Bankenlobby: Innenansicht einer Milliardenjagd Dreist, Dreister, Bankenlobby 16.10.2025 Deutsche Bank und Co. lobbyierten die Ampel-Regierung hartnäckig dafür, ihnen mehr als 2 Milliarden Euro zu schenken. Das zeigen interne Dokumente des Finanzministeriums, die Finanzwende ausgewertet hat. Die Analyse macht deutlich, wie intensiv die Banken lobbyierten und wie sie teils auf sehr offene Ohren stießen. Die Dokumente zeigen aber auch, dass öffentlicher Druck wirkt. Unsere Proteste trieben den politischen Preis für Bankengeschenke zu hoch. Doch es ist noch nicht vorbei. Im Sommer bekam Finanzwende ungewöhnliche Post: ein 8 Kilogramm schweres Paket mit 267 teils stark geschwärzten Papieren aus der Zeit der Ampel-Regierung. Es ist die Antwort auf unsere Informationsanfrage zum sogenannten Restrukturierungsfonds-Übertragungsgesetz. Die Unterlagen geben einen seltenen Einblick in die Lobbytaktiken deutscher Großbanken. Die wollten rund 2,3 Milliarden Euro einsacken, die in einem alten Bankenrettungstopf liegen, eben jenem Restrukturierungsfonds. Dafür haben die Banken alle Hebel in Bewegung gesetzt. Zum Report Nebelkerzen, Auftragsstudien, Klagedrohungen Vor allem die Deutsche Bank, ihr Chef Christian Sewing und der Lobbyverband Deutsche Kreditwirtschaft wurden immer wieder bei zentralen Entscheider*innen vorstellig – vom Finanz- über das Wirtschaftsministerium bis hinein ins Kanzleramt und den Bundestag. In vertraulichen Gesprächen und Briefen warfen die Banken mit Nebelkerzen wie der ewig drohenden Kreditklemme. Diesem Argument zufolge fehle den Banken das Geld zur Kreditvergabe, dies gefährde die Wirtschaft. Zudem drohten die Banken der Bundesregierung unverblümt mit Klagen und zogen letztlich sogar vor Gericht. Und sie schürten durch Auftragsstudien mit teils absurden Argumenten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Pläne im Finanzministerium. Dieses wollte die 2,3 Milliarden Euro nämlich zur Tilgung der Schulden aus der Finanzkrise von 2007/08 nutzen. Schließlich wurden in dieser Zeit zahlreiche Banken mit Steuergeld gerettet. Was treibt die Finanzlobby? Jetzt Newsletter abonnieren und auf dem Laufenden bleiben: E-Mail* Unsere Datenschutzerklärung finden Sie hier. Anmelden Fachebene auf Distanz Im Finanzministerium stießen die Argumente der Bankenlobby durchaus auf Skepsis, gerade auf Fachebene. „Es gibt kein Anzeichen für eine Kreditklemme”, heißt es zum Beispiel in einem der behörden-internen Dokumente. Ein immer wieder von der Lobby ins Feld geführtes Gutachten fanden einzelne Beamt*innen richtiggehend abstrus. Kein Wunder: Darin wurde argumentiert, die Banken trügen ebenso wenig Verantwortung für die Finanzkrise wie durchschnittliche Bürger*innen. Als die Deutsche Bank vorschlug, die Milliarden aus dem Restrukturierungsfonds zur Finanzierung der Transformation zu nutzen, die Banken aber nicht bereit waren, eine entsprechende Selbstverpflichtung zu unterzeichnen, fanden das die Beamt*innen im Finanzministerium schlicht „politisch nicht akzeptabel”. Auffällige Nähe Nicht zuletzt die FDP-geführte Leitung des Hauses hatte aber scheinbar ein großes Herz für Banken. Das Finanzministerium wandte sich ihnen zunehmend zu, wartete auf Vorschläge und ging zu einem engen Austausch über. Die Folge: Die Banken bremsten den ursprünglichen Plan der Behörde – die Milliarden aus dem Fonds zur Tilgung der Schulden aus der Finanzkrise zu nutzen – massiv aus. Doch Bürgerdruck wirkt – zunächst Am Ende schien sich aber alles zum Guten zu wenden. Die Unterlagen aus dem Ministerium zeigen, dass öffentlicher Druck beim Thema Restrukturierungsfonds gewirkt hat. Proteste von Finanzwende und ihr Medienecho wurden im Finanzministerium aufmerksam registriert. Der politische Preis für ein Milliardengeschenk an die Banken war irgendwann zu hoch und im Sommer 2023 votierte der damalige Finanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen. Im Januar 2024 brachte er sogar einen Gesetzentwurf durchs Kabinett, der mit dem Geld aus dem Restrukturierungsfonds die Schulden aus der Bankenkrise abgebaut hätte. Im Oktober 2024 kam der Gesetzentwurf dann ins Parlament. Doch das Ampel-Aus verhinderte die endgültige Verabschiedung des Gesetzes … Etappensiege der Bankenlobby Als der Koalitionsvertrag von Union und SPD vom Mai 2025 vorsah, den Banken die Milliarden mithilfe eines Mittelstand-Fonds bereitzustellen, schien deren Lobbykampagne doch noch am Ziel. Auf den letzten Metern der Koalitionsverhandlungen hatte die Deutsche Kreditwirtschaft noch einmal interveniert, mit Erfolg – und entgegen dem Rat der Fachleute sowohl von CDU/CSU und SPD! Doch damit nicht genug. Parallel klagten einige Banken auf Zahlung der Gelder. Ein Gericht gab ihnen im September 2025 in erster Instanz recht, weil der Gesetzgeber immer noch keine Regelung für die Milliarden getroffen hatte. Für die Bürger*innen ist das ein herber Rückschlag. Denn so werden die Banken weiterhin nicht an den Kosten der staatlichen Bankenrettungen aus der Finanzkrise beteiligt. Es ist noch nicht vorbei! Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die von den Banken verklagt worden war, könnte das Urteil anfechten. Die Bundesregierung könnte dann wohl weiterhin festlegen, die Gelder zur Schuldentilgung zu nutzen… Aus unserer Sicht ist das noch immer die einzige richtige Verwendung der Gelder! Finanzwende hat es schon einmal geschafft, das Blatt zu wenden. Deswegen werden wir uns weiter dafür einsetzten, dass die Gelder an die Bürger*innen gehen statt an die Banken. Ein bisschen mehr Transparenz Ohne die Dokumentenanfrage von Finanzwende wären die Lobbytaktiken der Finanzlobby nicht publik geworden. Denn es gibt in Deutschland keine Offenlegungspflichten für Lobbytreffen und auch der sogenannte exekutive Fußabdruck, der zeigen soll, welche Gesetze konkret durch Lobbyist*innen beeinflusst wurden, ist bisher kaum wirksam. Lobbytransparenz bleibt allzu oft Handarbeit der Zivilgesellschaft. Unterstützen Sie uns gerne dabei. Menschen wie Sie verändern Finanzmärkte Mit einer Fördermitgliedschaft unterstützen Sie unsere Arbeit regelmäßig und geben uns Planungssicherheit. Je mehr Fördermitglieder sich uns anschließen, desto mehr Gehör finden wir. Seien Sie dabei! Jetzt unterstützen Mehr Details finden sich im Report „Dreist, dreister, Bankenlobby“. Zum Report Hier können Sie alle Unterlagen zur Informationsanfrage zum sogenannten Restrukturierungsfonds-Übertragungsgesetz herunterladen: Download IFG-Bescheid Download Liste Unterlagen Download Nr. 1 bis 29 Download Nr. 30 bis 49 Download Nr. 50 bis 110 Download Nr. 111 bis 149 Download Nr. 150 bis 199 Download Nr. 200 bis 267
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