Offene Immobilienfonds: Vermeintliche Sicherheit mit echtem Risiko

04.03.2025
Offene Immobilienfonds
  • Millionen von Anleger*innen sind in offene Immobilienfonds investiert, oftmals in der Hoffnung auf solide Renditen ohne viel Risiko.
  • Finanzwende hat herausgefunden: Die Produkte sind oftmals risikoreicher, als Banken und Sparkassen glauben machen. Wer kein Geld verlieren kann oder will, sollte lieber nicht in offene Immobilienfonds investieren.
  • Außerdem schmälern hohe durchschnittliche Kosten die Rendite beträchtlich. Dazu kommen weitere Punkte, auf die Sie bei offenen Immobilienfonds sonst noch achten sollten.

Offene Immobilienfonds sind hierzulande eine verbreitete Anlageklasse. Schätzungen zufolge geht die Anzahl der Anleger*innen in die Millionen. Im November 2024 lagerten in den Fonds mehr als 124 Milliarden Euro. Anleger*innen investieren über solche Fonds hauptsächlich in Immobilien, insbesondere Gewerbeobjekte wie etwa Büros und können normalerweise jederzeit ein- und aussteigen. Hier finden Sie mehr zu den Produkten und wie sie funktionieren.

Sparkassen, Volksbanken, die Commerzbank und die Deutsche Bank vertreiben die Produkte besonders erfolgreich an ihre Kundschaft. Diese vier Anbieter*innen stellen die zehn größten Fonds der Branche – und vereinen damit 80 Prozent des Marktvolumens auf sich.

Chancen und Risiken offener Immobilienfonds

Mögliche Gewinne aus offenen Immobilienfonds sollen sich aus Mieteinnahmen und eventuellen Wertsteigerungen der Liegenschaften im Portfolio ergeben. Die Produkte sollen laut Anbieter*innen häufig höhere Erträge erzielen als etwa Festgeldanlagen. Außerdem seien Immobilien wertbeständig und die Risiken eines Investments gering.

Doch es gibt durchaus Gefahren. Mieten können ausfallen, Immobilien an Wert verlieren. Außerdem geraten Fonds mitunter in Schwierigkeiten, wenn sie nicht flüssig genug sind, um ausstiegswillige Kund*innen auszuzahlen. In der Vergangenheit kippten manche Fonds deswegen um, Anleger*innen verloren Geld.

Nichtsdestotrotz verkaufen die Anbieter*innen offene Immobilienfonds gerne an risikoscheue Kund*innen, die beispielsweise fürs Alter vorsorgen wollen. Die Produkte seien risikoarm und als Sicherheitsbaustein gut geeignet. Doch die Realität sieht anders aus


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Hohle Sicherheitsversprechen bei hohen Kosten

Offene Immobilienfonds sind oftmals risikoreicher, als die Anbieter*innen glauben machen wollen. Das zeigt ein Gutachten in Auftrag von Finanzwende. Denn Immobilieninvestments bergen Risiken, die auch für die Fonds gelten.

Eine Analyse der zehn größten offenen Fonds offenbart: Ihre Wertentwicklung ist von den Entwicklungen an den Immobilienmärkten teils komplett entkoppelt. Damit liegt der Verdacht nahe, dass die Fondswerte schöngerechnet wurden. Die Folge sind stabil wirkende Kursverläufe der Fonds, was quasi automatisch zu niedrigen Risikoeinstufungen der Produkte führt.

Niedrige oder sehr niedrige Risikokennziffern in den Verkaufsunterlagen sind für die Vertriebsleute ein starkes Verkaufsargument. Doch auf die Kennziffern ist kein Verlass, wie das folgende Beispiel zeigt.

Beispiel UniImmo: Wohnen ZBI. Volksbanken empfahlen diesen Fonds konservativen Anleger*innen, die „größten Wert auf den Erhalt des investierten Kapitals“ legten. Laut damaligen Verkaufsinformationen war das Risiko „niedrig“.  Doch im Sommer 2024 wertete der Fonds schlagartig ab, Anlegergelder im Wert von 800 Millionen Euro verpufften. Für risikoscheue Anleger*innen war der Verlust mindestens überraschend, wenn nicht fatal.  

Das war aber nicht der einzige Schaden, den Anleger*innen erlitten. Zum Teil kauften sie Fondsanteile auch viel zu teuer ein. Im untersuchten Zeitraum kauften sie über Anbieter*innen Anteile im Wert von 11,4 Milliarden Euro – obwohl die Produkte an den Börsen durchgängig günstiger waren. Die Kundschaft, insbesondere von Volksbanken und Sparkassen, hätte sich mehr als eine Milliarde Euro sparen können

Zusätzlich sind die Kosten vieler offener Immobilienfonds derart hoch, dass für Kund*innen kaum etwas übrigbleibt. Im Schnitt der untersuchten Fonds flossen stolze 77 Prozent der erwarteten Rendite gleich in die Kosten, ergab das Finanzwende-Gutachten. Wegen hoher Fixkosten führen selbst kleine Renditeeinbußen sogar schnell dazu, dass die Anleger*innen gar nichts mehr erhalten.


Unterm Strich: Tipps und Tricks

Verbraucherproblem: Banken und Sparkassen verkaufen sicherheitsbedachten Kund*innen gerne offene Immobilienfonds. Die Produkte sind allerdings oft riskanter, als die Anbieter*innen glauben machen wollen. Kund*innen sollten Risiken genau ausloten.

  • Nicht einlullen lassen: Offene Immobilienfonds sind oftmals risikoreicher als gedacht, auch wenn die Anbieter*innen das Risiko in den Verkaufsinformationen mit niedrig oder sogar sehr niedrig angeben. Außerdem gelten bei den Produkten einjährige Rückgabefristen, die für Kund*innen ebenfalls ein Risiko darstellen. Denn zum Zeitpunkt der Kündigung ist unklar, welchen Gegenwert Sie in einem Jahr bei Rückgabe der Anteile erhalten.
  • Kosten prüfen: Zentrale Produktinformationen sind im sogenannten Basisinformationsblatt gebündelt. Schauen Sie dort gezielt nach dem Abschnitt „Welche Kosten entstehen?“ und lesen Sie die Informationen zum Sternchen (*). Hier steht die erwartete Rendite vor und nach Kosten. Möglicherweise sind Festgelder eine sinnvolle Alternative, falls Sie Risiken vermeiden und Kosten minimieren wollen.
  • Börsenpreise beobachten: Die Fondskurse der Anbieter*innen sind eher mit Vorsicht zu genießen. Sie bilden keine Marktpreise sondern Schätzpreise ab, die vom Markt entkoppelt sein können. Die Börsenpreise spiegeln hingegen ungeschminkt die Markterwartungen. Informieren Sie sich beispielsweise auf finanzen.net oder onvista.de.
  • Rat holen: Wer eine risikoarme Anlage sucht, ist mit offenen Immobilienfonds möglicherweise schlecht beraten. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg klagt etwa gegen die Fondsgesellschaft ZBI, dessen Fonds UniImmo: Wohnen ZBI stark abwertete. Das Landgericht Nürnberg-Fürth stellte sich in erster Instanz auf Seite der Verbraucher*innen (Az.: 4 HK 0 5879/24). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die ZBI hat Berufung einlegt. Die Verbraucherzentrale rät Anleger*innen zu prüfen, ob ihnen der Fonds als sehr sichere Anlage verkauft wurde. Möglicherweise liegt dann eine Falschberatung vor. Holen Sie sich im Zweifel Rat bei Ihrer nächstgelegenen Verbraucherzentrale.