Finanzvertrieb an Hochschulen Wie der Finanzkonzern MLP die Goethe-Universität Frankfurt als Verkaufsplattform nutzt 03.11.2020 Der Finanzkonzern MLP vermittelt Finanzprodukte an Studierende. Um mit dieser Zielgruppe in Kontakt zu treten, hat MLP bundesweit Kooperationen mit Hochschulen aufgebaut. Eine sehr enge Kooperationen unterhält der Finanzkonzern mit der Universität Frankfurt. Hier nutzt MLP das universitätseigenen Career-Service, um für sich und die eigenen „Lehrveranstaltungen“ Werbung zu machen. Die Kurse werden nicht von neutralen Lehrkräften gehalten, sondern von MLP und dienen dem Wieslocher Unternehmen am Ende für den Verkauf von Finanzprodukten. Da MLP-Vermittler*innen für jedes verkaufte Produkt eine Provision erhalten – oft über Jahre hinweg – steht bei der Vermittlung häufig nicht der Bedarf der Studierenden im Fokus, sondern die eigene Provision. Aus Sicht von Finanzwende dürfen Hochschulen keine Verkaufsplattform für Finanzprodukte sein. Die Uni Frankfurt muss die eigene Unabhängigkeit wahren und den Finanzvermittler*innen ein Campusverbot erteilen. Junge Menschen, speziell Studierende, sind eine lukrative Zielgruppe für Vermittler*innen von Finanzprodukten. Das hat wohl auch der nach Provisionserlösen zweitgrößte Finanzvermittler Deutschlands, MLP, für sich entdeckt. Denn für Finanzvertriebe ergibt sich durch den Verkauf von privaten Vorsorgeprodukten an Studierende, die in Finanzfragen oftmals noch nicht so viel Erfahrung haben, ein sehr gutes Geschäft auf Basis von Provisionszahlungen und anderen Abschlusskosten. Studierende sind also „leichte Beute“ für den Finanzvertrieb. Außerdem ermöglichen Vertragsabschlüsse mit Anfang-20-Jährigen sehr lange Vertragslaufzeiten und somit im besten Fall jahrzehntelange Gewinne für MLP. Mit sogenannten Hochschulteams, also eigens für die „Zielgruppe Studierende“ geschulte Finanzvermittler, ist MLP mittlerweile in fast allen Hochschulstädten vertreten. Das provisionsbasierte Vertriebsmodell von MLP führt allerdings dazu, dass nicht der tatsächliche Bedarf der Studierenden im Vordergrund steht, sondern die Provision der Person, die vermittelt. Dadurch werden Menschen Verträge aufgedrängt, die aus Sicht von Finanzwende unrentabel, ungeeignet oder viel teuer sind. Finanzwende liegt zum Beispiel ein von MLP vermittelter Vertrag vor, der im Juli 2019 von einem Studierenden abgeschlossen wurde: Eine fondsgebundene Rürup-Rente, gekoppelt an eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Für den Vertrag fallen im Laufe der Jahre ganze 22.000 Euro Abschlusskosten an. Am Ende der Laufzeit von 44 Jahren müsste der Student unglaubliche 6.070 Euro im Monat aufbringen, wenn er wie vorgesehen an dem Vertrag festhielte und die dort vorgesehene jährliche Beitragssteigerung eingehalten werden würde. Eine einfache Kündigung des Vertrags ist nicht einmal möglich, ohne den wichtigen Berufsunfähigkeitsschutz zu verlieren. Diese Art Verträge werden von MLP zuhauf an Studierende vermittelt – das zeigen zahlreiche Erfahrungsberichte und Einsendungen, die Finanzwende von aktuellen und ehemaligen Studierenden erhalten hat. Diese wissen häufig nicht, worauf sie sich einlassen. Finanzwende setzt sich für einen effektiven Verbraucherschutz im Finanzbereich ein. Jetzt Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben: E-Mail* Unsere Datenschutzerklärung finden Sie hier. Anmelden Hochschulkooperationen und –präsenz von MLP Um junge Menschen zu erreichen, tritt MLP sowohl online als auch offline in Erscheinung. So nutzt das Unternehmen ein Online-Netzwerk rund um die Webseite Hochschulinitiative Deutschland und das Unternehmen Uniwunder GmbH und unterhält deutschlandweit Kooperationen mit Hochschulen, die unterschiedlich stark ausfallen und unter anderem darin bestehen, dass MLP auf dem Campus und auf dem Webauftritt der Hochschulen für spezielle MLP-Kurse wie Bewerbungstrainings oder Excel-Kurse werben darf. Warum MLP nicht einfach Kurse über die Wichtigkeit von Berufsunfähigkeitsversicherungen anbietet, bleibt ihr Geheimnis. Klar ist: Die Kurse dienen MLP zur Kontaktaufnahme und zur Anbahnung eines Verkaufsgesprächs. Sie werden von MLP durchgeführt und nicht etwa von neutralen Lehrkräften. Hinzu kommt ein sehr aktives Sponsoring, zum Beispiel von Uni-Galas bis hin zur Finanzierung ganzer Hörsäle. Die Wege des Finanzvermittlungsunternehmens auf den Campus sind sehr unterschiedlich. Mal geht man eine Kooperation mit einer Fachschaft ein, mal mit einem Institut einer Universität. Dies zeigt der Kurzreport „Das System MLP“ von Finanzwende Recherche. Kooperation mit der Universität Frankfurt Eine sehr enge Kooperation hat MLP mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main aufgebaut. Allein im Wintersemester 2020/21 bewirbt der Career Service auf der hochschuleigenen Webseite mindestens 10 Lehrveranstaltungen, die von MLP durchgeführt werden. Und eine weitere, die von der MLP-Tochter Feri AG angeboten wird. Das Angebot in Frankfurt reicht von Kursen in „Financial Education“ über „Steuerseminar für Studierende und Hochschulabsolvent*innen“ hin zu „Bewerbungstrainings in Zeiten von Corona“. Der Career Service stellt MLP sogar die eigene Infrastruktur für die Anmeldung zu den Kursen zur Verfügung. Studierende, die sich für die MLP-Kurse registrieren lassen wollen, müssen dies über das Portal der Uni-Webseite tun und persönliche Kontaktdaten wie ihre Telefonnummer hinterlassen. Die besondere Präsenz des Unternehmens in Frankfurt drückt sich auch in der Stärke des sogenannten MLP-Hochschulteams in Frankfurt aus. 18 Personen sind für MLP in Frankfurt einzig und allein für den Bereich Hochschulen tätig. Teile des MLP-Hochschulteams führen in ihrer Vita sogar den Titel „Externer Dozent an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main“. Auf Studierende vermitteln sie damit einen neutralen Eindruck, den Vermittler von Finanzprodukten auf Provisionsbasis gar nicht haben können. Man kann der Universität Frankfurt nicht vorwerfen, dass sie die Kooperation nicht transparent macht. Eher das Gegenteil. Die Webseite der Uni wirkt fast wie eine Werbeplattform von MLP. Lukratives Hochschulgeschäft für MLP In einem Interview von 2018 gab der Bereichsvorstand Matthias Laier an: „Die Universität ist das Wohnzimmer von MLP und wird es auch immer bleiben“. Nach wie vor scheint dieser Slogan aktuell zu sein. MLP hat im März 2020 angekündigt, bis Ende 2022 seine Anzahl an Berater*innen an Unis fast zu verdoppeln und zwar von aktuell 330 auf 500 bis 600. Im Geschäftsbericht heißt es hierzu: „Ziel dieser Fokussierung ist es, an den Hochschulen noch präsenter zu sein und somit verstärkt Neukunden und junge Berater zu gewinnen. Zum Stand Dezember 2019 waren 76 Leiter Hochschulteams tätig. 2020 wollen wir die Aktivitäten weiter fortsetzen und ausweiten. Ziel bleibt es, das erreichte Nettowachstum bei den Beratern deutlich auszubauen.“ Gegenüber seinen Investor*innen spricht das Aktienunternehmen ganz offen vom lukrativen Geschäftsmodell der provisionsorientierten Finanzvermittlung an Studierende. Bei einer Analystenkonferenz im Frühjahr 2020 gibt MLP an, dass das Hochschulgeschäft knapp 15 Prozent des Gesamterlöses ausmache (was 2019 etwa 106 Mio. Euro entsprach). Finanzwende Forderungen Aus Sicht von Finanzwende ist die Kooperation der Uni Frankfurt mit MLP keineswegs ausgewogen. Noch schlimmer ist, dass eine der renommiertesten deutschen Hochschulen sich selbst als Werbeplattform für fragwürdige Finanzprodukte verkauft. Diese Form der Drittmittelakquise ist höchst fragwürdig und eine Einladung für Konzerne wie MLP, ihre Hochschularbeit weiter auszubauen und ihren Produktvertrieb über die Career-Center laufen zu lassen. Letztlich handelt es sich um eine Kooperation zwischen Hochschulen und MLP, die zu Lasten der wissenschaftlichen Unabhängigkeit und der Qualität der Lehre geht, wenn Finanzvermittlungsunternehmen Kurse anbieten, bei denen es ihnen vor allem um die Verkaufsanbahnung geht. Die Kooperation geht außerdem zulasten der Studierenden, die sich im Vertrauen auf die Hochschule auf MLP einlassen und dabei teilweise fünfstellige Summen verlieren. Andere Hochschulen sehen die direkte Zusammenarbeit offenbar kritischer. Von der TU Darmstadt erhielten die Berater*innen von MLP bereits ein zeitweises Hausverbot. Finanzwende fordert die Präsidentin der Goethe-Universität Frankfurt am Main Frau Prof. Brigitta Wolff auf, Studierende vor Finanzvermittlungsunternehmen zu schützen und die Kooperation mit MLP und anderen Finanzkonzernen sofort einzustellen. Sie muss dem Beispiel der TU Darmstadt folgen, MLP ein Campusverbot erteilen und darf nicht länger einem Finanzkonzern die Uni-Infrastruktur zur Verfügung stellen. Abgeschlossene Kampagne Finanzvermittler MLP – Runter vom Campus! MLP ist ein Finanzkonzern, der auf Provisionsbasis Finanzverträge an Studierende vermittelt. Die Goethe-Universität Frankfurt am Main kooperiert mit dem Finanzvertrieb und bereitet den Vermittler*innen damit den Weg zum Verkauf von Finanzprodukten an Studierende. Mehr erfahren
Finanzvermittler MLP – Runter vom Campus! MLP ist ein Finanzkonzern, der auf Provisionsbasis Finanzverträge an Studierende vermittelt. Die Goethe-Universität Frankfurt am Main kooperiert mit dem Finanzvertrieb und bereitet den Vermittler*innen damit den Weg zum Verkauf von Finanzprodukten an Studierende. Mehr erfahren