Geldwäsche

Deutschland ist noch zu oft ein sicherer Hafen für schmutziges Geld

02.02.2023
2 Bankentürme zwischen denen an einer Leine Geld zum Trocknen aufgehängt ist.
  • Geldwäsche bezeichnet den Prozess, über den kriminell erbeutetes Geld in die legale Wirtschaft eingeschleust wird. Der Ursprung des Geldes wird dadurch getarnt und das Geld kann legal genutzt werden.
  • Deutschland scheitert an einer effektiven Prävention und Bekämpfung von Geldwäsche. Das Land ist oft ein sicherer Hafen für schmutziges Geld und der daraus resultierende Schaden ist immens.
  • Immerhin gab es 2022 Fortschritte, nachdem die Umsetzung der Sanktionen gegen Russland auf Probleme stieß. Aber es ist noch ein weiter Weg zu gehen.

Geldwäsche - das mag erstmal harmlos klingen, ist aber nur in Zusammenspiel mit anderen Verbrechen möglich. Findet sich auf der einen Seite Geldwäsche, liegt auf der anderen Steuerhinterziehung, Drogenhandel oder gar Terrorismus, Menschenhandel und weitere schlimme Verbrechen.

Bekämpft man Geldwäsche, bekämpft man also auch Organisierte Kriminalität, Autokrat*innen, die Mafia und viele weitere hochkriminelle Organisationen. Denn diese müssen ihre illegalen Gewinne tarnen, um sie in der legalen Wirtschaft zu gebrauchen.

Geldwäsche ist Finanzkriminalität. Deshalb beschäftigt sich Finanzwende mit dem Thema.

Was ist Geldwäsche?

Geldwäsche bedeutet, aus Verbrechen erworbenes Geld so zu tarnen, dass es sauber wirkt und niemand mehr weiß, wo es herkommt. Das kann auf vielen unterschiedlichen Wegen passieren. Oft geht es darum, große Mengen an Bargeld auf ein Konto zu bekommen, ohne dass deren Herkunft erkennbar ist. Dafür können Restaurants, Casinos und sonstige bargeldintensive Geschäfte genutzt werden. Eine Gastronomin kann zum Beispiel angeben, mehr Kund*innen gehabt zu haben, als in Wirklichkeit da waren. So kann sie zusätzlich eingeschleustes Bargeld ganz leicht erklären.

Teilweise braucht es dazu große Netzwerke und Strukturen, zum Beispiel, wenn Geldwäsche über Import/Export-Geschäfte läuft. Auch hier können Kriminelle die Zahlen über Importe und Exporte fälschen und so illegale Gelder einschleusen. Die Wege mögen sich unterscheiden, das Ziel bleibt das gleiche: Illegale Profite zu legal nutzbaren Werten zu machen.

Warum uns Geldwäsche leider alle betrifft

Aber was hat das mit uns allen zu tun? Im Alltag begegnet uns Geldwäsche scheinbar nie. Nur hin und wieder erinnert ein verwahrlostes Wettbüro oder Ähnliches an die Frage, wie sich diese Geschäfte eigentlich halten können. Dass niemand so recht über Geldwäsche Bescheid weiß, liegt in der Natur der Sache – denn schließlich lebt sie von Intransparenz.


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Geldwäsche begegnet uns allerdings durch die Schäden, die sie verursacht. Zum Beispiel, wenn dem Fiskus Milliarden an Steuern entgehen, die sonst für Bildung oder Krankenhäuser zur Verfügung stehen würden. Oder wenn Geldwäsche langfristig den Rechtsstaat kaputtmacht, da jeder gewaschene Euro die Organisierte Kriminalität stärkt. Auch bekommen ehrliche Unternehmen ein Wettbewerbsproblem, wenn ihre Konkurrenz illegales Geld gebraucht.

Sorgenkind Deutschland

Geldwäsche ist für Deutschland nicht nur ein innenpolitisches Problem, sie kann auch außenpolitisch zu einer großen Gefahr werden: Wenn Autokrat*innen Gelder aus ihren Ländern nach Europa schleusen und hierzulande zum Beispiel in Villen stecken, dann stellt das auch sicherheitspolitisch eine Gefahr dar.

Und bei Skandalen wie den Panama- oder Pandora-Papers, ist oft Geldwäsche im Spiel. Denn die Schattenfinanzzentren, die für Steuerhinterziehung genutzt werden, eignen sich auch für Geldwäsche. Dort können anonyme Eigentümer*innen von Unternehmen leicht Geschäfte machen.

Trotz dieser gewaltigen Gefahren und Probleme denken beim Thema Geldwäsche viele erstmal an andere Länder. Dabei ist sie gerade in Deutschland ein riesiges Problem: Schätzungsweise werden hierzulande jedes Jahr rund 100 Milliarden Euro gewaschen – eine gigantische Geldsumme. Und die Anzahl der Verdachtsfälle steigt, anders als bei vielen anderen Formen von Kriminalität. 

Der Immobiliensektor ist eine Einladung für Geldwäscher*innen

Besonders beliebt ist der Kauf von Immobilien, um Geld zu waschen. Warum Immobilien? Zum einen gibt es oft keine Transparenz darüber, wem sie überhaupt gehören – immer wieder scheitern die deutschen Behörden daran, die wahren Besitzer*innen bestimmter Immobilien zu ermitteln.

Zum anderen konnte man noch bis Dezember 2022 Immobilien mit dem Bargeldkoffer bezahlen - eine Einladung zum Geldwaschen, die vielfach angenommen wurde. Diese fragliche Regelung, gegen die wir uns lange stemmten, wurde erst mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz II (SDG II) Ende 2022 aus der Welt geschaffen.

Geldwäsche im Immobiliensektor führt zudem zu einer höheren Nachfrage, leerstehenden Häuser und steigenden Mietpreisen für alle.

Wie wird Geldwäsche in Deutschland bekämpft?

Geldwäsche ist natürlich verboten in Deutschland. Denn es geht ja darum, illegal erwirtschaftete Vermögenswerte zu tarnen. Um jemanden vor Gericht wegen Geldwäsche anzuklagen, muss also vorher schon eine andere Straftat begangen worden sein. Seit Anfang 2021 gilt der All-Crimes-Ansatz: Jede Vortat kann also zu Geldwäsche führen. Davor gab es noch einen Vortatenkatalog, es musste eine bestimmte Vortat vorliegen, damit sich ein Gericht auch mit Geldwäsche befasst.

Daneben gibt es natürlich auch bei uns Präventionsmaßnahmen gegen Geldwäsche, die vor allem das Geldwäschegesetz (GWG) regelt. Aber das Gesamtbild sieht nüchtern aus: Die Maßnahmen werden nicht konsequent umgesetzt, denn die Aufsicht ist schwach und zerstückelt. Dabei macht auch die oberste Aufsichtsbehörde für den Finanzsektor, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), keine gute Figur.

Außerdem gibt es eine höhere Affinität für Bargeld in Deutschland als in anderen Ländern. Geldwäscher*innen freuen sich darüber.

Geldwäscheprävention in Deutschland: Verdachtsmeldungen und die FIU

Um Geldwäschefälle frühzeitig zu erkennen, gibt es laut Geldwäschegesetz sogenannte Verpflichtete in den Bereichen, in denen es besonders viel Geldwäsche gibt. Verpflichtete sind zum Beispiel Banken, Versicherungen, Juwelier*innen, Autohändler*innen oder Immobilienmakler*innen. Ihnen allen fallen besondere Sorgfaltspflichten zu, sogenannte „Know-Your-Customer“-Regeln.

Die Verpflichteten müssen Kundendaten abfragen und diese speichern, genauso wie Informationen zur Herkunft von Geld. Fällt ihnen etwas Verdächtiges auf, sollen sie eine Verdachtsmeldung an die Financial Intelligence Unit (FIU) abgeben. Die FIU soll dann die Verdachtsmeldungen untersuchen, die Spreu vom Weizen trennen und alle relevanten Meldungen an die zuständigen Landeskriminalämter weitergeben.

Mängel und Missstände bei der FIU

Soweit die Theorie, leider klappt dies in der Praxis nicht. Im Jahr 2017 wurde die FIU reformiert. Seitdem gibt es einen nicht enden wollenden Strom an Berichten über Mängel und Missstände bei der FIU. Das größte Problem ist, dass sie es nicht schafft, die Verdachtsmeldungen rechtzeitig zu prüfen und weiterzuleiten. Trotz ursprünglich anderer Beteuerungen musste sie im November 2022 zugeben, dass es noch immer über 100.000 ungeprüfte Verdachtsmeldungen gibt.

Ein anderes Problem ist, dass die meisten Verdachtsmeldungen von Banken kommen – deutlich über 90 Prozent. Es gibt also nur wenige Meldungen aus dem Nicht-Finanzsektor, zum Beispiel von Autohändler*innen oder Immobilienmakler*innen. Kein Wunder, denn statistisch gesehen müssen Verpflichtete aus dem Nicht-Finanzsektor laut Bundesrechnungshof nur alle 200 Jahre mit einer Überprüfung vor Ort rechnen.

Es gibt über 300 Aufsichten in Deutschland. Damit ist die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor sehr dezentral. Im August 2022 verkündete Bundesfinanzminister Christian Lindner, dass diese Zahl deutlich gesenkt wird und 2023 eine koordinierende Zentralstelle für die Aufsicht im Nicht-Finanzsektor aufgebaut werden soll.

Klage von der EU-Kommission, Kritik von der FATF

Alle zehn Jahre prüft die Financial Action Task Force (FATF), ein internationales Geldwäschegremium, ob Länder bei der Geldwäschebekämpfung Fortschritte machen. Für Deutschland fiel die Prüfung vor rund zwölf Jahren verheerend aus.

Die Ergebnisse der letzten Prüfung wurden im Sommer 2022 vorgestellt: Zwar hatten sich einige Punkte verbessert, es gab aber noch immer viel zu kritisieren:

  • Grundsätzlich kommt es in zu vielen Fällen nicht zu einem Prozess.
  • Reformen kommen nicht auf der „operativen Ebene“ an. Das bedeutet, die Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden müssen aktiver werden und der Staat muss sie besser unterstützen.
  • Der Nicht-Finanzsektor bleibt ebenfalls ein Problemfall, wie oben beschrieben.

Der FATF-Bericht hat Forderungen von Finanzwende bestärkt: Finanzwende fordert ein verbessertes Transparenzregister – ohne Lücken – sowie bessere Statistiken zu Geldwäsche. In anderen Bereichen gibt es laut dem Bericht zwar Verbesserungen, zum Beispiel bei der Vermögensabschöpfung. Auch hier sieht Finanzwende aber noch Luft nach oben, damit die Abschöpfung illegaler Vermögen zu einem wirklich scharfen Schwert wird. Nur wenn der Staat illegale Profite auch wieder einkassiert, trifft er Kriminelle dort, wo es wehtut.

Völlig zurecht gibt es daher auch immer wieder Kritik aus dem Ausland: Deutschland ist ein Geldwäsche-Paradies! Das findet sogar die EU-Kommission, die Deutschland für die mangelhafte Umsetzung von EU-Geldwäscherichtlinien verklagt hat. Das ist peinlich. Deutschland muss endlich effektiv gegen Geldwäsche vorgehen!


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Angriffskrieg gegen die Ukraine: Neue Aufmerksamkeit

Es ist nicht so, dass sich nichts tut. Gerade der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dem Thema Geldwäsche neue Aufmerksamkeit verschafft. Warum? Weil die laxen Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung seit Jahren auch eine Einladung an Oligarch*innen autoritärer Regime wie Russland sind, ihr Vermögen in Deutschland zu horten.

Erst als die Bundesregierung als Reaktion auf den Krieg das Vermögen russischer Oligarch*innen einfrieren wollte, wurde klar: So einfach ist das gar nicht mit den Sanktionen. Denn die schwachen Strukturen zur Geldwäschebekämpfung haben auch zur Folge, dass Vermögen prima versteckt werden kann.

Die Politik bringt Maßnahmen auf den Weg, aber der große Wurf fehlt

Die Sanktionsdurchsetzungsgesetze I und II sind die Antwort der Bundesregierung und des Bundestags auf die Probleme bei der Sanktionsdurchsetzung. Sie gehen in die richtige Richtung, aber der versprochene große Wurf fehlt bislang. Viele wichtige Werkzeuge werden den Ermittler*innen wohl auch weiterhin vorenthalten.

Finanzwende fordert deshalb unter anderem, dass die Bundesregierung den Werkzeugkasten der Ermittler*innen besser ausstattet und endlich alle Werkzeuge nutzt, damit Deutschland nicht länger ein sicherer Hafen für schmutziges Geld bleibt!

Es wird spannend bleiben, wie Deutschland seinen Rückstand in Sachen Geldwäschebekämpfung aufholen will. Die Ankündigungen sind auf jeden Fall groß und kommen aus verschiedenen Ministerien: Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das Thema auf dem Tisch, eine neue Strategie für das Bundeskriminalamt (BKA) soll Geldwäsche mehr in den Fokus der Ermittler*innen rücken und Bundesfinanzminister Christian Lindner plant den Aufbau eines „Bundesfinanzkriminalamts“.

Nun müssen den vollmundigen Versprechungen auch Taten folgen

Es tut sich also etwas, aber nun müssen den vollmundigen Versprechungen auch Taten folgen. Wir bleiben dran und setzen uns dafür ein, dass es in Sachen Geldwäschebekämpfung in die richtige Richtung geht.

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