Fragen und Antworten zu offenen Immobilienfonds Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Sicherheitsillusion bei offenen Immobilienfonds 16.01.2025 Wie funktionieren offene Immobilienfonds? Offene Immobilienfonds investieren das Geld der Anleger*innen hauptsächlich in Immobilien, zumeist Gewerbeimmobilien wie Bürogebäude oder Einkaufszentren. Investiert wird also in Sachwerte. Erträge wollen die Fonds durch Mieteinnahmen sowie steigende Immobilienwerte generieren. Immobilienfonds kaufen eine Vielzahl von Objekten an verschiedenen Standorten – mal national, mal regional und mal weltweit. So sollen Risiken gestreut werden. Die großen Fonds der Branche haben ein Fondsvolumen von mehr als 10 Milliarden Euro, in der Spitze sogar mehr als 18 Milliarden Euro. Die Heimathäfen dieser Dickschiffe sind Sparkassen, Volksbanken und die Commerzbank. Wie funktioniert der Kauf beziehungsweise Verkauf von offenen Immobilienfonds? Anleger*innen können – anders als bei geschlossenen Fonds – normalerweise jederzeit ein- und aussteigen. Wer Fondsanteile über Anbieter*innen kauft, unterliegt damit allerdings Fristen: In der Regel gelten Mindesthaltefristen von zwei Jahren sowie Kündigungsfristen von einem Jahr. Das bedeutet: Wer im November 2024 Fondsanteile kauft, kann sie frühestens ein Jahr später kündigen. Wirksam wird der Ausstieg erst im November 2026 – und zwar zum dann gültigen Marktpreis. Alternativ können Anleger*innen ihre Fondsanteile aber auch oftmals über die Börse handeln – und zwar sofort. Dann gilt allerdings der Börsenpreis, der unter dem Anbieterpreis liegen kann. Der Gesetzgeber hat die Fristen für Anleger*innen vor Jahren eingeführt, um einem grundsätzlichen Problem beizukommen: Eigentlich passt das Fondsgeschäft nämlich nicht recht zur langfristigen Immobilienanlage. Die Krux: Anleger*innen wollen ihr Geld üblicherweise zügig abziehen können, doch es kann nun einmal Monate dauern bis ein Bürohaus verkauft ist. Die Fristenlösung gibt Fonds mehr Zeit, um zu reagieren, wenn sie zu wenig Bares haben und viele Anleger gleichzeitig ihr Geld abziehen wollen. Das Grundproblem bleibt aber bestehen. Was sind die offiziellen Produktinformationen – und was finde ich dort zum Risiko eines Fonds? Basisinformationsblätter (BIB) sollen Verbraucher*innen als eine Art Beipackzettel kurz und übersichtlich über zentrale Merkmale von Anlageprodukten informieren, insbesondere zu Risiken, Renditen und Kosten. Die Informationen sollen Verbraucher*innen bei ihren Anlageentscheidungen unterstützen. Ein Kerninhalt der Informationsblätter ist der sogenannte Gesamtrisikoindikator. Er bemisst das Risiko potenzieller Verluste mit einer Skala von 1 („sehr niedrig“) bis 7 („sehr hoch“). Die Risikozahlen stammen von den Anbieter*innen und sollen Anleger*innen helfen, verschiedene Produkte zu vergleichen. Neben den stark hervorgehobenen Risiko-Kennziffern enthalten die BIBs allerdings weitere Hinweise im Kleingedruckten. Selbst bei offenen Immobilienfonds mit der niedrigsten Risiko-Kennziffer 1 steht dort beispielsweise, dass das „tatsächliche Risiko“ – je nach Haltedauer – erheblich von der Kennziffer abweichen könne. Anleger*innen sollen demnach Ausfälle „bis zum vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals“ aushalten können. Unterm Strich: Eine niedrige Risiko-Kennziffer mag auf den ersten Blick Sicherheit versprechen, eine Garantie ist sie aber nicht. Wie werden die Immobilien in den Fonds bewertet? Offene Immobilienfonds bewerten ihre Liegenschaften grundsätzlich vierteljährlich. Dazu beauftragen sie in der Regel zwei externe Gutachter*innen, die den Wert der einzelnen Immobilien gemäß gesetzlicher Vorgaben schätzen. Zur Bewertung nutzen Gutachter*innen üblicherweise das sogenannte Ertragswertverfahren. Es zielt darauf ab, den heutigen Wert einer Immobilie auf Basis der Erträge zu bestimmen, die die Immobilie zukünftig wahrscheinlich erwirtschaften wird. Die Gutachter*innen verrechnen also mehrere Größen wie künftige Mieteinnahmen und Betriebskosten – und berücksichtigen dabei auch Faktoren wie Lage oder Gebäudezustand. Die auf diese Weise ermittelten Preise gelten als marktgerecht. Ob sie dann bei einem tatsächlichen Verkauf auch zu erzielen sind, steht aber auf einem anderen Blatt. Wie kann es sein, dass offene Immobilienfonds plötzlich stark abwerten? Gutachter*innen können für dieselbe Immobilie zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Das liegt daran, dass sie bei der Bewertung Spielräume haben. Sie müssen einzelne Parameter festlegen, etwa die prognostizierte Restnutzungsdauer oder künftig erwartete Mieteinnahmen. Eine Analyse der Stiftung Warentest zeigt, dass ihre Entscheidungen dazu mitunter fragwürdig ausfallen – und zu Überbewertungen führen können. Solche möglichen Überbewertungen von Immobilien fallen kaum auf, solange die Objekte im Fonds-Portfolio verbleiben. Das kann sich allerdings ändern, wenn viele Anleger*innen auf einmal ihre Anteile zurückgeben und der Fonds zügig Geld braucht, um sie auszuzahlen. Ist nicht genug in der Kasse, besorgt er das Geld beispielsweise über Verkäufe von Immobilien. In solchen Momenten können Überbewertungen sichtbar werden. Denn entweder werden die Fonds ihre Immobilien zum veranschlagten Buchwert am Markt los – oder eben nicht. Bieten potenzielle Käufer*innen deutlich weniger, zwingt das die Fonds dazu, Immobilien abzuwerten. Denn laut Gesetz darf der Verkaufspreis einer Fondsimmobilie ihren Schätzpreis nicht zu sehr unterschreiten. Weil der Wert eines offenen Immobilienfonds sich im Wesentlichen aus den Werten seiner Immobilien ergibt, führt die Abwertung der Immobilienpreise zu einer Abwertung des Fonds insgesamt. Hat ein Fonds beispielsweise in Jahren hoher Immobilienpreise teuer eingekauft und muss in Zeiten gefallener Preise viele Immobilien verkaufen, kann das zu plötzlichen Kursstürzen des Fonds führen. Beim UniImmo: Wohnen ZBI kam es im Sommer 2024 wegen einer Sonderbewertung zu einem Kurssturz von fast 17 Prozent. Ein solcher Kurssturz zeigt, dass Immobilieninvestments mit echten Risiken einhergehen. Wie kommt die Risikoeinstufung von offenen Immobilienfonds zustande? Eine EU-Vorschrift gibt vor, nach welcher Mechanik die Risiken bestimmter Anlageprodukte eingestuft werden sollen. Zentrale Größen für die Berechnung sind die Bonität des Anbieters und die Schwankung des Fondskurses in der Vergangenheit. Sehr stabile Kursverläufe führen in dieser Mechanik quasi automatisch zu sehr niedrigen Risiko-Kennziffern. Die Berechnungsmethode stellt eigentlich darauf ab, dass sie auf Grundlage aktueller und schwankender Marktpreise durchgeführt wird. Die Anteilswerte offener Immobilienfonds sind aber keine aktuellen Marktpreise, sondern eher träge Schätzpreise. Denn die Anteilswerte ergeben sich im Wesentlichen aus den gutachterlichen Schätzpreisen der Fondsimmobilien. Und diese Schätzungen sind nicht immer marktgerecht. Die Folge: Die Mechanik spuckt mathematisch korrekt berechnete Risiko-Kennziffern aus, die nicht zur Realität passen. Denn es kann ja nicht sein, dass ein Produkt mit echten Risiken als quasi sicher ausgewiesen wird. Genau das ist aber mitunter der Fall bei offenen Immobilienfonds. Dies zeigt: Taugt die Zahlengrundlage der Risikoberechnung wenig, gilt das auch für ihr Ergebnis. Finanzwende fordert, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht strengere Vorgaben bei den Daten durchsetzen sollte, die in die Risikoberechnung der Fonds einfließen. Was ist damit gemeint? Die EU-Vorschriften sagen wenig darüber, auf welcher Datenbasis die Risikoberechnungen durchgeführt werden sollen. Das kommt den Anbieter*innen offener Immobilienfonds entgegen. Sie nutzen einfach selbst gestellte, mitunter stabil gehaltene Schätzpreise für die Berechnung – und erhalten so oft sehr niedrige Risiko-Kennziffern. Denn eine zentrale Stellschraube der Berechnung sind die Schwankungen der Produktpreise. Das Ergebnis der Risikoberechnung hängt also sehr von der genutzten Datenbasis ab. Gleichzeitig scheinen die Risikoeinstufungen vieler offener Immobilienfonds ihre tatsächlichen Risiken nicht angemessen zu spiegeln – eben auch, weil sie auf Basis selbst gestellter Schätzpreise rechnen. Aus unserer Sicht sollte die Finanzaufsicht BaFin das Problem der Datenbasis regeln. Anleger*innen müssen sich auf die Einstufungen der Risiko-Kennziffern in den Informationsblättern verlassen können. Das bedeutet: Produkte, die plötzlich erheblich an Wert verlieren können, sollten nicht als quasi sicher gelten. Dabei könnten strengere Vorschriften helfen, welche Daten in die Risikoberechnung fließen dürfen. Offene Immobilienfonds: Die Sicherheitsillusion Banken und Sparkassen verkaufen ihren Kund*innen offene Immobilienfonds häufig als sichere Anlage. Die Daten der Branche sprechen allerdings eine andere Sprache, zeigt ein Gutachten im Auftrag von Finanzwende. Mehr erfahren
Offene Immobilienfonds: Die Sicherheitsillusion Banken und Sparkassen verkaufen ihren Kund*innen offene Immobilienfonds häufig als sichere Anlage. Die Daten der Branche sprechen allerdings eine andere Sprache, zeigt ein Gutachten im Auftrag von Finanzwende. Mehr erfahren