist, hat sie sich an einem illegalen CumCum-Geschäft beteiligt. Doch eine Antwort auf die Frage, ob sich die Sparkasse Karlsruhe an solchen Geschäften beteiligt hat, gibt die Sparkasse nicht. Aufarbeitung von CumCum-Geschäften bei Sparkassen und Volksbanken Das Problem bei der Aufarbeitung der Geschäfte ist, dass in vielen Fällen die einzelnen Teilgeschäfte in der Kette nicht per se illegale Geschäfte darstellen, sondern es sich oft um übliche Bankgeschäfte handelt. Die Illegalität der Geschäfte liegt in der Gesamtgestaltung, die nur dem Zweck dient, die Besteuerung zu umgehen, ohne einen weiteren beachtlichen wirtschaftlichen Zweck zu verfolgen. Wiederholte Abfragen der Finanzaufsichtsbehörde BaFin ergaben, dass eine Vielzahl von Banken sich an CumCum-Geschäften beteiligt hatte und, da sie mit Rückforderungen der Gelder rechneten, auch Rückstellungen gebildet hatten. Daraufhin ergab eine Recherche des Handelsblatts und des Bayerischen Rundfunks, dass auch auf Sparkassen und Volksbanken Steuerrückforderungen wegen CumCum-Geschäften zukommen könnten. Die Kreissparkasse Göppingen gab dem Handelsblatt bekannt: Sie habe „wie andere Banken auch, sogenannte Cum-Cum-Geschäfte getätigt, ausschließlich mit inländischen Kreditinstituten“. Steuerrückstellungen, die auf vergangene CumCum-Geschäfte hindeuten, wurden auch von der Sparkasse Bodensee, der Sparkasse Karlsruhe und der Volksbank Heilbronn gebildet. Die Volksbank Heilbronn musste schlussendlich sogar mit der VR Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim fusionieren. Offenbar, weil sie Steuerrückforderungen aufgrund von CumCum-Geschäften nicht mehr selbst stemmen konnte. Durch die Abfrage der BaFin wurden auch CumCum-Geschäfte der Volksbank Rhein-Ruhr und der Volksbank Kur- und Rheinpfalz bekannt. Welche Banken sich darüber hinaus an den illegalen Geschäften beteiligt haben, ist aber weiter unbekannt. Dabei urteilte der Bundesfinanzhof höchstrichterlich bereits im Jahr 2015, dass CumCum-Geschäfte illegal sind. Kurz darauf wurden die Geschäfte durch eine Gesetzesänderung vom Gesetzgeber technisch weitgehend verhindert. Doch seitdem stockt die Aufklärung, ebenso wie die Rückforderung der illegalen Profite. Obwohl den Sparkassen als öffentlich-rechtlichen Instituten und Volksbanken als lokal verankerten Banken eine besondere Rolle bei der Aufklärung illegaler Bankgeschäfte zukommt, hüllen sie sich in Schweigen und tragen nicht in dem erforderlichen Maße zu einer Aufklärung bei. Finanzwende fragt nach Aufbauend auf Hinweisen zu den Sparkassen Karlsruhe, Bodensee und Göppingen fragten wir bei allen 50 Sparkassen in Baden-Württemberg nach, ob sie sich an den Geschäften beteiligt haben, ob sie entsprechende Geschäftsangebote erhielten und ob Rückzahlungen ausstehen. Von den 50 Sparkassen gab uns nur rund ein Drittel ein eindeutiges, belastbares Dementi. Alle anderen blieben unklar oder antworteten uns gar nicht. Der Sparkassenverband Baden-Württemberg erklärte uns: „Oftmals haben die Entscheidungen Personen getroffen, die gar nicht mehr in diesen Funktionen tätig sind." Der Ursprung der Geschäfte läge „fast 20 Jahre” zurück und Dank genereller Berichterstattung seien „alle Aspekte bereits öffentlich beleuchtet” worden. Ersteres spielt aus unserer Sicht keine Rolle – letzteres sehen wir anders. Anstatt das Problem in der Vergangenheit zu sehen, braucht es dringend eine vollumfängliche Aufklärung. Wir erwarten, dass die Verbände endlich öffentlich erklären, welche Banken sich in welchem Umfang an den Geschäften beteiligt haben – in ganz Deutschland. Des Weiteren fordern wir die Banken auf, die illegalen Geschäfte offenzulegen und die unrechtmäßig erzielten Profite zurückzuzahlen! Es darf nicht sein, dass gerade öffentlich-rechtliche Institute, die eine besondere Vertrauensstellung für rechtsstaatliches Verhalten innehaben, den Staat und damit alle Bürger*innen durch illegale Geschäftspraktiken dauerhaft schädigen. Denn wenn Banken auf unser aller Kosten illegale Steuerdeals machen, ist das immer falsch. Wenn es Sparkassen und Volksbanken tun, hat es eine besondere Qualität. Wer als öffentliches Institut hier nicht alles für Aufklärung tut, wird seinem Auftrag nicht gerecht.